Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg befürwortet den Beitritt der Ukraine zu dem Verteidigungsbündnis. Zuerst aber müsse der Krieg beendet werden. Foto: AFP/SIMON WOHLFAHRT

Das Bündnis berät in Brüssel über weitere Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Auch die nukleare Abschreckung ist wieder ein Thema.

Premiere bei der Nato. Zum ersten Mal sind führende Vertreter der Rüstungsindustrie am Donnerstag zu einem Treffen des Verteidigungsbündnisses eingeladen. Im Brüsseler Hauptquartier wollen beide Seiten vor allem ihre Erwartungshorizonte für die Zukunft definieren. Grund für dieses ungewöhnlichen Gesprächsformat ist die Tatsache, dass die Unterstützung des Westens für die Ukraine im Kampf gegen den Aggressor Russland die Schwierigkeiten, etwa bei der Munitionsbeschaffung, schonungslos offengelegt hat.

Es würden keine Verträge vorbereitet, wird von Seiten der Nato ausdrücklich betont. Es werde aber sicherlich über zukünftige Produktionsstandards gesprochen, mit denen verhindert werden kann, dass jedes Nato-Land seine eigene Munition herstellt und auf diese Weise Kapazitäten unnötig gebunden werden.

Nato-Sicherheitsgarantien für die Ukraine

Einer der Hauptpunkte des Treffens am Donnerstag und Freitag wird aber die Frage sein, welche Sicherheitsgarantien der Ukraine nach dem Ende des Krieges langfristig gegeben werden können, damit das Land nicht erneut von Russland überfallen wird. „Ziel ist es, dass die Ukraine in die Nato aufgenommen wird“, betonte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch. Doch er ließ durchblicken, dass Kiew noch einen langen Weg zu gehen habe, da die Standards in vielen Bereichen erst auf Nato-Niveau gebracht werden müssten. Aus den Reihen des Bündnisses heißt es, dass damit nicht nur die Waffentechnik gemeint ist. So müssten etwa die Geheimdienste grundsätzlich reformiert werden und auch der Kampf gegen die grassierende Korruption sei eine der zentralen Aufgaben für Zukunft.

Reaktion auf den russischen Imperialismus

Wegen des aggressiven russischen Imperialismus steht beim Treffen der Verteidigungsminister auch die laufende Anpassung der atomaren Abschreckung auf dem Programm. Man erlebe weiter eine rücksichtlose nukleare Rhetorik aus Moskau, sagte Generalsekretär Stoltenberg. Zudem habe Russland zuletzt den atomaren Rüstungskontrollvertrag „New Start“ ausgesetzt und Pläne zur Stationierung von Atomwaffen in Belarus angekündigt. Aus diesem Grund werde man sich bei einem Treffen der Nuklearen Planungsgruppe mit den nuklearen Aspekten des aktuellen Sicherheitsumfelds befassen.

Streit um den Nato-Beitritt Schwedens

Vorbereitet werden soll in Brüssel auch der mögliche Beitritt Schwedens zur Nato beim nächsten großen Gipfel Mitte Juli in Vilnius. Hinter den Kulissen besteht weiter die Hoffnung, das Land als 32. Mitglied begrüßen zu können. Gebremst wurde der Optimismus am Mittwoch aber durch eine Nachricht aus Ankara. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Zustimmung seines Landes zum Nato-Beitritt Schwedens in den nächsten Wochen in Zweifel gezogen. „Schweden hat Erwartungen, aber das bedeutet nicht, dass wir uns an diese Erwartungen halten“, sagte Erdogan laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Erdogan warf Schweden erneut vor, nicht entschieden genug gegen „Terrororganisationen“ vorzugehen. Die Türkei fordert vor diesem Hintergrund auch immer wieder Auslieferungen. Schwedens Oberstes Gericht hatte kürzlich die erste Auslieferung eines PKK-Anhängers an die Türkei genehmigt und zudem seine Terrorgesetze verschärft. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte am Mittwoch in Brüssel, dass Schweden alle Anforderungen der Türkei erfüllt habe.