Sein Cousin ist vor drei Tagen an der Front gestorben. „Fuck You Russia“, schreibt Lue Bason auf Instagram. Mit dem Cousin wollte der ukrainische Sänger den Erfolg seines Songs „Star“ feiern, dessen Musikvideo aus Stuttgart durch die Decke geht.
Ein Kinderbild hat Lue Bason, der seit vergangenem Sommer in Stuttgart lebt, auf seiner Instagram-Seite @loudgio gepostet. Es zeigt ihn und seinen Cousin in jungen Jahren in der Ukraine. „Rest in peace, brother“, schreibt der Sänger dazu.
Vor drei Tagen hatte der Cousin ihn von der Front angerufen, um ihm zum neuen Song zu gratulieren. Bason konnte nicht abnehmen, er war gerade verhindert. Wie sehr er das jetzt bedauert! Kurz nach dem Videoanruf ist der kaum ältere Verwandte von der russischen Armee getötet worden. Eines Tages würden sie zusammen singen, verspricht der ukrainische Singer/Songwriter via Instagram und schreibt: „Fuck you Russia, Fuck you Putin!“
Aufgeben ist für ihn keine Option
Die Frage, ob Lieder helfen, einen Krieg zu beenden, ob sie also die Welt verbessern, ist alt. Man hat sie in vielen Zeitepochen gestellt. Emotionale Kraft, dies dürfte feststehen, ist wichtig, um den Zusammenhalt eines Volkes zu stärken, um den Stolz und den Siegeswillen auszudrücken, die Menschen antreiben, damit das Gute gewinnt.
Aufgeben ist für Lue Bason keine Option, der wegen des russischen Angriffskriegs durch Zufall in Stuttgart gelandet ist. Mit seiner Band Cloudless war der 29-Jährige im Juni 2022 auf einer Charity-Tour durch Europa unterwegs, um Geld für die Ukraine zu sammeln. Er überwarf sich mit dem Bandleader. Der Musiker blieb bei deutschen Freunden und war froh, die Musik zu haben, um von ihr aufgefangen zu werden. Es ist gut, wenn man sein Herz und seine Seele in eigene Songs stecken kann.
Den kleinen Lue spielt das Nachbarskind von Basons Förderer Jens Zimmermann
Eines der ersten Lieder, die Bason in Stuttgart schrieb, heißt „Star“. Die Ballade ist ein gefühlvoller Ausdruck seiner inneren Zerrissenheit und unterstreicht seine stimmliche Qualität. Der junge Filmemacher Leon Bader hat das Video dazu ohne Honorar im Theater der Altstadt und in den Weinbergen unweit des Kappelbergs mit einem Kind gedreht. Mit diesem sanft, aber auch voller Selbstbewusstsein interpretierten Song trifft er wohl einen Nerv. Man hört daraus die Sehnsucht nach Freiheit. Man verfolgt, wie sich der Sänger als Kind sieht, wie seine Mutter damals zu ihm gesagt hat, er solle an sich glauben, dann könne er alles erreichen. Den kleinen Lue als Junge spielt das Nachbarskind Gentjan von Basons Förderer Jens Zimmermann.
Innerhalb von vier Tagen ist der in Schwarz-Weiß und in Farbe gedrehte Film bereits über 100.000-mal aufgerufen worden, geht also durch die Decke, sowohl in der Ukraine als auch in Deutschland. Mit seiner Musik will Lue Bason, der im vergangenen Sommer in der Jury des Christopher Street Days (CSD) in Stuttgart saß, die Grenzen der Genres sprengen.
Der Stuttgarter Komponist Hannes Opferkuch hat den Titel mitgeschrieben
Geschrieben hat er den Song mit dem Stuttgarter Komponisten und Pianisten Hannes Opferkuch. „Lue hat mir seine Geschichte erzählt und mir eine erste Idee von ,Star’ vorgetragen – mit den ersten Akkorden auf dem Piano“, berichtet er. Daraufhin habe er den Pianopart ausgebaut und bei sich zuhause aufgenommen. „Da ich einen Tag später einen Camping-Urlaub gebucht hatte, gleichzeitig aber voller Ideen für den Song war, packte ich mein Minikeyboard und meinen Laptop ein und fand Inspiration an einem See im Spreewald, wo ich die Streicher für den Song digital komponierte“, sagt Opferkuch.
Für die Aufnahmen mit Gesang und Instrumenten bekamen der Sänger und der Pianist das Studio eines Filmkomponisten im Stuttgarter Westen. Lue Bason schickte alles an seinen Produzenten Ivan Taiga, der den Song in Kiew gemischt hat. Das Musiklabel BMG war begeistert und nahm den Musiker aus der Ukraine unter Vertrag für dessen erste Solo-EP. Das Label ist überzeugt davon, einen ganz großen Treffer zu landen. Der ukrainische Künstler könne „mit den großen Namen der Musikindustrie auf globaler Ebene konkurrieren“, ist in der Pressemitteilung zu lesen. Den Song widmet Lue Bason seinem an der Front gestorbenen Cousin, seinem Helden. Die Botschaft lautet: Putin darf nicht siegen!