Viele Container liegen im Hafen von St. Petersburg fest. Die Sanktionen der EU entfalten allmählich ihre Wirkung. Foto: dpa/Igor Russak

Laut der EU-Kommission entwickeln die wegen des Ukraine-Kriegs bereits verhängten Strafmaßnahmen allmählich ihre erhoffte Wirkung. Die Behauptung des Kreml, dass das Land nicht auf Importe angewiesen sei, entpuppt sich auch für Normalbürger als leere Versprechung.

Die EU erhöht den Druck auf Russland. Geplant ist ein Importstopp für russisches Gold. EU-Vizekommissionspräsident Maros Sefcovic sagte am Rande eines Treffens der Europaminister in Prag, geplant seien „Sanktionen gegen Gold, das ein wichtiges Exportgut Russlands ist“. Zudem sollen einige Schlupflöcher geschlossen werden. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar hat die EU sechs Sanktionspakete gegen Moskau beschlossen.

Russlands Exporte von Sanktionen betroffen

Unterdessen wird deutlich, dass die verhängten Maßnahmen gegen Russland langsam die erhoffte Wirkung entfalten. Nach Angaben der EU-Kommission ist inzwischen fast die Hälfte der bisherigen russischen Exporte in die EU von den Sanktionen betroffen. Diese Zahl wird sich erhöhen, da etwa für Kohle eine Frist für die Abwicklung bestehender Verträge gilt und die Sanktionen hier erst ab August 2022 wirken.

Betroffen sind auch die Rohölimporte in die EU, die sich 2021 auf rund 48 Milliarden Euro beliefen, hinzu kommen Erdölprodukte für 23 Milliarden Euro. 90 Prozent davon sollen wegfallen, wenn ab 5. Dezember die Einfuhr von russischem Rohöl über den Seeweg verboten ist. Vom 5. Februar an gilt dasselbe für verarbeitete Erdölerzeugnisse. Das ist ein schwerer Schlag, da sich Russlands Staatshaushalt fast zur Hälfte aus den Öleinnahmen speist. Russland muss sein Öl bereits mit großen Abschlägen auf dem Weltmarkt verkaufen.

Elektronik darf nicht mehr eingeführt werden

Probleme bereitet Russland auch, dass viele Hightechprodukte nicht mehr aus der EU eingeführt werden dürfen. Dazu zählen etwa hochwertige Elektronik und Software, aber auch Ersatzteile oder Ausrüstung aller Art für Flugzeuge und Hubschrauber – und Technik, die in Raffinerien benötigt wird.

Das EU-Ausfuhrverbot lähmt nach Einschätzung der EU schon jetzt Russlands militärische Fähigkeiten. Wichtige Rüstungsfabriken, die zum Beispiel Luft-Luft-Raketen und Panzer produzieren, mussten demnach bereits wegen des Mangels an Importgütern schließen. Zudem treffen die EU-Ausfuhrverbote IT-Firmen, Mobilfunkanbieter und die russische Autoindustrie, heißt es in Brüssel. Nach dem Weggang westlicher Autobauer werden in Russland nun sowjetische Marken wie der Moskwitsch wiederbelebt.

Russlands zivile Luftfahrt ist betroffen

Russlands zivile Luftfahrt leidet nach EU-Angaben unter dem Verbot, in den europäischen Luftraum fliegen zu dürfen – vor allem aber auch unter den von der EU und den USA erlassenen Ausfuhrbeschränkungen für Ersatzteile und Services. Die meisten russischen Fluggesellschaften sind aus EU-Sicht nicht mehr in der Lage, internationale Sicherheitsanforderungen zu erfüllen.

Aus dem Kreml ist zwar immer wieder zu hören, dass die russische Wirtschaft nicht auf die Importe angewiesen sei und sich in Zukunft selbst versorgen werde. Das aber entpuppt sich inzwischen auch für die Normalbürger als leere Versprechung. Aus Moskau haben sich westliche Ketten zurückgezogen, in Einkaufszentren stehen ganze Ladenzeilen leer. Kinosäle müssen schließen, weil es keine Hollywoodfilme mehr gibt.

Eine weitaus größere Gefahr für die Zukunft Russlands ist, dass viele junge Menschen ihre Heimat verlassen. Nach Schätzungen der EU haben zuletzt rund 70 000 IT-Spezialisten das Land verlassen, und weitere 100 000 dürften folgen.