“Hat’s geschmeckt?“ Foto: Unsplash/Andre Hunter

Irgendwas ist immer. Was auf jeden Fall zur Beruhigung beiträgt: Bei einem miesen Glas Wein entspannen oder einfach mal ein paar Servicekräfte im Internet beleidigen.

In einer Parallelwelt sagen Erwachsene: „Also, abends entspanne ich gerne bei einem miesen Glas Wein und lese ein langweiliges Buch.“ Ja, schon klar. Braucht niemand. In unserer Freizeit wollen wir das Beste, und zwar sofort. Freunde von mir haben sich auch eine lustige Freizeitbeschäftigung erschlossen: Sie lesen sich gegenseitig Google-Bewertungen von Restaurants vor und versuchen zu erraten, um welches Etablissement es sich handeln könnte. Da geht’s mitunter ruppig zu. Also, nicht bei den Freunden, sondern in den Bewertungen.

Es hat fast den Anschein, Menschen würden Restaurants oder gehobene Imbissbuden lediglich noch aufsuchen, um den Betreibern später stinkstiefelig zu signalisieren, dass sie das selbst viel besser gekonnt hätten, jetzt leider ziemlich enttäuscht sind und nie, nie, nie mehr wiederkommen werden. „Gruß aus der Küche lächerlich. Wenig Raffinesse“. Gruß an die Küche: Mittelfinger.

Wir wissen alle, wessen Schuld das ist

Manchmal ist es auch lustig, was Kunden bemängeln: Zum Beispiel fehlende Sitzplätze in der muffigen Imbissbude bei uns um die Ecke. Das werte ich eher als humanitären Akt, nicht als Frechheit. Das ist eine Imbissbude – wer da zum Candle-Light-Döner einkehren will, hat größere Probleme als fehlendes Mobiliar.

Mein Favorit: „Die Angestellten reden alle zu laut.“ Unbedingt merken, falls die Karriere als Kommentarspaltenkritiker ins Stocken gerät und man auf Monarch oder Monarchin umschulen muss. Wichtig wäre, beim Vortrag allerdings theatralisch mit der Hand zu wedeln. Solch feine Nuancen gehen im Internet leider oft unter.

Aber am Ende läuft es eh immer auf die Servicekraft raus, irgendjemand muss schließlich an allem schuld sein. Wenn wir schon den Putin nicht nach Den Haag bekommen, dann stellen wir eben die mies bezahlte Servicekraft vor Gericht, weil sie irgendwie falsch gelächelt hat.

Die schottische Popgruppe Belle & Sebastian hat vor 20 Jahren eine ganze Platte nach einer mutmaßlich schusseligen Kellnerin benannt, der bei der Arbeit nur wenig geglückt ist: „Dear Catastrophe Waitress“. Die Platte ist sehr schön – und ruhig.

Und in einer Parallelwelt sagt die Frau vom Service: „Also, was mir während der Pandemie am meisten gefehlt hat: Niemand hat mich im Internet als unfähige Schnalle beleidigt!“