Der Sender RT ist ein Propagandainstrument Moskaus. Nun soll er in der EU blockiert werden. Foto: dpa/Pavel Golovkin

Die EU will Russlands im Ausland aktive Staatsmedien, die TV-Gruppe RT und das Radionetzwerk Sputnik, ausschalten. Leicht wird das nicht.

Stuttgart - Es ist eine kämpferische Botschaft, die Ursula von der Leyen da via Twitter verbreitet. Man werde, verkündet sie in ihrer Eigenschaft als EU-Kommissionspräsidentin, die Propagandamaschinerie des Kremls, unter anderem die Staatsmedien RT und Sputnik, verbieten. „Wir arbeiten an Werkzeugen, um deren toxische und schädliche Desinformation in Europa zu unterbinden.“ Solch eine Blockade braucht allerdings drei Bausteine: eine inhaltliche Begründung, die technische Möglichkeit und ein juristisches Fundament in auf Meinungsfreiheit eingeschworenen Gesellschaften.

Hilfe für Putin durch westliche Werber

Der TV-Sender RT mit seinen diversen Ablegern – RT Deutsch zum Beispiel – und das Radionetzwerk Sputnik befinden sich fraglos in russischem Staatsbesitz. Sie sind Instrumente von Wladimir Putins Außen- und Machtpolitik, aber längst keine so plumpen wie ihre Vorläufer aus Sowjetzeiten. RT Deutsch etwa mischt ganz normale Nachrichten und Reportagen sehr geschickt mit Fake-News, Verdrehungen, Einseitigkeiten. Der Sender dockt über all dort an, wo Unzufriedenheit, Misstrauen, Groll und Verunsicherung spürbar werden, und schürt Vorbehalte, Ängste, Konspirationstheorien. Das Ganze wird dann präsentiert als objektive Korrektur einer einseitigen Berichterstattung durch westliche Medien.

Deren reale gelegentliche Fehlleistungen werden begierig aufgegriffen, vor allem aber wird mit dem Überforderungsgefühl mancher Menschen angesichts komplexer Informationsströme gearbeitet. RT bietet dem Nutzer an, alle anderen Informationsquellen als Propaganda zu verwerfen und sich der Weltinterpretation aus einer Hand öffnen zu dürfen – bei gleichzeitigem Kitzel des Selbstwertgefühls, man sei nun endlich ein zur Mündigkeit zurückgekehrter Bürger. Wie wirkungsvoll das umgesetzt ist, sollte wenig überraschen. Die 2009 gegründete TV-Maschinerie RT und das 2014 gestartete Radiogeflecht Sputnik wurden mithilfe westlicher Werbe- und Kommunikationsagenturen aufgebaut, die neueste Einblicke gaben in die Psychologie westlicher Mediennutzer und die Wege, darauf Einfluss zu nehmen.

Zulauf für die sumpfigen Ränder

Allerdings sind krause Ansichten, interessengelenkte Verdrehungen und dreiste Lügen in einer freien Gesellschaft per se nicht verboten. Man kann deswegen eine Sendelizenz verlieren oder gar nicht erst erhalten, was Deutschland im Kampf gegen RT bereits nutzt. Aber die Verbreitung von Nachrichten, die RT und Sputnik offiziell aus Redaktionen in Drittländern erstellen könnten, durch Twitter- und Facebook-Nutzer im Inland wäre damit nicht fassbar. Die EU-Staaten werden zu tun haben, juristisch einwandfreie Blockaden zu errichten.

Technisch müssten dann nicht nur die Internetprovider alle Verbindungen zu entsprechenden Servern kappen. Auch die großen internationalen Plattformen – Google, Youtube, Twitter, Facebook, Whatsapp – müssten mitspielen und Inhalte blockieren. Tatsächlich sind sie einen ersten Schritt bereits gegangen und haben die Verbreitung von russischer Propaganda via Anzeigenschaltung sowie Geldrückflüsse aus Propaganda gesperrt. Die Gefahr dabei ist, dass man neuen Zulauf in sumpfige Ränder der Medienwelt schafft und empfängliche Nutzer noch tiefer in Filterblasen treibt. Das abschreckende Beispiel dafür liefert die von RT mitbefeuerte Radikalisierung der Querdenkerszene beim Messengerdienst Telegram.