Auf dem Schurwald stehen drei Windkraftanlagen im Gebiet Goldboden. Foto: /imago/Werner Dieterich

Der Besuch von Franziska Brantner schlägt auf dem Schurwald bei den Windkraft-Gegnern Wellen. Sie werfen ihr mangelnde Bürgernähe vor.

Der Streit über die Windkraftnutzung auf dem Schurwald schwelt seit Jahren. Während die Landesregierung alles tut, um die Zahl der Anlagen auch auf dem Schurwald zu steigern, kritisieren die Gegner, dass Windräder trotz geringer Windausbeute mittels ausgehöhltem Artenschutz in dem Stuttgarter Naherholungsgebiet genehmigt werden. Zuletzt geriet der Ebersbacher Standort Sümpflesberg/Königseiche an der Grenze zum Kreis Göppingen in den Fokus. Ausgerechnet vor den Toren der Landeshauptstadt bricht mit jedem neuen Windkraft-Bauvorhaben aus den Reihen der Bürgerinitiative Pro Schurwald ein Sturm der Entrüstung los. Unlängst hat der Besuch der Parlamentarischen Staatssekretärin Franziska Brantner (Bündnis 90/Grüne) hohe Wellen geschlagen.

Zweifel am Verfahren

„Statt der Windkraftindustrie das Leben einfacher zu machen, damit deren Geschäfte noch lukrativer werden, sollte die Politik sicherstellen, dass die Belange der Anwohner (ihrer Wähler) und der Natur und Landschaft angemessen berücksichtigt werden. Vor allem sind faire und rechtsstaatliche Genehmigungsverfahren erforderlich, bei denen auch die fachlichen Standards eingehalten werden. Hieran gibt es Zweifel“, schäumt die Bürgerinitiative mit Blick auf die Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz und ein „signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Rotmilan und den Wespenbussard“. Und ergänzt, sie finde es befremdlich, dass Brantner nur mit Behörden und der Windkraftindustrie gesprochen habe, nicht aber mit Umweltverbänden, Kommunen und Bürgerinitiativen. Dabei sagten „die Politiker“ doch immer, dass die Bürger mitgenommen werden sollen, und Bundeskanzler Scholz verspreche Respekt, heißt es in dem offenen Brief der Initiative. Anlass für Brantners Besuch in Stuttgart war ein Workshop zum „Praxis-Check Bürokratieabbau“. Dabei „ging es um den Ausbau der Energieerzeugung mit Windkraftanlagen, speziell um unbürokratische Planungs- und Genehmigungsverfahren“, lautete die Erläuterung aus dem Berliner Wirtschaftsministerium.

Wie Bürokratie abbauen?

Man habe mit Vertretern von Unternehmen und zuständigen Behörden klären wollen, „wie mit effizienteren behördlichen Prozessen die gesetzlichen Umweltstandards eingehalten werden können“ – sprich wie man künftig schneller zu Genehmigungen kommt. Denn der lange Vorlauf wird immer wieder als Hemmnis bei der Energiewende genannt.

Laut dem Bundesverband Windenergie, einem mit 20 000 Mitgliedern der weltweit größten Verbände für erneuerbare Energien, dauere der Prozess der Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen vier bis fünf Jahre. Am aktuellen Beispiel auf dem Schurwald ergibt sich allerdings ein anderes Bild. Bereits 2015 hat die Firma Uhl Windkraft aus Ellwangen (Ostalbkreis) die Fläche im Kreis Göppingen gepachtet, die sich zwischen dem Lichtenwalder Teilort Thomashardt, Ebersbach-Büchenbronn und Uhingen-Baiereck befindet. Doch mit dem Bau ist noch nicht begonnen worden. Nach einem siebenjährigen Verfahren erteilte das Landratsamt Göppingen, begleitet von der ablehnenden Haltung bei Umweltverbänden, in Anrainerkommunen und bei Bürgern, im September 2022 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Projekt. Ans Netz gehen soll der Windpark voraussichtlich aber erst im dritten Quartal 2024.

Anlagen an bestimmten Standorten konzentrieren

Vor wenigen Tagen hat übrigens die Regionalversammlung den Regionalplan „Windkraft“ aktualisiert. In dem Planentwurf wird für einen „Vorsorgeabstand zwischen Vorranggebieten und Wohnbebauung von 800 Metern“ plädiert. Damit hat der Verband Region Stuttgart einen größeren Abstand zu Windkraftanlagen als die rechtlich notwendigen 700 Meter zugrunde gelegt. Eine Ausweitung des Abstands über 800 Meter würde hingegen das Erreichen des Flächenziels gefährden. Außerdem wird angestrebt, Anlagen an Standorten mit bereits bestehender Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zu konzentrieren. Dort können bestehende Anlagen künftig durch neue, leistungsstärkere ersetzt werden.