Der Verband Region Stuttgart legt Pläne für mögliche Vorranggebiete vor. Die Bürgerinnen und Bürger sollen sich nun zu dazu äußern.
„Der Ball liegt jetzt bei Ihnen“, sagte Thomas Kiwitt, der Leitende Technische Direktor beim Verband Region Stuttgart in Richtung der Zuhörerschaft. „Sie haben die Gelegenheit, sich einzubringen und dadurch mitzugestalten.“ Er bedankte für die sachlichen Beiträge, was bei dem Thema nicht immer so sei. Schließlich ging es am Donnerstag in der Aula im Rutesheimer Schulzentrum um das Thema Windenergie. Der Verband Region Stuttgart (VRS) hatte zu einem von mehreren Informationsabenden eingeladen, an dem die Planer erklären, nach welchen Kriterien Windvorranggebiete festgelegt werden und warum diese Planungen für das lokale Umfeld wichtig sind.
„Bei uns hat sich seit dem Krieg in der Ukraine der Wind deutlich gedreht“, sagte die Rutesheimer Bürgermeisterin Susanne Widmaier zu den etwa 70 Zuhörerinnen und Zuhörern, darunter viele Gemeinde-, Kreis- und Regionalräte sowie der Vorsitzende des Regionalverbands, Thomas Bopp. „Wir merken in Sachen Windenergie ein Umdenken, auch in unserem Gemeinderat“, so die Bürgermeisterin. Leider habe sich aber auch eine große Emotionalisierung entwickelt.
Große Emotionalisierung beim Thema Windenergie
Um einer solch aufgeladenen Diskussion vorzubeugen, machte Thomas Kiwitt deutlich, dass eine allgemeine Diskussion zur Energiewende nicht Gegenstand des Info-Veranstaltung sei. Details zu einzelnen Vorranggebieten oder Standorten seien Sache des Planungsverfahrens. Am Ende des Planungsprozesses entscheide die Regionalversammlung darüber. 1,8 Prozent ihrer Fläche muss jede der 12 Regionen im Land für mögliche Windenergieanlagen ausweisen. Dies legen Bundes- und Landesgesetze so fest. Das sei in dicht besiedelten Regionen wie im Großraum Stuttgart schwierig, sagte der Verbandsdirektor Alexander Lahl. „Doch wenn wir dieses Ziel nicht schaffen, können wir später nicht mehr definieren, wo welche Flächen für Windenergie genutzt werden“, betonte er die Bedeutung der Teilfortschreibung des Regionalplans für Windkraftanlagen. „Wenn wir 1,8 Prozent der Fläche der Region für Windenergie ausweisen, dann können außerhalb dieser keine Windräder gebaut werden“, erklärte Kiwitt. Wenn das Ziel aber verfehlt werde, könne es zu einer „Super-Privilegierung“ kommen, das heißt, Windräder dürften dort gebaut werden, wo es nicht ausdrücklich verboten ist.
Auf rund 34 Prozent der Fläche der Region Stuttgart gibt es laut dem Windatlas von 2019 genügend Wind, um Windräder zu betreiben. Anhand eines umfangreichen Katalogs von Kriterien wurde diese auf aktuell 2,6 Prozent heruntergebrochen, worin eine Sicherheitsreserve für weitere Planungsoptimierung enthalten sei. Ein wichtiger Baustein der Planungen ist die umfangreiche Umweltprüfung und der daraus resultierende Umweltbericht samt Steckbriefen der einzelnen Vorranggebiete. Darin werden detailliert die Situation vor Ort und mögliche Umweltbeeinträchtigungen beschrieben – eine gute Informationsquelle über die aktuell ausgewiesenen Vorranggebiete im lokalen Umfeld. Dort heißt es etwa für das Gebiet BB-32 im Westen von Rutesheim und Weissach an der Grenze zum Enzkreis unter anderem: „Das Vorranggebiet liegt teilweise in einem Landschaftsschutzgebiet. Eine Beeinträchtigung der Erholungsfunktion des Gebietes und des Landschaftsbildes ist anzunehmen.“
Frage nach Austausch zwischen den Regionen
Eine Zuhörerin aus Heimsheim fragte nach dem Austausch zwischen den Regionen. „Wir werden da sonst vielleicht von Windrädern umzingelt“, so ihre Befürchtung. Es gebe Gespräche mit den Nachbarn für grenzüberschreitende Lösungen, um so etwas zu vermeiden, so die Planer. Die Leonberger CDU-Stadträtin Elke Staubach fragte, was mit Flora-Fauna-Habitat-Gebieten sei. Diese seien – anders als Landschaftsschutzgebiete – aus den Planungen herausgenommen worden, lautete die Antwort. Andreas Steinecke vom Leonberger Nabu sorgt sich um die Vögel, die auch in den Steckbriefen erwähnt werden. Martin Jäckle, Kreisrat aus Weissach, wollte wissen, wie groß der Abstand zur Bebauung ohne Ausweisung von Vorranggebieten sein muss. Mindestens 700 Meter, so Thomas Kiwitt. Die Regionalplaner hätten gern einen größeren Abstand zur Bebauung als die angewandten 800 Meter angelegt, aber dann sei das Ziel von 1,8 Prozent nicht zu erreichen.
Jetzt sind die Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, konkrete Rückmeldungen zu den Planungen zu geben. Sie haben wie die Kommunen und Träger öffentlicher Belange bis 2. Februar Zeit, ihre Stellungnahmen beim Regionalverband einzureichen. Wie das genau möglich ist, darüber informiert der VRS auf seiner Homepage. Dort sind auch alle Vorlagen und Pläne zu finden. Im April soll der Regionalverband die Stellungnahmen öffentlich behandeln.