Doris Wehrle steht in der Kleiderkammer der Caritas-Stelle Fellbach. Gespendete Kleidung erhalten Bedürftige aus Fellbach kostenfrei nach Terminvereinbarung. Foto: Gottfried Stoppel

Doris Wehrle von der Caritas-Stelle Fellbach bietet niederschwellige Sozialberatung an. Sie erfährt in ihrer täglichen Arbeit, welche Gesichter die Armut in der Stadt hat. Und sie beobachtet, dass sich die Lage vieler Bedürftiger verschärft hat.

Es ist ein Kommen und Gehen an diesem Nachmittag – immer wieder klingelt es, manche klopfen auch ans Fenster des kleinen Büros, in dem Doris Wehrle von der FellbacherCaritasstelle in der Pfarrer-Sturm-Straße 4 arbeitet. Die soziale Beratung läuft zwar über Terminvereinbarung. Doch hier ist auch die Kleiderkammer untergebracht, im Untergeschoss. Wer Kleidung abgeben möchte, soll ohne Termin zu den Öffnungszeiten des Büros vorbeikommen und diese abgeben. „Eine Terminvereinbarung dafür können wir personell nicht leisten, und das wäre auch nicht nötig“, sagt Doris Wehrle. Sie bittet, die Kleiderspende nicht vor verschlossener Tür abzustellen. Die Spenden sollen schließlich nicht durchwühlt oder auseinandergenommen in der Kleiderkammer ankommen.

Ein ehrenamtliches Team hilft in der Kleiderkammer

Die Spenden werden von einem ehrenamtlichen sechsköpfigen Team in der Kleiderkammer sortiert und eingeräumt. Kleidung sei immer willkommen, sagt Doris Wehrle. Sie führt sogar eine Statistik. Mehr als 400 Stücke sind demnach beispielsweise an einem Mittwoch zwischen 14 und 18 Uhr herausgegeben worden. Die Kleiderausgabe läuft über Terminvereinbarung. Das Angebot ist ausschließlich für Bedürftige aus Fellbach und für sie kostenfrei.

In der Kleiderkammer war Doris Wehre 17 Jahre lang ehrenamtlich aktiv. Gemeinsam mit Traude Heilig, der langjährigen Vorgängerin in der Caritas-Sozialberatung. Seit September 2021 ist nun Doris Wehrle dort im Einsatz. Seither habe sich einiges verändert, sagt sie. Es sei spürbar, dass sich die Not vieler Menschen verschärft habe.

Der Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 und die dem folgende hohe Inflation habe viele Menschen an den Rand ihrer finanziellen Kräfte gebracht. „Vielen hat dies das Genick gebrochen“, sagt Doris Wehrle. In der Sozialberatung erfährt sie von Menschen, die mit wenig Geld auskommen müssen, die von Schicksalsschlägen oder auch von Krankheit gezeichnet sind. Große Summen an Stromnachzahlungen und Abschläge würden klaffende Löcher in das Budget einiger Klienten schlagen. Bis die Unterstützung dann anlaufe, dauere es einige Zeit. „Dazwischen fallen die Menschen in ein großes Loch“, schildert Doris Wehrle die Not, „die Menschen, die am Limit leben, haben kein Polster.“

Vor allem Frauen sind von Armut im Alter betroffen

In der Beratung gehe es vor allem darum, den Klienten Orientierung und Unterstützung zu bieten. So kann etwa geklärt werden, ob sie Ansprüche bei der Wohngeldstelle haben oder andere Hilfen bekommen können. Natürlich frage sie nach, warum und wie die einzelnen Leute in die Notlage gelangt seien. Menschenkenntnis und Empathie seien wichtige Voraussetzungen für ihre Aufgabe, sagt die Sozialberaterin.

Aber es gebe auch Bedürftige, an die sie nur schwer herankomme. „Ich würde sehr gerne auch die Menschen erreichen, die mit Armut im Alter kämpfen“, sagt Doris Wehrle. Es habe Besprechungen und Austausch mit verschiedenen Kooperationspartnern in der Stadt gegeben, um nach Wegen zu suchen, um Notleidende im Alter ansprechen zu können. „Die Leute schämen sich, herzukommen“, sagt Doris Wehrle.

Vor allem Frauen sind ihrer Erfahrung nach von Altersarmut betroffen. „Sie haben den Haushalt geführt oder auch lange in schlecht bezahlten Jobs gearbeitet“, sagt sie. Das bittere Ergebnis sei eine karge Rente, die teils unter der Grundsicherung liege. „Manche der Rentnerinnen könnten Wohngeld bekommen“, sagt Doris Wehrle, „niemand sollte sich wegen seiner Armut im Alter schämen.“

Menschen, die am Rand der Gesellschaft landen

Ratlos macht die Sozialberaterin, weshalb in letzter Zeit keine Obdachlosen mehr Hilfe bei der Fellbacher Caritas-Stelle suchen. Auch bei der traditionellen Nikolausfeier hätten leider keine Wohnungslosen Menschen teilgenommen. Die Caritas-Stelle sammele eigens warme Decken, Skihosen und Schlafsäcke, die sie für Menschen, die auf der Straße leben, bereit halten.

Das Schicksale der Menschen bewegt Doris Wehrle. Immer wieder sind es Menschen, die von der Mitte am Rand der Gesellschaft landen. Wie etwa der einst erfolgreiche Selbstständige, der nach der seiner Scheidung aus der Bahn geworfen wurde, schwer erkrankte und seine Arbeit nicht mehr ausüben konnte. Es folgten Insolvenz und die Kündigung der Wohnung.

Der Bedarf an Beratung wächst

Zwölf Stunden pro Woche ist das Büro der Sozialberatung der Caritas geöffnet. Der Bedarf wäre jedoch viel höher, sagt Doris Wehrle. Die Caritas-Stelle hat auch einen Spendentopf, um in einzelnen Notfällen direkt zu helfen. Und sie ist auch Partner der Weihnachtsaktion 6666. Diese Spendenaktion macht sich in der Weihnachtszeit bereits seit vielen Jahren für notleidende Menschen in Fellbach stark.

Hilfe in Notlagen

Termine
 Die Caritas-Stelle Fellbach befindet sich in der Pfarrer-Sturm-Straße 4. Terminvereinbarungen sind unter der Telefonnummer 0711 / 95 79 06-24 möglich oder auch per E-Mail an Doris.Wehrle@caritas-fellbach.de. Die Bürozeiten sind dienstags von 14 bis 18 Uhr sowie immer mittwochs von 8 bis 12 Uhr und 14 bis 18 Uhr.

Angebot
 Die Caritas in Fellbach bietet Soziale Lebens- und Kurberatung (Müttergenesungswerk), Hilfe bei Notlagen und eine offene Kleiderkammer an. Der Deutsche Caritasverband ist der katholische Verband der Freien Wohlfahrtspflege und Deutschlands größter Wohlfahrtsverband.