Wie wurde früher gespielt? Das zeigt im Stadtmuseum Nürtingen die Ausstellung „Faszination Spielen“. Für ältere Besucher ist es eine Reise in die eigene Kindheit.
Noch bis März nächsten Jahres lädt die Ausstellung „Faszination Spielen“ im Nürtinger Stadtmuseum Groß und Klein zum Erinnern und Staunen ein. Von der liebevoll gestalteten Puppenstube als Spiegel bürgerlichen Wohlstands, über den Kaufladen mit Waren im Miniaturformat bis hin zum Baukasten der Firma Märklin bietet sie einen nostalgischen Querschnitt durch die Spielwelten vergangener Generationen. Mitmachen ist dabei ausdrücklich erlaubt. Im Brettspiellabor kann man von „Fang den Hut“ bis hin zu „Elfer Raus“ alte und neue Gesellschaftsspiele ausprobieren. Die Allerkleinsten dürfen derweil ein Piratenschiff und eine Legospielecke entdecken.
Helme und Knieschützer hat es früher nicht gegeben
Bei der Auswahl der Objekte haben die Ausstellungsmacher ihren Blick ausschließlich auf die Stadt gerichtet. „Alles stammt aus unseren eigenen Beständen“, erklärt Museumsleiterin Melina Wießler. Vielfältig gestaltete Vitrinen mit Puppenstuben, Baukästen, eine Laterna Magica in Funktion und ein Karussell mit Fahrzeugen aus dem Nürtinger Traditionsgeschäft Sterr laden zu einem nostalgischen Blick in die Vergangenheit ein. Auch die Nürtinger Bürgermeistern Annette Bürkner schwelgt in Erinnerungen. Mit Puppen zu spielen war so gar nicht ihr Ding. „Mich konnte man im Garten, am Bach oder auf den Feldern finden, gerne mit dem Fahrrad, dem Roller oder den Rollschuhen.“ Die Eisenrollschuhe in der Ausstellung haben mit heutigen Inlineskates wenig gemein. Helme und Knieschützer kannte man damals noch nicht.
Auch manch weiteres Objekt könnte den Besuchern ein Kopfschütteln abnötigen. Welche Eltern würden dem Nachwuchs heute noch erlauben, einen mit Spiritus betriebenen Spielzeugherd zu benutzen? Klar, dass der Herd und das Bügeleisen im Miniaturformat kleine Mädchen zu perfekten Hausfrauen erziehen sollten. Die Jungs durften ihre Auffassungsgabe und ihr Durchhaltevermögen derweil an den Baukästen der Firmen Anker und Märklin schulen. „Der Märklin-Baukasten mit der Nummer 102 war beim Aufbau sehr kompliziert“, erinnert sich Melina Wießler. Bei der Recherche hat sie auch manch Kurioses und Besonderes zutage gefördert. Wer weiß schon, dass die als Flugpioniere bekannten Gebrüder Lilienthal 1875 eine Rezeptur zur Herstellung von Mineralbausteinen entwickelt haben, die Friedrich Adolf Richter als Grundlage seiner Anker-Steinbaukästen und damit des ersten Systemspielzeugs der Welt diente?
Puppenstuben sind häufig sehr gut erhalten
Einen Höhepunkt der Schau stellen die Puppenstuben dar, die die Wohnwelten der Jahrhundertwende nahezu eins zu eins repräsentieren. „Sie sind ein Zeitfenster in die Vergangenheit“, erklärt Melina Wießler. „Da sie oft nur an Weihnachten aufgebaut wurden, haben sie die Zeiten fast unverändert überdauert.“ So viel es auch zu staunen gibt, eine Reihe von klar gestalteten Informationstafeln stellt die Objekte in interessante kulturgeschichtliche Zusammenhänge. Schon der berühmte Pädagoge Friedrich Fröbel wusste, dass Greifen mit Begreifen zusammenhängt und das Spiel den Grundstein für die Entwicklung der Kreativität legt. So lädt die Ausstellung nicht nur dazu ein, in Nostalgie zu schwelgen, sondern auch, den Blick in Richtung Gegenwart zu wagen.
Die Ausstellung dauert bis zum 3. März 2024. Geöffnet ist das Museum dienstags bis freitags von 14 bis 18 Uhr, samstags, sonntags und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr. Am 24., 25., 31. Dezember sowie an Neujahr ist geschlossen.