Die Stadt will Kinder aus griechischen Lagern aufnehmen. Außerdem wird sie der Initiative Seebrücke beitreten, die Flüchtlingen aus dem Mittelmeer einen „sicheren Hafen“ bieten will. Unumstritten war gerade Letzteres nicht.
Stuttgart - Die Landeshauptstadt setzt Zeichen bei der Flüchtlingshilfe. Die Stadt gesellt sich zu den mittlerweile rund 140 deutschen Kommunen in der Initiative Seebrücke, die Flüchtlinge nicht im Mittelmeer ertrinken lassen wollen, sondern „sichere Häfen“ für die aus Seenot Geretteten sein wollen. Außerdem bietet Stuttgart der Bundesregierung an, Kinder aus den überfüllten Flüchtlingslagern auf der griechischen Insel Lesbos aufzunehmen. Ersteres haben am Donnerstagabend OB Fritz Kuhn (Grüne) und zehn der 15 Stadträte beschlossen, die am Donnerstag nur tagten, weil die Corona-Pandemie einen Infektionsschutz erforderlich machte und damit eine kleine Besetzung. Für die Aufnahme von Kindern von Lesbos gab es eine einmütige Zustimmung – während die Bundesregierung schon daran arbeitete, 50 Minderjährige ohne Begleitung nach Deutschland zu holen.
Der Vorstoß für die Beschlüsse war von den Grünen, dem Linksbündnis um die SÖS und die Partei Die Linke, der SPD, der FDP und der Fraktionsgemeinschaft Puls ausgegangen. Das Motto: Auch wenn man hier bei uns gerade auch von der Corona-Pandemie getroffen sei, müsse man die Notlagen der Flüchtlinge im Blick behalten und helfen. Oder sogar gerade jetzt, denn wenn das Virus in den Lagern ohne nennenswerte medizinische Ausstattung und Hygiene grassiere, könnten die Folgen katastrophal sein. Ein emotionaler Appell des Linksbündnisses, bis zu 200 Kinder in Stuttgart aufzunehmen, verfing aber nicht.
Ein CDU-Stadtrat löst Empörung aus
Maximilian Mörseburg (CDU) hatte den Beitritt zur „Seebrücke“ zu verhindern versucht. Die Zustände an den EU-Außengrenzen seien zwar schwer erträglich, sagte er, wer aber den Fluchtweg über das Meer zu legalisieren fordere, der fördere das Geschäft von Schleppern. Dieser Vorwurf löste stellenweise Fassungslosigkeit aus, etwa bei Matthias Oechsner (FDP): Denen die Unterstützung von kriminellen Banden vorzuwerfen, die gegen eine humanitäre Katastrophe vorgehen wollten, sei „ein starkes Stück“, sagte er. Das dürfe man nicht politisch ausschlachten. Kuhn hielt den Beitritt zu der Initiative für richtig. Stuttgart könne nicht alle Probleme der Welt lösen, aber „man kann nicht Leute ersaufen lassen, damit andere abgeschreckt sind und nicht kommen“, sagte er zu Mörseburg. Dass man in Berlin erst größere Zahlen diskutierte und die Regierung im Moment erst einmal nur 50 Kinder aus griechischen Lagern aufnehmen will, findet Kuhn „beschämend“.