Wahrscheinlich heißt Bayerns Ministerpräsident auch weiterhin Söder (Archivbild). Foto: dpa/Sven Hoppe

Bayern wählt – und wahrscheinlich heißt der Ministerpräsident auch weiterhin Söder. So weit, so vorhersehbar. Wie unsere seltsamen Nachbarn sonst so ticken, zeigt unser A bis Z.

Die Landtagswahl in Bayern steht an, und auch wenn von den Bajuwaren keine Revolution zu erwarten ist, schaut ganz Deutschland gebannt zu, wie sich der Söder-Markus erneut zum weiß-blauen König – respektive „Kini“ – krönen wird. Ein kleiner Rundumschlag von Unterfranken bis Oberbayern.

A wie Aiwanger, Brüder

Der Helmut bekennt sich als Verfasser des Nazi-Flugblatts in der Schulzeit 1987, Bruder Hubert hatte es in der Schultasche gehabt. Jetzt zieht der bayerische Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Chef durchs Land und wettert über die angebliche „Medien-Kampagne“.

B wie Biergarten

Brezn, Obazda und Radieserln werden im Korb mitgebracht, Bier und andere Getränke dort gekauft. Die eigene Brotzeit am Tisch unter Kastanien gehört zum Biergartenbesuch.

C wie CSU

Mit der Pracht der absoluten CSU-Mehrheit ist es schon länger vorbei. Bayern wächst in den Städten. Dorthin ziehen Menschen, und denen fehlt das von der CSU erfundene „Bayern-Gen“.

D wie Dachau

Der Ort des einst größten Konzentrationslagers von Bayern ist Gedenkstätte. Dachau wurde von den Nationalsozialisten als Modell betrieben für die späteren Vernichtungslager im Osten. In Dachau kamen etwa 41 500 Menschen ums Leben.

E wie Energie

Heikles Thema. Früher war der Freistaat Strom-Exporteur, jetzt muss er importieren. Windanlagen wurden ebenso boykottiert wie der Ausbau der Stromtrassen. Weil das so alles nicht funktioniert, will man nun nachbessern.

F wie Franken

Das Frankenland wird unterschätzt. Oft blickt man vom hohen Ross auf die „Bratwürstl“. Verdruckst seien sie, umständlich. Das ist böse Nachrede. Franken sind zurückhaltend, verlässlich und nicht so breitbeinig aufgestellt wie die Oberbayern. Ausnahmen soll es geben, auch Markus Söder ist Franke.

G wie Grünwald

Äußerst nobler Vorort von München. Hohe Promi-Dichte, viele recht hässliche Mega- Villen mit großen Zäunen und Hecken. Wegen extrem niedriger Gewerbesteuer steht Grünwald auch für Steuerflucht und unzählige Briefkastenfirmen.

H wie Herzog Franz von Bayern

Ein Adeliger im positivsten Sinne, in der Monarchie wäre er heute König. Stattdessen sammelt der freundliche und mitunter ironische Mann modernste Kunst, ist in vielen Bereichen wohltätig. Und nach 43 Jahren hat er sich und seinen Mann geoutet.

I wie Identität

Ein großes Wort. Das Heimatministerium beschreibt „regionale Identität“ so: „einmalige Kulturlandschaften Bayerns“, „Sehenswürdigkeiten und besondere Bauwerke“ sowie „vielfältige regionale Spezialitäten“. Weitere Plattitüden erhältlich bei: Bayerische Staatskanzlei, Franz-Josef-Strauß-Ring 1, 80539 München.

J wie Jodeln

Singen mit Lauten ohne Text, bei dem sehr oft zwischen der Brust- und der Falsettstimme gewechselt wird. Der österreichische Alpenrocker Hubert von Goisern hat es auf einer Autobahnbrücke erlernt, weil das niemand hören konnte. Erste Versuche klingen „richtig grausig“, sagte er.

K wie Korruption

„Hund sans scho“, hat man früher anerkennend über Amigos meist mit CSU-Prägung gesagt. Es gab Gratis-Urlaube, scheinbeschäftigte Verwandte im Landtag und Millionenprovisionen bei der Masken-Vermittlung. Seit Ministerpräsident Seehofer lautet die Devise: null Toleranz.

L wie Liberalitas Bavariae

Bayerische Freigebigkeit, liberale Gesinnung. Leben und leben lassen. Damit hörte es aber so was von auf, als etwa 1980 die 18-jährige Regensburger Schülerin Christine Schanderl einen „Stoppt Strauß“-Button trug. Sie flog von der Schule. Auch nicht weit her war es mit der Liberalität, als 1992 Hunderte Demonstranten beim G-7-Gipfel in München brutal eingekesselt wurden. Und wenn jetzt diese Klimakleber . . .

