Alice Weidel und Tino Chrupalla, die beiden Bundesvorsitzenden der Alternative für Deutschland (AfD). Foto: IMAGO/Rainer Unkel

Die Unzufriedenheit mit der aktuellen Regierung ist groß, davon profitiert vor allem die AfD. Wie steht die als in Teilen rechtsextrem eingestufte Partei aktuell da? Und wie hat sie bisher bei Wahlen abgeschnitten?

Wohin steuert Deutschland politisch und gesellschaftlich? Diese Frage stellt sich in Anbetracht der Proteste von Landwirten, die seit Mitte Dezember anhalten, genereller Unzufriedenheit in der Bevölkerung und den Enthüllungen von „Correctiv“ zu dem Treffen in Potsdam im November, bei dem auch Mitglieder von AfD und CDU über rassistische Abschiebepraktiken gesprochen haben, zwangsläufig.

Mittlerweile gehen nicht mehr nur Menschen wegen der aktuellen Politik der Ampel-Regierung auf die Straße, auch Demonstrationen gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit – und nicht zuletzt die AfD – häufen sich.

Dennoch: Der Populismus ist auch hierzulande auf dem Vormarsch – 2024 könnte das Jahr werden, in dem die AfD das erste Mal eine Wahl gewinnt. Wie aber steht die Partei, die in Teilen als gesichert rechtsextrem eingestuft und vom Verfassungsschutz beobachtet wird, in Umfragen da? Und wie hat sie bei Wahlen zuletzt abgeschnitten? Ein Überblick.

Wie sehen aktuelle Umfragen aus? Und was haben die Proteste gegen die AfD geändert?

So viel lässt sich sagen: das Bild in Umfragen haben die Zustimmungswerte für die AfD ein Stück weit eingebremst. Zuvor hatte sich die Partei auf einem Höhenflug befunden. Kurz vor Weihnachten hatte die SPD im "Sonntagstrend"  nur noch 15 Prozent erreicht, halb so viel wie die Union mit 30 Prozent. Grüne mit zwölf Prozent und FDP mit fünf Prozent verharrten bei ihren Werten, ebenso wie Linke mit vier Prozent und Freie Wähler mit drei Prozent. Die AfD, die schon bei 23 Prozent lag, verzeichnete noch 22 Prozent.

Nach Bekanntwerden der Treffen von AfD-nahen Personen und -Mitgliedern mit Rechtsextremisten (10. Januar) gab es bundesweite Proteste. Diese richten sich vor allem gegen Rechtsextremismus allgemein, aber auch gegen die AfD im speziellen. Was die aktuelle Mobilisierung für die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Herbst bedeuten könnte, ist laut Experten schwer zu sagen. Ein leichtes Abrutschen der AfD in der Wählergunst zeichnet sich bereits ab. Dort kam die AfD noch auf  20,0 beziehungsweise 21,5 Prozent. Eine weitere Forsa-Umfrage rund drei Wochen später (30. Januar) zufolge verlor die Partei weiterhin leicht an Zuspruch und fiel unter die 20-Prozent-Marke. Das entspricht in etwa auch den aktuellen Werten, die die AfD zwischen 18 Prozent (Forsa) und 20,5 (Insa) sieht. Die Forschungsgruppe Wahlen und Infratest Dimap gehen von 19 Prozent aus.

Auch wenn die AfD zuletzt leicht in Umfragen eingebüßt hat, entsprichen die Werte über mehrere Monate hinweg den üblichen Schwankungen. In einigen ostdeutschen Bundesländern lag die AfD mit mehr als 30 Prozent der Stimmen bei letzten Umfragen auf Platz 1. Und: Die Landtagswahlen sind erst im September, eine politische und mediale Ewigkeit entfernt.

Wie steht die Bundesregierung in Umfragen da?

Nach dem Jahreswechsel hatte die Unzufriedenheit mit der Ampel-Regierung zunächst weiter zugenommen. 76 Prozent und damit rund drei Viertel der Bürger gaben an,  unzufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung zu sein. Nur noch 17 Prozent waren demnach mit der Ampel zufrieden – der schlechteste Wert, den Insa seit Amtsantritt der Bundesregierung im Dezember 2021 erhoben hatte.

72 Prozent der Befragten sind mit der Arbeit von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht einverstanden, das sind drei Prozentpunkte mehr als Anfang Dezember. Nur noch jeder Fünfte (20 Prozent) findet, Scholz mache einen guten Job; auch dieser Wert verschlechterte sich um drei Punkte.

Gibt es auch abweichende Umfrageergebnisse zur AfD?

Im Grunde nicht. Die jüngsten Umfragen verschiedener Institute sehen die AfD allesamt in ähnlichen Sphären. Das zeigt zum einen, dass sie einigermaßen belastbar sind. Ein nicht zu vernachlässigender Faktor ist dabei aber auch die "soziale Erwünschtheit", die bei Befragten eine Rolle spielen können. Forscher gehen davon aus, dass Menschen, die eine vermeintliche Minderheitenmeinung vertreten sich tendenziell nicht wahrheitsgemäß äußern, weil die Antworten sozial nicht erwünscht sind beziehungsweise nicht gern gesehen sind. Experten sprechen auch von "Response-Bias".

