Große Emotionen: Das deutsche Team bejubelt den Sieg von Jule Niemeier Foto: dpa/Christoph Schmidt

Lange muss die deutsche Billie-Jean-King-Mannschaft in Stuttgart gegen Brasilien kämpfen, erst das letzte Einzel wird zur klaren Angelegenheit. Nach dem 3:1 qualifiziert sich Deutschland für das Finale des Tennis-Teamwettbewerbs

Erst am Ende wurde es eine klare Angelegenheit. Mit 6:1 und 6:0 schoss Anna-Lena Friedsam im zweiten Einzel des Tages die Brasilianerin Laura Pigossi vom Platz und konnte sich anschließend von ihrem Team und den 1800 Fans in der Stuttgarter Porsche-Arena feiern lassen. Die 28-Jährige setzte den eindeutigen Schlusspunkt unter eine insgesamt umkämpfte Partie, deren Ausgang lange völlig offen war.

„Ich fühle mich unglaublich“, sagte die Siegerin. „Am Freitag sah es fast nach einem 0:2 aus, dann wurde es ein goldener Tag.“ Am Ende hieß es: Spiel, Satz, Sieg Deutschland. Nach dem 3:1-Erfolg fährt die Mannschaft von Bundestrainer Rainer Schüttler zum Finale der besten zwölf Mannschaften. Es wird im November ausgetragen, der Ort steht noch nicht fest. Friedsam sieht auch dort für das deutsche Team gute Chancen. „Wir sind von unserer Spielanlage so breit aufgestellt, dass wir je nach Gegner immer variieren können. Wir müssen uns vor niemandem verstecken.“

Tatsächlich bestach das deutsche Team in den Tagen von Stuttgart, wo am Samstag parallel die Qualifikation zum Porsche Grand Prix startete, durch seinen Teamgeist. Punkt für Punkt wurde von der Bank bejubelt, auf der unter anderem Laura Siegemund Platz nehmen musste. Die Stuttgart-Siegerin von 2017 war nicht fürs Einzel nominiert worden. Stattdessen sorgte Tatjana Maria am Freitag mit einem Kraftakt für den wichtigen 1:1-Ausgleich. Sie hatte bereits mit 3:5 im dritten Satz zurückgelegen, eine Niederlage hätte wohl das Ende aller Träume bedeutet. Doch Maria kämpfte sich noch einmal bravourös zurück, um am Samstag etwas überraschend für Jule Niemeier Platz zu machen. Die Dortmunderin und glühende BVB-Anhängerin mühte sich über drei Stunden, während sich ihr Lieblingsclub direkt nebenan in der Mercedes-Benz-Arena einen ebenso packenden Kampf mit dem VfB Stuttgart lieferte. Am Ende bezwang die Weltranglisten-65. die brasilianische Top-Spielerin Beatriz Haddad Maia (Nummer 14) mit 7:6 (7:3), 3:6, 6:2 und brachte Deutschland auf die Siegesstraße. „Wir haben das Momentum von gestern mitgenommen und ich freue mich, dass ich dem Team helfen konnte“, sagte eine sichtlich gelöste Niemeier: „Ich war sehr nervös und bin extrem stolz, dass ich so zurückgekommen bin.“

Deutsches Team besticht durch Teamgeist

Am Ende ist die Qualifikation für das Finalturnier auch ein schöner Erfolg für Teamchef Rainer Schüttler. 2020 hatte der frühere Profi das Amt von Barbara Rittner übernommen und sein Team im vergangenen Herbst gegen Kroatien vor dem Abstieg bewahrt. Nun die Qualifikation fürs Finale, die angesichts des aktuellen deutschen Potenzials im Damentennis alles andere als eine Selbstverständlichkeit darstellt. Keine Spielerin befindet sich derzeit unter den besten 50 der Welt, weshalb sich erstmals seit langer Zeit keine Deutsche direkt für das Hauptfeld des Porsche Grand Prix qualifizieren konnte. Maria und Niemeier sind nur dank einer Wildcard dabei. Die dreifache Grandslam-Siegerin Angelique Kerber pausiert nach der Geburt ihrer Tochter Liana.

Schüttler spricht selbst von einer kleinen Talsohle, die das deutsche Damentennis im Moment durchschreitet. Umso erfreulicher aus Sicht des Deutschen Tennis Bundes der Erfolg von Stuttgart, der im Herbst seine Fortsetzung erfahren soll.