Hier liegt Kreativität in der Luft: Anu Paflitschek (links) mit Tochter Siri im Atelier Pferdestall Foto: Petra Bail

Die Initiative Mahlwerk macht seit 34 Jahren kontinuierliche Kulturarbeit in Plochingen. Anu Paflitschek ist der Motor, Tochter Siri bietet Kunstkurse im Kulturpark Dettinger an. Für die Stadt ist das Engagement ein Glücksfall.

Seit 34 Jahren ist die Initiative Mahlwerk in Plochingen in Sachen Kultur bürgerschaftlich aktiv. Eine Handvoll kunstinteressierter Bürgerinnen und Bürger schlossen sich 1988 zusammen und gründeten ein Jahr später, unter dem Vorsitz von Manfred Hoppe, den Verein, der sich schnell von anfangs 32 Mitgliedern bis heute bei etwa 100 Personen eingependelt hat. Sehr früh haben die Mitglieder das Potenzial des Dettinger-Geländes erkannt und darauf hingewirkt, dass der Kulturpark entsteht.

Kunterbunte Farbkleckse an den Wänden

Motor der Initiative Mahlwerk ist inzwischen Anu Paflitschek. 1999 übernahm sie den Vorsitz von Manfred Hoppe und hat ihn bis auf ein kurzes Zwischenspiel, das Jakob Harich zwischen 2009 und 2011 als Leiter des Vereins gab, bis heute inne. Die rührige 71-Jährige steht, wie gewohnt, im Malerkittel im Atelier Pferdestall. Das historische Gebäude hat der Verein im Kulturpark Dettinger von der Stadt Plochingen kostenfrei zur Verfügung bekommen und in Eigeninitiative nutzbar gemacht. Drei Jahre lang sanierten die Mitglieder und machten aus dem historischen Pferdestall auf dem Gelände der einstigen Mühlsteinfabrik Dettinger vor genau 30 Jahren eine veritable Künstlerwerkstatt. Deshalb nennt sich die malende Initiative auch Mahlwerk mit „h“.

Dort haben die Mitglieder Gelegenheit, selbst schöpferisch tätig zu werden. Nach drei Jahrzehnten reger Nutzung, ist aus den Räumlichkeiten ein Bilderbuchatelier geworden. An den Wänden und am Boden erzählt ein großer Schwarm kunterbunte Farbkleckse von den vielen Malstunden, die Anu Paflitschek dort ehrenamtlich abgehalten hat: Kurse für Kinder, Erwachsene, Senioren, Kindergärten, Schulklassen und verschiedene Einrichtungen. Inzwischen hat sie reduziert. Sie gibt Anregungen für Senioren und Mitglieder, die dort selbst malen wollen. „Ich schließe die Tür auf, schließlich ist der Pferdestall das Vereinsheim.“

Seit Corona ist der Andrang zurückgegangen

Die Kinderkurse hat Tochter Siri Paflitschek vor fünf Jahren übernommen. Die 34-jährige freischaffende Künstlerin mit Modedesign-Ausbildung hat das Kunst-Gen der Mutter geerbt. „Ich bin im Pferdestall groß geworden. Dort habe ich mein erstes Bild mit fünf Jahren gemalt“, erzählt sie. Nach einem Abstecher am Theater konzentrierte sie sich auf das Kinder- und Jugendangebot im Pferdestall, an dem bis zu 60 Jungen und Mädchen monatlich teilgenommen haben. Seit Corona ist der Andrang stark zurückgegangen. Es gibt auch freie Plätze für Flüchtlingskinder oder sozial Benachteiligte, die kostenlos teilnehmen dürfen. „Man steckt viel Arbeit rein, aber die Nachfrage ist im Moment gering“, bedauert Siri Paflitschek. Wie’s weiter geht wird sich zeigen.

Einst gab es eine Theatergruppe, den „Plochinger Einseiter“, eine Literaturaktion mit dem Lyriker Johann Sziklai, die Galerietätigkeit wurde von den Mahlwerkern im alten Heizungskeller des Rathauses angeschobent, es gab Malaktionen bei Festen und eine Kleinkunstbühne auf dem Marquardtfest. Ein kubanischer Künstler fand 2017 Mal-Asyl im Pferdestall, eine Ausstellung seiner Werke in der Steingießerei folgte. Auch das Kunstcafé im Pferdestall lief ein Jahr lang super, so lange es von der Vorsitzenden organisiert wurde. Es sollte zum Jour fix werden, aber es schlief ein, weil sich niemand fand, der es weiterführte. Bürgerschaftliches Engagement im Kulturbereich ist schwierig. Hinzukommt, dass nur 20 der insgesamt 100 Mitglieder aus Plochingen direkt stammen.

US and Them proben unterm Dach des Pferdestalls

Nach dem Umzug in die neuen Räume steuert die Initiative Mahlwerk jährlich zwei Präsentationen für das Ausstellungsprogramm der Galerie der Stadt Plochingen bei, auch die Steingießerei wird immer wieder bespielt. Die Stadt zeigt Anerkennung für diese ausdauernde Leistung. Anu Paflitschek hat 2015 die Verdienstmedaille der Stadt Plochingen für ihr Engagement im Bereich Kunst und Kultur erhalten. Dass sie seit vielen Jahre die tragende Säule des Vereins ist, betont auch Kulturamtsleiterin Susanne Martin. „Der Verein spielt historisch eine wichtige Rolle.“ Die Mitglieder finden ein Forum und vor allem der niederschwellige Zugang zur Galerie ist der Kulturamtsleiterin wichtig, ebenso, wie die Feststellung, dass die Band US and Them zur Initiative Mahlwerk gehört. Der Probenraum ist unterm Dach im Pferdestall und sie spielen wieder bei der langen Kunstnacht am 5. Mai.

Aktiv und präsent

Ausstellungen
Arbeiten von Kindern am 22. und 23. Juli in der Steingießerei, Malerei von Margit Schranner vom 2. November bis 23. Dezember in der Galerie der Stadt Plochingen. Finanziert werden die Aktivitäten von den Mitgliedsbeiträgen, die seit zwei Jahrzehnten bei 25 Euro pro Person liegen.

Kurse
Einmal im Monat gibt es samstags einen kostenlosen Schnupperkurs für Erwachsene, die eventuell Mitglied werden wollen. Malgruppen für junge Menschen zwischen fünf und 17 Jahren finden regelmäßig statt, ebenso wie Kinderkunsttage und Ferienprogramme für Schulkinder. Weitere Informationen online unter www.initiative-mahlwerk.de