Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs sind zahlreiche Gebührenerhöhungen der Vergangenheit unwirksam. Wie Banken reagieren und was Kunden tun sollten.
Frankfurt - Die Commerzbank hält an der für den 1. Juli geplanten Einführung von Monatsgebühren für bislang kostenlose Konten fest, obwohl ihre dazu im April verschickten Kundenbriefe nach einem höchstrichterlichen Urteil unzureichend sind. „Wir planen das für den 1. Juli und arbeiten mit Hochdruck daran, das gemäß dem Urteil des Bundesgerichtshofs umzusetzen“, sagte ein Banksprecher auf Nachfrage.
Laut dem BGH-Urteil muss für die Änderung von Kontomodellen die explizite Zustimmung der betroffenen Kunden eingeholt werden. In welcher Form die Commerzbank ihre Kunden kontaktieren wird, um diese Einwilligungen zu erbitten, wollte der Sprecher nicht sagen. Zwar soll es bei der Commerzbank auch künftig noch ein kostenloses Kontomodell geben, es kann allerdings ausschließlich online genutzt werden.
Die Deutsche Bank befürchtet Kosten von Hunderten Millionen Euro
Die Deutsche Bank ist weniger zuversichtlich, dass sich BGH-konforme Gebührenerhöhungen auf die Schnelle umsetzen lassen. Ihr Finanzvorstand James von Moltke erklärte unlängst, die Deutsche Bank rechne aufgrund des Urteils nicht nur mit der Rückforderung von Gebühren, sondern auch mit dem Ausbleiben von für das laufende und das dritte Quartal bereits eingeplanten Erträgen. Sie geht also davon aus, die im letzten Oktober erhöhten Kontogebühren nicht mehr voll erheben zu können – und das noch einige Monate lang.
„Wir werden nun mit unseren Kunden neue Vereinbarungen über ihre Geschäftsbeziehungen mit uns treffen. Bis wir – voraussichtlich im Herbst – unsere Kunden auf die neuen Verträge migriert haben, gehen wir von Ertragsausfällen in Höhe von 100 Millionen Euro pro Quartal aus“, teilte ein Sprecher der Deutschen Bank mit.
Bislang galt die Zustimmung bei Schweigen als erteilt
Wie die meisten Kreditinstitute hatten die Commerzbank und die Deutsche Bank Gebührenerhöhungen in der Vergangenheit mit dem Hinweis angekündigt, dass die Kunden diese zum Anlass für eine fristlose Kündigung nehmen könnten. Wenn die Kunden dagegen nicht reagierten, gelte dies als Zustimmung. Der BGH erklärte dieses in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zahlreicher Banken und Sparkassen geregelte Verfahren Ende April für unzulässig.
Kontoinhaber können damit Kosten zurückfordern, die durch Gebührenerhöhungen in der Vergangenheit entstanden sind. Ein Erstattungsanspruch besteht nach Angaben der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg auf jeden Fall für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis jetzt. Das gilt auch, wenn die zugrunde liegende Gebührenerhöhung noch länger her ist.
Bankkunden sollten Erstattungsanspruch prüfen
Die Verbraucherzentrale empfiehlt allen Kontoinhabern, die Mitteilungen ihrer Bank oder Sparkasse über Gebührenerhöhungen in der Vergangenheit zu prüfen und nachzurechnen, welche Mehrkosten dadurch entstanden sind. Ein Rechenbeispiel sowie ein Musterformular für die Anmeldung der Ansprüche stehen online unter www.verbraucherzentrale-bawue.de zur Verfügung.
„Wenn die Bank mauert, kann man natürlich auch einen Anwalt einschalten“, sagt Niels Nauhauser, der Finanzexperte der Verbraucherzentrale. Einzelne Rechtsanwaltskanzleien bieten Unterstützung bei der Rückforderung von Bankgebühren gegen ein Erfolgshonorar von 25 Prozent an. Scheitert die Rückforderung, fallen für die Kunden keine Kosten an.
Die Stiftung Warentest verweist zudem auf den Online-Inkasso-Dienstleister conny.legal. Auch hier wird bei Erstattung der Gebühren ein Erfolgshonorar von 25 Prozent berechnet. Wer mit hohen Erstattungen rechnet, kann alternativ eine Pauschale von 69 Euro zahlen, die allerdings auch bei Misserfolg anfällt. Wer nicht viel zu erwarten hat, kann seine Ansprüche an conny.legal abtreten und erhält dafür sofort zehn Euro.