Teheran ließ zwei Demonstranten hinrichten. Den Protesten tut das bislang keinen Abbruch. Foto: AFP/Asaad Niazi

Der zweite Demonstrant im Iran wurde hingerichtet – öffentlich; die Regierung will offenbar ein Exempel statuieren. Bislang scheinen sich die Protestierenden davon aber nicht beirren zu lassen.

Die iranische Justiz hat einen zweiten Demonstranten hingerichtet. Madschidreza Rahnavard starb am Montag in der Stadt Maschhad am Galgen, wie Staatsmedien meldeten. Der junge Mann war erst am 19. November festgenommen worden, weil er zwei regimetreue Milizionäre erstochen haben soll. Rahnavard wurde öffentlich gehenkt – ein Zeichen dafür, dass das Regime mit den Hinrichtungen die Protestbewegung abschrecken will. Präsident Ebrahim Raisi hatte angekündigt, „mit Entschlossenheit“ gegen die Demonstranten vorzugehen.

Das iranische Staatsfernsehen zeigte Aufnahmen, die angeblich zeigten, wie ein Mann auf zwei andere Männer einstach. Der Täter soll Rahnavard gewesen sein. Vor Gericht soll er ausgesagt haben, er hasse die regierungstreue Basidsch-Miliz, weil diese Demonstranten verletzt und ermordet habe. Er wurde wegen „Krieges gegen Gott“ verurteilt, ein Vorwurf, der von der Justiz benutzt wird, um Regimegegner abzuurteilen. Nach Einschätzung von Menschenrechtlern haben Angeklagte in solchen Prozessen keine Chance auf ein faires Verfahren.

Zweite öffentliche Exekution im Jahr 2022

Zwischen Rahnavards Festnahme und seiner Hinrichtung lagen nur gut drei Wochen. Auch die öffentliche Hinrichtung in Maschhad sprach dafür, dass das Regime mit seinem Fall ein Exempel statuieren wollte. Nach Zählung des Journalisten Kian Sharifi, der den Iran für den Dokumentationsdienst der britischen BBC beobachtet, war es erst die zweite öffentliche Exekution im Iran in diesem Jahr; insgesamt liegt die Zahl der Hinrichtungen im Iran seit Januar bei 500. Maschhad ist die Heimatstadt von Revolutionsführer Ali Khamenei.

Am Donnerstag hatte die Justiz den 23-jährigen Mohsen Schekari wegen Teilnahme an einer Demonstration gegen die Regierung hingerichtet. Amin Riahi, der auf seiner Internetseite „Iran Prison Atlas“ die Gefängnisse, Richter und Prozesse im Iran beobachtet, teilte unserer Zeitung unter Berufung auf interne Tonaufzeichnungen des Regimes mit, rund 80 Menschen seien wegen „Krieges gegen Gott“ angeklagt und müssten mit der Todesstrafe rechnen. Schekaris Hinrichtung sei ein Signal des Regimes gewesen: Der Staat könne jederzeit Anklage wegen „Krieg gegen Gott“ erheben und Angeklagte exekutieren.

Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass sich die Protestbewegung von den Drohungen des Regimes abschrecken lässt. Kurz nach Schekaris Hinrichtung gab es neue Berichte über Proteste. In der Hauptstadt Teheran versammelten sich Demonstranten in dem Stadtviertel, in dem Schekari festgenommen worden war. Die Drohung des Regimes könne das Gegenteil von dem bewirken, was die Regierung erreichen wolle, sagte Riahi unserer Zeitung.

Außenminister sanktionieren Verantwortliche

Raisis harter Kurs verstärkt zudem die internationale Isolierung des Iran. Die Außenminister der 27 EU-Mitgliedstaaten beschlossen am Montag in Brüssel einstimmig neue Strafmaßnahmen gegen Verantwortliche in dem Land, wie mehrere Diplomaten bestätigten. Konkret soll es demnach um etwa 20 Personen und eine Organisation gehen. Weitere Sanktionen gegen den Iran wurden wegen der Unterstützung des russischen Kriegs gegen die Ukraine beschlossen.

Nach Angaben von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock treffen die Strafmaßnahmen auch Verantwortliche für die jüngsten Hinrichtungen. Das Sanktionspaket richte sich insbesondere gegen diejenigen, die für „diese unglaublichen Verbrechen“ verantwortlich seien, sagte die Grünen-Politikerin am Montag kurz vor dem Beschluss.