Daumen hoch für seinen FC Esslingen: Misghina „Micki“ Russom. Foto:  

Misghina „Micki“ Russom engagiert sich beim FC Esslingen in verschiedenen Bereichen. Mit dem Ausrichter des EZ-Pokals hat er einige Gemeinsamkeiten.

Esslingen - Misghina Russom, den alle im Verein nur Micki nennen, hat eine besondere Bindung zum FC Esslingen. Das liegt zum einen am Sport selbst, für den Fußball brennt der 36-Jährige schon sein ganzes Leben lang. Zum anderen an seiner Funktion – oder besser seinen Funktionen – beim FCE. Denn zusammen mit Leo Trakkides engagiert er sich als Sportlicher Leiter der Männermannschaft, koordinierte verschiedene Inklusionsprojekte und war zeitweise auch Stationentrainer der weiblichen Jugend. Aber vor allem kommt die Bindung durch ein Ideal, das Russom und der FCE gemeinsam haben: Sie setzen sich für Nachhaltigkeit ein – vor allem für die sportliche.

Ein Herzensanliegen

Schon oft wurde Russom zum „Fußball-Verrückten“ erklärt. Für ihn scheint das aber ein Kompliment zu sein. Wenn er etwas anpackt, dann richtig. Seine Augen strahlen, wenn er von den Zielen des FCE erzählt, von der Fußball-Philosophie des Vereins, hinter der er voll und ganz steht. Er ist überzeugt davon, dass er das Richtige tut – das ist sichtbar, hörbar, spürbar. Genau so gehe es auch seinen Vereinskameraden. Liebevoll nennt er sie „positive Freaks“. Sie gäben eben alles dafür, um das „Projekt FC Esslingen“ zum Erfolg zu führen.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Vaterstolz – seit 18 Jahren

Gerade deshalb bedauert es Russom sehr, dass er beruflich gerade viel zu tun hat und nicht die ganze Zeit beim EZ-Pokal dabei sein konnte. Besonders, weil sich in diesem Jahr die Gründung des FCE zum zehnten Mal jährt, weil es im frisch eingeweihten Sportpark Weil ausgetragen wurde, weil es das erste größere Turnier seit der Coronakrise und sein Verein der Veranstalter war. „Der EZ-Pokal ist eine super Möglichkeit, um uns zu präsentieren“, sagt er.

Viel mehr als nur Plastik vermeiden

Dass Russom nicht jedes Spiel des Turniers sehen konnte, hat bei genauem Hinsehen auch etwas Gutes: Denn Russom hat vor knapp vier Jahren eine Firma gegründet, die Kranken- und Lieferfahrten anbietet – ganz nachhaltig mit Elektroautos. Während Coronazeiten sei es teilweise schwer gewesen, nun läuft es offensichtlich wieder besser.

Nachhaltigkeit ist Russom ein Herzensanliegen. Nach dem Abitur studierte er Bio- und Umwelttechnik in Wolfenbüttel. Doch bei diesem Begriff geht es um viel mehr als nur um Plastik vermeiden und auf das Auto verzichten, davon ist er überzeugt. Auch beim FCE drehe sich viel um Nachhaltigkeit. Nur eben anders, als man zuerst denkt.

Ein schönes Miteinander

Der Grund, warum der FCE 2011 gegründet worden ist, war der, dass junge Talente aus Esslingen gefördert werden sollten. Der Verein sollte ihnen eine Möglichkeit bieten, auch höherklassig zu spielen und sie damit nachhaltig in Esslingen zu halten. „Es gibt viele talentierte Spieler aus Esslingen, die beispielsweise zur TSG Backnang oder zum VfR Aalen gewechselt sind“, erklärt Russom. „Die fahren mindestens eine Stunde zum Training. Wenn man sich überlegt, was die in der Zeit Sinnvolles für die Schule tun könnten.“ Diese Talente in Esslingen zu halten habe nicht nur viele Vorteile für den FCE, sondern für alle Vereine. „Wir bilden die Spieler sehr gut aus, die rücken irgendwann in die Erste auf, aber wir können ja nicht alle aufnehmen“, erklärt Russom. Die übrigen Esslinger Klubs profitierten dann von diesen sehr gut ausgebildeten Spielern.

Nicht nur aus sportlicher Sicht ist der FC Esslingen professionalisiert worden. Auch bei den Strukturen werden neue Wege gegangen: So leiten und vertreten gestandene Funktionäre, die durch ihre Berufe viel Erfahrung mitbringen, den Verein. Für Russom, der seit der Saison 2018/2019 Sportlicher Leiter der Männermannschaft ist, war es aber nie ein Thema, sich profilieren zu müssen. „Es geht uns allen nur um die Sache“, sagt der 36-Jährige. „Das beste Konzept kann ohne das richtige Personal nicht funktionieren.“ Es sei ein schönes Miteinander.

Mit Vorurteilen zu kämpfen

Neben dem gemeinsamen Interesse für sportliche und nichtsportliche Nachhaltigkeit gibt es aber noch eine Gemeinsamkeit von Russom und dem FCE: Beide haben mit Vorurteilen zu kämpfen. „Ich glaube, wer zuerst nur mit mir telefoniert und mich später dann zum ersten Mal sieht, der ist überrascht“, sagt Russom. Seine Eltern kommen aus Eritrea, geboren ist er in Ostfildern, aufgewachsen in Aichwald und sein Abitur schrieb er am Mörike-Gymnasium in Esslingen. Kurzum: Er ist ein waschechter Esslinger mit dem nötigen schwäbischen Slang. Und genau das erwarteten viele nicht. „Ich wurde auch schon für mein Deutsch gelobt“, sagt Russom. Mittlerweile kann er aber darüber lachen.

Auch dem FCE haftet noch das Vorurteil an, RB-Leibzig-artig anderen Clubs die Talente abzuwerben. „Doch hier kommt wieder unsere Philosophie zum Zug: Auf lange Sicht profitieren alle Vereine davon“, sagt Russom.