Italiens Premierministerin Giorgia Meloni gibt bei der Migrationspolitik der EU inzwischen den Ton an. Foto: AFP/FILIPPO MONTEFORTE

Immer mehr Menschen machen sich auf den Weg in Richtung Europa. Die EU will auf diese Entwicklung nun konsequent reagieren, tritt dabei aber die eigenen Standards mit Füßen.

Europa redet gerne von Werten und Moral. Angesichts der Migrationspolitik der EU müssten den Politikern ihre Worte allerdings im Halse stecken bleiben. Erschreckend tatenlos wird hingenommen, dass jedes Jahr tausende Menschen auf ihrer Flucht aus Krisenregionen im Mittelmeer ertrinken oder in den Wüsten Nordafrikas jämmerlich verdursten.

Nun ist wieder Bewegung in die Migrationspolitik der EU gekommen. Die aktuellen Flüchtlingszahlen sind alarmierend und die Politiker können nicht länger die Augen davor verschließen, dass sich immer mehr Menschen auf den Weg in Richtung Europa machen. Denn inzwischen sorgen nicht nur bewaffnete Konflikte oder wirtschaftliche Hoffnungslosigkeit für ständig neue Flüchtlingswellen, auch der Klimawandel wird dazu führen, dass in Zukunft viele Menschen ihre Heimat verlassen müssen.

Hilfe nicht nur aus Humanität

In Brüssel wird natürlich betont, dass Europa diesen Verzweifelten aus humanitären Gründen beistehen muss. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Getrieben werden die Verantwortlichen vor allem von der Angst, dass die extremen rechten Parteien aus der nächsten Europawahl 2024 als die großen Sieger hervorgehen könnten.

Als warnendes Beispiel dient Italien. Die Postfaschistin Giorgia Meloni hat mit aggressiven Parolen gegen die ankommenden Flüchtlinge die Wahl gewonnen. Doch die Befürchtungen, dass die neue Premierministerin eine Totalblockade ausrufen könnte, erwiesen sich als unbegründet. Schnell hat Meloni erkannt, dass sie das Flüchtlingsproblem nicht im Alleingang lösen kann.

Eine Postfaschistin gibt den Ton an

Inzwischen gibt sie sich politisch moderater und sucht gemeinsam mit den EU-Partnern nach Lösungen. Doch dabei gibt die Postfaschistin den in der gesamten EU rauer gewordenen Ton an. Selbst in Deutschland wird nun offen darüber diskutiert, das Asylrecht zu beschneiden oder die Abschieberegeln für abgelehnte Asylbewerber drastisch zu verschärfen.

Giorgia Meloni war es auch, die den zweifelhaften Deal mit Tunesien vorangetrieben hat, dem die EU überraschend geräuschlos zugestimmt hat. Das Regime, das im Ruch steht, ankommende Flüchtlinge gnadenlos in die Wüste zurück zu treiben, soll also die Probleme von Europa fernhalten. Ähnlich dubiose Abkommen gab es bereits mit Staaten wie der Türkei, Libyen oder Ägypten, allerdings mit wenig Erfolg.

Die Verfehlungen der Vergangenheit können zurecht beklagt werden – ein Lösungsansatz ist das nicht. Die ernüchternde Erfahrung der vergangenen Jahre ist, dass es den schnellen, großen, gerechten Wurf nicht geben wird. Will Europa das Problem an der Wurzel anpacken, müssen nicht nur die Transitländer, sondern auch die Herkunftsstaaten der Geflüchteten Ausgangpunkt der Überlegungen sein.

Europa kann von Flüchtlingen profitieren

Ziel muss eine interessengeleitete Migrations- und Entwicklungspolitik der EU sein. Mit Anreizen und auch einem gewissen Druck müssen die Staaten dazu bewegt werden, die Menschen wieder zurückzunehmen, die in Europa keinen Anspruch auf Asyl haben. Gleichzeitig müssen den Menschen aus armen Ländern klare Wege aufgezeigt werden, wie sie nach Europa kommen können, um dort zu arbeiten. Davon würde auch die europäische Gesellschaft profitieren, die nach Arbeitskräften sucht.

Zudem kann über eine gezieltere Förderung von Entwicklungsprojekten dafür gesorgt werden, dass sich die Menschen erst gar nicht auf den Weg nach Europa machen müssen. All diese Vorschläge werden seit Jahren diskutiert, sind aber nie konsequent umgesetzt worden – auch weil pragmatische Lösungen durch lautstarke Extremforderungen aus den konkurrierenden Lagern immer wieder blockiert wurden.