M wie Ministerpräsident

Der CSU-Säulenheilige Franz Josef Strauß bezeichnete es als das „schönste Amt der Welt“. Manche blieben glücklos wie etwa Max Streibl und Günther Beckstein. Jenseits aller Kritik hatte die CSU bisher zwei große Ministerpräsidenten gestellt, die viel bewegt haben: Strauß und Edmund Stoiber.

N wie Nachbar Österreich

Das Verhältnis zur Alpenrepublik ist alles, aber nie einfach nur normal. Bayern sieht sich als ebenbürtig an – ungefähr gleich groß, etwa gleich viele Einwohner. München auch auf einer Ebene mit Wien. Mit dem kleinen Unterschied, dass das Königreich Bayern doch recht unbedeutend war im Vergleich zur riesigen Habsburgermonarchie.

O wie Oktoberfest

Ein Pferderennen auf einem Platz außerhalb der Stadt am 17. Oktober 1810 anlässlich der Hochzeit des Kronprinzen Ludwig von Bayern mit Prinzessin Therese.

P wie prekäre Lebensverhältnisse

Auch in Bayern gibt es Armut, wenngleich das dem Image des wohlhabenden Bundeslandes widerspricht. Betroffen davon sind aber kaum mehr die Regionen, die einst als abgehängt galten – etwa Oberfranken oder die Oberpfalz, die früher „Steinpfalz“ genannt wurde. Dort hat sich einiges entwickelt. Vielmehr gibt es im als reich geltenden München die höchste Quote an Menschen, die durch Armut gefährdet sind – 17 Prozent der Bevölkerung. Gefolgt von den nächst größeren Städten Nürnberg und Augsburg.

Q wie Qual

Die Opposition weiß, wovon die Rede ist. Grüne, SPD, FDP – sie rackern und ackern und kommen doch nie in die Nähe der Macht. Strauß sagte: „Wir brauchen keine Opposition, wir sind schon Demokraten.“

R wie Regensburg

Die schönste Stadt Bayerns, die Altstadt mit ihren Gassen und Winkeln wie gegossen an der Donau. Es gibt weiter unverfälschte, auch ein bisschen heruntergekommene Ecken.

S wie Siemens

Ein großer Technik-Konzern, der für den wirtschaftlichen Aufstieg Bayerns steht. Die Beschäftigten schimpfen gern, sehen sich aber dennoch stolz als eingeschworene „Siemensianer“.

T wie TSV 1860 München

Sympathischer Antipode zum Protz-FC-Bayern mit Verlierercharme. Ganz Giesing geht unverdrossen ins Sechzger-Stadion.

U wie Ude, Christian

Sozialdemokrat und populärer Münchner Ex-OB. Ein Beispiel, dass die SPD in Bayerns Kommunen nicht tot ist.

V wie Volksbegehren

Ein starkes Instrument der direkten Demokratie, mit dem das Volk der Staatsregierung Paroli bieten kann. Eingeführt wurden das Rauchverbot in der Gastronomie und der Artenschutz („Rettet die Bienen“), abgeschafft die Studiengebühren.

W wie Weißwurst

Mystifizierte Brühwurst, die ohne Naturdarm verzehrt wird, also gezuzelt. Das gilt aber nur für gebürtige Bayern, andere dürfen sie normal schneiden und mit Darm verspeisen.

X wie Xaver

Typischer bayerischer Vorname. Xaver ist ein älterer, etwas korpulenter Bayer mit grauem Schnauzbart. Er trägt karierte Hemden und ab und zu eine Lederhose. Gemütsmensch. Ähnlich wie der Toni (Anton) oder der Schorsch (Georg). Verheiratet sind sie mit der Franzi (Franziska), der Traudl (Edeltraud) oder der Vroni (Veronika). Das war einmal.

Y wie Yuppie

Vor allem in München waren das sehr karriereorientierte, selbstbewusst bis arrogant auftretende junge Menschen. Teure Kleidung. BWL oder Jura. Vom Papi geschenkter kleiner BMW. Mittlerweile dominieren aber Nerds und Woke.

Z wie zweite Stammstrecke

Aua. Das Megaprojekt einer zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München wird nicht wie angenommen 3,8 Milliarden Euro kosten, sondern laut neuen Schätzungen 8,5 bis 14. Fertigstellung nicht wie geplant 2028, sondern frühestens 2037. Hämische Bemerkungen über den Berliner Flughafen oder Stuttgart 21 fallen in Bayern nun seltener.