Leuze muss lange warten, bis elektronische Bauelemente geliefert werden. Foto: Leuze Electronic

Wegen der Auftragsflut wird bei dem Sensorhersteller Leuze rund um die Uhr und teilweise an 7 Tagen die Woche gearbeitet. Das Familienunternehmen baut die Kapazitäten aus. Neue Jobs entstehen.

Stuttgart - Elektroautos sind in vielen Ländern gefragt; auch das E-Commerce-Geschäft und in der Folge der Paketversand boomen. Und wegen Corona ist die Zahl der Blutanalysen (PCR-Tests) rasant in die Höhe geschnellt. Von all diesen Entwicklungen hat der Sensorhersteller Leuze, der die dafür nötigen Maschinen und Anlagen mit den elektronischen Winzlingen ausstattet, profitiert. Dies hat dazu geführt, dass die „sehr ehrgeizigen Ziele für 2021 bei Weitem übertroffen“ wurden, sagt Firmenchef Ulrich Balbach in einer Videokonferenz.

Egal ob in China (plus 60 Prozent), USA (plus 26 Prozent) oder Europa (plus 14 Prozent) – in vielen Regionen ist der Umsatz in die Höhe geschnellt. Insgesamt erlöste das Familienunternehmen 260 Millionen Euro (plus 23 Prozent). Und die Aussichten für das laufenden Jahr sind ebenfalls gut. Der Auftragseingang lag mit 346 Millionen Euro sogar 60 Prozent über dem entsprechenden Vorjahreswert. China liegt dabei mit einem Bestellplus von 153 Prozent ganz weit vorn. Balbach begründet die Auftragsflut aus der Volksrepublik neben dem Trend hin zur Elektromobilität auch mit der dort geltenden neuen Steuergesetzgebung.

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Um die Bestellungen abzuarbeiten, wird bei Leuze weltweit nun im Drei-Schicht-Betrieb gearbeitet, teilweise sieben Tage pro Woche. Noch in diesem Jahr sollen die Fertigungskapazitäten massiv um 50 Prozent ausgebaut werden, so Balbach. Derzeit entsteht in Melaka/Malaysia eine neue Fabrik, der erste Bauabschnitt soll im zweiten Halbjahr eröffnet werden. Dort sollen zunächst 200 Mitarbeiter tätig sein. Weltweit verfügt Leuze über sechs Produktionsstandorte – unter anderem in Deutschland, den USA und China. Bis Jahresende sollen mehr als sieben Millionen Sensoren gefertigt werden.

Die Lieferkette muss stehen

Voraussetzung ist allerdings, dass die Lieferkette steht – nicht zuletzt die Halbleiter, die meist aus Asien und den USA kommen, müssten ausreichend zur Verfügung stehen. „Das stellt uns vor große Herausforderungen“, so Balbach. Die Lieferfristen hätten sich enorm verlängert. Teilweise dauere es 50 Wochen, bis die elektronischen Winzlinge einträfen, doppelt so lange wie zuvor. Gleichzeitig seien die Preise in die Höhe geschnellt. Man rede mit den Kunden über Preisanpassungen, so Balbach. Nur: Bei so langen Lieferzeiten dauere es, bis die Preiserhöhungen bei den Kunden ankommen.

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In diesem Zusammenhang begrüßte Balbach die Pläne der EU, die den Aufbau einer eigenen Halbleiterindustrie mit rund 43 Milliarden Euro fördern will. Wichtiger als Geld seien allerdings die richtigen Rahmenbedingungen, sagt der Leuze-Chef. Es habe Gründe, dass ganze Industriezweige abgewandert seien. Als Beispiel nannte er die Textilindustrie, die es unter anderem nach Indien gezogen hat. Welche Rolle spiele dort die Umwelt, fragt er: „Wir müssen uns auch mit den Bedingungen vor Ort beschäftigen.“

Weitere 165 Jobs in diesem Jahr

Weltweit sind mehr als 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Sensorhersteller tätig, rund 750 davon am Firmensitz in Owen. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen 150 Stellen geschaffen, etwa Zweidrittel davon in Deutschland. In diesem Jahr sollen weitere 165 Jobs entstehen, 50 in Deutschland.

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Auch das Management wird aufgestockt. Von März an soll die Zahl der Geschäftsführer von derzeit einem (Balbach) auf drei erweitert werden. Neue Zuständigkeiten werden für die Bereiche Technik und Finanzen geschaffen. Grund ist das geplante künftige Wachstum. Als Ziel wurde nämlich vor einem Jahr ausgeben, den Umsatz bis 2025 zu verdoppeln – das wären dann mehr als 400 Millionen Euro.

Von der Baumwolle zur Sensorik

Anfänge
Die Wurzeln der Firma Leuze reichen ins 19. Jahrhundert zurück. Zunächst stand Baumwolle im Mittelpunkt. Anfang 1861 stellten die Brüder Christoph Adolph und Johna Georg Leuze den Antrag zum Bau einer Spinnerei und mechanischen Weberei in Unterlenningen. Es sollten dann noch zwei Jahre vergehen, bis die Webstühle aufgestellt und der Betrieb starten konnte. Weil es in Unterlenningen nicht genügend Wasser gab, erfolgte Ende der 1880er der Umzug nach Owen unter Teck.

Sensoren
Leuze Electronic wurde 1863 gegründet. Entwickelt wurden zunächst Sensoren für das firmeneigene Textilgeschäft. Dazu gehörte ein optisch elektronischer Fadenreiniger, wie aus einer Jubiläumsschrift hervorgeht. Leuze Textil gibt es heute nicht mehr; letztlich war es ein Opfer der Textilkrise. Die Sparte ging in Leuze Electronic auf.