Schutz durch Soldaten. Foto: imago /Leon Kuegele

Im Spannungs- und Verteidigungsfall gäbe es nicht genug Soldaten, um kritische Infrastruktur zu schützen, warnt ein Bundeswehr-General. Das zeigt, dass in der Truppe noch viel passieren muss, meint Hauptstadtkorrespondent Tobias Heimbach.

– In den Ohren vieler Menschen klingen viele dieser Worte noch immer gewöhnungsbedürftig: „Heimatschutz“, „Zivilschutz“ oder „Kriegstüchtigkeit“. Lange hatte man in Deutschland vernachlässigt, ernsthaft über Fragen der nationalen Sicherheit zu sprechen. Warum auch? Man sah sich „von Freunden umzingelt“, die Bundeswehr wurde umgestaltet zu einer Truppe für internationale Kriseneinsätze. Spätestens mit Russlands Überfall auf die Ukraine und der von Kanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufenen „Zeitenwende“ hat sich das verändert.

Nun konzentriert sich die Bundeswehr wieder auf den Auftrag, den sie bei ihrer Gründung hatte: die Verteidigung des Landes und der Bündnispartner im Falle eines Angriffs aus dem Osten. Doch es zeigt sich, dass sie bislang nicht darauf vorbereitet, längst nicht vollständig „kriegstüchtig“ ist.

So gibt es warnende Stimmen aus der Bundeswehr selbst. Die bisher bestehenden sechs Heimatschutzregimenter „reichen nicht aus, um die verteidigungswichtigen Infrastrukturen zu schützen“, so die richtige Analyse von Generalleutnant André Bodemann, Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr. Im Spannungs- und Verteidigungsfall müssten diese Soldaten Stützpunkte, Flughäfen, Autobahnen und Kraftwerke schützen. Doch dafür gibt es laut Angaben des Generals nicht genug Personal. Auch hier zeigt sich, dass es sinnvoll wäre, eine Wehr- oder Dienstpflicht wieder einzuführen. Zwar würde das längst nicht alle Personalsorgen der Bundeswehr lösen, doch man könnte auf ein größeres Reservoir an Reservisten zurückgreifen, die für solche Aufgaben zur Verfügung stünden.

Es ist im Übrigen begrüßenswert, dass es ein General war, der selbst darauf hingewiesen hat, wo es Lücken bei der Sicherheit gibt. Deutschland hat eine Parlamentsarmee und dabei bleibt es. Doch auch die Bundeswehr muss sich stärker an Debatten beteiligen.

So richtig es ist, dass sich die Bundeswehr stärker in Debatten einschaltet, wäre es umgekehrt auch wünschenswert, dass die Gesellschaft wieder mehr Interesse an der Bundeswehr zeigt. Durch die Wehrpflicht war das in der Vergangenheit sichergestellt, weil viele junge Männer ihren Dienst leisten mussten. Heute kommt die Bundeswehr in der Lebensrealität vieler Menschen kaum vor. Das sorgt für Entfremdung. Es wäre gut, das zu ändern. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatte dafür geworben, dass Offiziere in Schulen mehr über die Arbeit der Bundeswehr sprechen. Das machen Jugendoffiziere schon seit Jahren schon gemacht, allerdings wäre es sinnvoll, wenn die Kultusministerien der Länder hier für mehr Verbindlichkeit sorgen könnten. Denn nicht allein die Bundeswehr muss „kriegstüchtig“ gemacht werden, die Gesellschaft muss sich ebenfalls anpassen. Auch das gehört zur „Zeitenwende“.