Zwei Lehrer machen rechtsextremistische Vorfälle an ihrer Schule im Spreewald öffentlich, werden dann massiv bedroht und wechseln die Schule. Zwei Tage später erneuert ein Bündnis für ganz Brandenburg einen Aufruf – um ein Zeichen zu setzen.
Ein breites Bündnis aus Brandenburgs Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft hat sich nach rechtsextremen Vorfällen demonstrativ zur Weltoffenheit bekannt. Das „Bündnis für Brandenburg“ erneuerte am Freitag seinen Appell von vor acht Jahren und wandte sich gegen Rechtsextremismus, Hass und Gewalt.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) rief alle Bürgerinnen und Bürger zu einem neuen Schulterschluss auf: „Jede und jeder muss seinen Beitrag dazu leisten, unsere freiheitliche Gesellschaft gegen demokratiefeindliche Kräfte, gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit zu verteidigen.“ Mit dem Aufruf wollen die Akteure im Jahr vor der nächsten Landtagswahl auch ein Signal setzen.
Massive Bedrohungen nach Brandbrief
Zudem wollten sie auf jüngste Entwicklungen reagieren. Die Lehrkräfte Max Teske und Laura Nickel hatten im April in einem Brandbrief tägliche rechtsextremistische Vorfälle an ihrer Schule in Burg im Spreewald öffentlich gemacht. Sie waren danach zunehmend Anfeindungen ausgesetzt und wurden auch in einem sozialen Netzwerk bedroht. Beide Lehrer wechseln die Schule – das wurde am Mittwoch bekannt.
Die Lehrkräfte reagierten betroffen auf die Anfeindungen: „Das fühlt sich ganz, ganz schlimm an“, sagte Nickel dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) auch mit Blick auf Aufkleber, die beide Lehrkräfte zeigten und sie dazu aufriefen, nach Berlin zu gehen. „Es fühlt sich an, als ob man in Gefahr ist beziehungsweise dieses Gefühl der Gefahr wird natürlich dadurch auch in gewisser Weise bestärkt.“ Teske sagte: „Man möchte versuchen, uns einzuschüchtern.“
Der Aufruf des „Bündnis für Brandenburg“ setzt – auch angesichts des Ukraine-Kriegs - auf eine Willkommenskultur für Migranten und Geflüchtete. „Wir wollen ein vielfältiges, weltoffenes und demokratisches Brandenburg für alle Menschen, ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, Nationalität, Religion oder Weltanschauung“, heißt es darin.
Der wirtschaftliche Aufschwung könne nur mit der Zuwanderung von Arbeitskräften weitergehen. „Wir stellen uns jeder Form von Gewalt, Hass, Ausgrenzung und Extremismus entgegen!“ Das Bündnis war 2015 gegründet worden. Der Aufruf wurde erneuert.
Kritik an Neuauflage des Bündnisses
Aus der Opposition, aber auch aus der eigenen Koalition kam Kritik an der Neuauflage des Bündnisses. „Unterhaken gegen Rechts ist zu wenig, denn die Menschen haben ganz reale Probleme und ganz reale Kritikpunkte an der Politik, auch an der Landespolitik“, sagte CDU-Fraktionschef Jan Redmann der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe um konkrete Lösungen. Linksfraktionschef Sebastian Walter sagte: „Symbolische Gesten und wärmende Worte reichen nicht aus, um Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus in Brandenburg wirksam zu bekämpfen.“
Der Förderkreis „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ rief die Bürger nach dem Weggang der beiden Lehrer aus Burg zur Solidarität auf. „Das Wegdrängen der Demokraten vor Ort wird nur eingedämmt werden können, wenn die dort noch lebenden Demokraten ihre Solidarität mit den Lehrern zeigen würden. Und zwar jetzt“, teilte der Vorstand mit der Vorsitzenden Lea Rosh mit. „Wegschauen bringt keine bessere Zukunft, insbesondere nicht für unsere Kinder.“
Der Verein hat die beiden Lehrer aus Burg gemeinsam mit dem Spremberger Pfarrer Lukas Pellio für den diesjährigen „Preis für Zivilcourage“ nominiert, der am 31. Oktober verliehen werden soll. Die drei Preisträger hatten das Bündnis „Schule für mehr Demokratie“ gegründet, das Lehrkräfte ermutigen soll, offen gegen Rechtsextremismus einzutreten.