Jewgeni Prigoschin führt die Wagner-Söldner-Armee an, die im Ukraine-Krieg für Russland kämpft. (Archivbild) Foto: IMAGO/ITAR-TASS/IMAGO/Konkord Company Press Service

Geht die EU zu Unrecht gegen Familienmitglieder des Chefs der russischen Privatarmee Wagner vor? Zu dieser Frage haben nun Richter ein Urteil gesprochen. In Russland dürfte gefeiert werden.

Das Gericht der Europäischen Union hat die Sanktionen gegen Violetta Prigoschina, Mutter des Chefs der russischen Söldnertruppe Wagner, aufgehoben. Ihr Sohn Jewgeni Prigoschin sei zwar verantwortlich für Handlungen, welche die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, erklärte das Gericht am Mittwoch in Luxemburg. Dass die beiden verwandt seien, reiche aber für restriktive Maßnahmen gegen Prigoschina nicht aus. (Az. T-212/22)

Prigoschina war Ende Februar vergangenen Jahres auf die Sanktionsliste gesetzt worden, dagegen zog sie wenig später vor das EU-Gericht. Auch gegen ihren Sohn wurden Sanktionen verhängt. Der Geschäftsmann steht außerdem wegen der mutmaßlichen Beteiligung der Söldnertruppe Wagner im Libyen-Konflikt auf schwarzen Listen der EU.

Prigoschina bestreitet Vorwürfe der EU

Ihr Anwalt argumentierte darin unter anderem, die EU habe die Pflicht zur Begründung des Sanktionsbeschlusses missachtet und Tatsachenfehler begangen. So bestritt Prigoschina laut der Klage, Eigentümerin von zwei Unternehmen zu sein, die von ihrem Sohn gegründet wurden. Zudem argumentierte sie, dass aus den Verbindungen zu ihrem Sohn nicht geschlossen werden könne, dass sie die territoriale Unversehrtheit der Ukraine in irgendeiner Form beeinträchtigt habe. Das eigentliche Sanktionsziel bestehe darin, indirekt ihren Sohn Jewgeni zu treffen.

Dieser wird von der EU als „prominenter russischer Geschäftsmann mit engen Verbindungen zu Präsident (Wladimir) Putin und dem russischen Verteidigungsministerium“ bezeichnet und für die Entsendung von Söldnern der Wagner-Gruppe in die Ukraine verantwortlich gemacht. Zudem wird ihm vorgeworfen, von russischen Entscheidungsträgern profitiert zu haben, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ostukraine verantwortlich sind.

Wagner-Söldner sind berüchtigt

So hat Prigoschin laut EU unter anderem das Unternehmen Konkord gegründet, das nach der Annexion der Krim und der Besetzung der Ostukraine durch von Russland unterstützte Separatisten umfangreiche öffentliche Aufträge vom russischen Verteidigungsministerium erhalten haben soll.

In der Ukraine ist Prigoschins Privatarmee berüchtigt, weil für sie auch verurteilte Mörder und andere Strafgefangene rekrutiert wurden und sie ohne Rücksicht auf Verluste vorzugehen scheint. In der Ukraine kämpfen die Wagner-Söldner derzeit neben den regulären russischen Soldaten um die Kontrolle der östlichen Stadt Bachmut.

Der Rat der Mitgliedstaaten kann das Urteil im Fall von Prigoschins Mutter noch vor dem Europäischen Gerichtshof anfechten. Denkbar ist auch, dass die Mitgliedstaaten zügig einen neuen, besser begründeten Sanktionsbeschluss fassen. Am Mittwoch erklärte Jewgeni Prigoschin, dass die Söldnertruppe den „östlichen Teil“ der seit Monaten heftig umkämpften ukrainischen Stadt Bachmut eingenommen habe. Die Söldner spielen eine zentrale Rolle in dem schon seit Monaten dauernden Kampf um die Stadt.