Wie sieht es im Ländervergleich aus?

Interessant ist vor allem der Blick in drei ostdeutsche Bundesländer, in denen in diesem Herbst Landtagswahlen anstehen: Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Dort kommt die AfD in einer Forsa-Umfrage auf noch höhere Werte als im Bund. Dem aktuellen RTL/ntv-Trendbarometer zufolge könnte sie in Thüringen mit 36, in Sachsen mit 34 und in Brandenburg mit 32 Prozent der abgegebenen Stimmen rechnen.

In Thüringen kommt die CDU der Umfrage nach aktuell auf 20, die Linke auf 17, die SPD auf 9 und die Grünen auf 5 Prozent der Stimmen. Demnach ist die jetzige Rot-Rot-Grüne Koalition in Erfurt von einer Mehrheit weit entfernt. Eine Koalition ohne Beteiligung der AfD ist nur möglich, wenn sich CDU und Linke an einem Bündnis beteiligen würden. Eine Zusammenarbeit mit der Linken hat sich die CDU aber per Parteitagsbeschluss ebenso verboten wie mit der AfD.

In Sachsen und Brandenburg könnten die jetzigen Dreier-Koalitionen dagegen fortgesetzt werden. In Sachsen käme die CDU auf 30, die SPD auf 7 und die Grünen auf 8 Prozent. In Brandenburg könnte die SPD mit 22, die CDU mit 16 und die Grünen mit 7 Prozent rechnen. In Sachsen und Thüringen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt, in Brandenburg am 22. September.

Andere Befragungen, etwa der Sächsischen Zeitung, kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Anfang Januar kam die AfD dort sogar auf 37 Prozent.

Wie sehen die Umfragen zur Europawahl aus?

Gewählt wird auch im Juni, nämlich ein neues Europaparlament. Bei den Europawahlen könnte die AfD jüngsten Umfragen zufolge (13. Februar) ihr Wahlergebnis von 2019 verdoppeln, wenn am Sonntag Europawahl wäre. Die Partei kommt in einer am Dienstag veröffentlichten Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag von „t-online“ zur Europawahl in Deutschland auf 22 Prozent. Bei der Wahl 2019 hatte die Partei noch bei 11 Prozent und damit auf dem vierten Platz gelegen. Vor der AfD liegt rund vier Monate vor der Europawahl nur die CDU/CSU mit 27 Prozent. Die Union würde damit im Vergleich zur vorherigen Wahl 1,9 Prozentpunkte verlieren. Größter Verlierer wären der Umfrage zufolge die Grünen, die auf 10,5 Prozent abrutschen. 2019 kamen sie noch auf 20,5 Prozent – ihr Ergebnis würde sich damit fast halbieren.
 
Bei der SPD liegt aktuell etwa auf dem gleichen Niveau wie bei der vorherigen Europawahl. Sie kommt in der Umfrage auf 16 Prozent, 2019 hatte sie 15,8 Prozent geholt. Die FDP verliert 2,4 Prozentpunkte und fällt auf 3 Prozent. Die Linke kommt laut der Umfrage auf 4,5 Prozent (-1). Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das zum ersten Mal antreten will, kommt in der Umfrage auf 5,5 Prozent. Die sonstigen Parteien liegen zusammen bei 11,5 Prozent.

Wie hat die AfD bei den vergangenen Wahlen abgeschnitten?

Im vergangenen Jahr fanden drei Landtagswahlen statt. In Bremen war die AfD wegen formeller Fehler nicht zur Wahl zugelassen, in Bayern holte sie 14,6 Prozent der Stimmen, in Hessen 18,4.

Die drei Bundesländer, in denen dieses Jahr gewählt wird, sind schon jetzt AfD-Hochburgen. Mehr Stimmen als in Sachsen (27,5 Prozent), Brandenburg (23,5) und Thüringen (23,4) konnte die AfD sonst nirgends einfahren. Auch in Sachsen-Anhalt liegt sie über der 20-Prozent-Marke (20,8). In Baden-Württemberg ist die rechte Partei ebenfalls im Landtag vertreten. Bei den vergangenen Wahlen (2021) erreichte sie 9,7 Prozent.

Und wie sieht es im Bund aus?

2013 war die AfD erstmals auf dem Wahlzettel zum Bundestag aufgetaucht – damals noch als eurokritische Partei. Von diesem Kurs ist sie längst abgekommen. Bei ihrem ersten Anlauf scheiterte die neu gegründete Partei an der 5-Prozent-Hürde, 4,7 Prozent Stimmanteile standen am Ende bei den Zweitstimmen zu Buche. Vier Jahre später verbesserte sich die AfD auf 12,6 Prozent (2017). Bei den vergangenen Bundestagswahlen kam die AfD auf 10,3 Prozent.