Der WFV-Verbandstag hat Lothar Mahlings Antrag zugestimmt – auch beim EZ-Pokal sorgt das Thema für Gesprächsstoff. Foto: /Herbert Rudel

Lothar Mahling vom VfB Reichenbach hat mit einem Antrag etwas angestoßen, das die Fußballwelt gerechter machen könnte. Kommt der „Profi-Soli“?

Esslingen/Reichenbach - Ein Antrag des VfB Reichenbach sorgt gerade für viel Aufsehen in der süddeutschen Fußballwelt – und bald wohl auch im Rest der Bundesrepublik. Angestoßen hat das Ganze Lothar Mahling, der Vorsitzende des Freundeskreises des VfB Reichenbach. In dem Papier geht es darum, dass die Amateurvereine mehr von den satten Gewinnen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) abbekommen sollen. Die Erfolgschancen scheinen nicht schlecht zu sein.

Die Idee ist folgende: In Form eines „Profi-Soli“ soll die DFL einen Teil ihrer Erlöse an die Basis weitergeben und damit den Amateurfußball unterstützen. Beim Verbandstag des Württembergischen Fußball-Verbandes (WFV), der am vergangenen Samstag virtuell stattgefunden hat, wurde der Antrag vorgestellt. Die Mitglieder stimmten der gegenüber dem Ursprungsantrag allerdings abgemilderten Version mit einer deutlichen Mehrheit zu. Nun haben sich der WFV und der Süddeutsche Fußball-Verband (SFV) verpflichtet, sich für dieses Anliegen vor dem DFB und der DFL einzusetzen; im kommenden Jahr sind die Neuverhandlungen des Grundlagenvertrages. Der Fußball ist dem „Profi-Soli“ also einen ganzen Schritt näher gekommen.

Erst sollten es zehn Prozent werden

„Ich hätte nicht erwartet, dass es so deutlich ausfallen würde“, sagte Lothar Mahling am Spielfeldrand des EZ-Pokals am Mittwochabend. Im Hintergrund siegte gerade Reichenbach gegen den TB Ruit. Nachdem der 69-Jährige den Antrag zum ersten Mal vorgestellt hatte, habe es sehr viel Gegenwind gegeben. Das war Ende Mai beim Bezirkstag des Fußballbezirkes Neckar/Fils gewesen.

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Der damalige, erste Antrag forderte, dass zehn Prozent der Einnahmen, die die DFL mit der Vermarktung der Medienrechte macht, solidarisch an die Basis gehen sollten. Etwa 177 Millionen Euro, wären das. Noch während des Bezirkstages sprach Thomas Halder, Vorstandsmitglied des WFV, dem Soli wenige Erfolgschancen zu. Doch die Mitglieder unterstützten den Antrag, er wurde beim Verbandstag des WFV thematisiert.

Bosman-Urteil prägt ihn sehr

Zunächst hat es laut Mahling einige kritische Stimmen gegeben. Das Vorhaben sei aussichtslos, man könne die Vertreter des WFV nicht in einen aussichtslosen Kampf schicken. Doch der Gegenwind nahm schlagartig ab, nachdem bei der WFV-Sitzung klar geworden ist: Verhandlungen sind möglich.

Um zu erklären, wie er zu der Idee für den Antrag gekommen ist, muss Mahling ausholen. „Der Amateurfußball bewegt mich, seit ich vor 60 Jahren beim VfB angefangen habe“, sagt er. Durch seinen ehemaligen Job als Journalist und Pressesprecher bekam er zudem ein Bild davon, wie es im Profi-Fußball zugeht. In den 90er-Jahren beschäftigte er sich unter anderem mit dem Bosman-Urteil. „Damals habe ich gemerkt, die Verbände sind nicht beweglich.“

„Das steht in keinem Verhältnis“

Er verbrachte auch einige Zeit in Kanada und sah, wie es in der Eishockeyliga NHL gehalten wird. Dort gibt es eine Gehaltsdeckelung. Spieler und Funktionäre bekämen keine Vergütungen „in diesen obszönen Höhen, die keiner rechtfertigen kann“. Außerdem steigen die Einnahmen der DFL immer weiter, den Amateurvereinen gehe es dagegen gerade angesichts der Coronakrise finanziell schlecht.

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Schon jetzt bekommt die Basis Unterstützung von der DFL. Wie viel das ist, steht im Grundlagenvertrag geschrieben. Dass die solidarische Hilfe aber viel zu wenig ist, veranschaulicht Mahling mit Zahlen: Jährlich bekämen die Amateurvereine ungefähr 20 Millionen Euro von der DFL, mal etwas mehr, mal weniger. Vor Jahren habe sich der Betrag in diesem Bereich eingependelt. Derweil steigen die Einnahmen der DFL von Jahr zu Jahr. Im vergangenen Jahr seien diese 20 Millionen Euro etwa ein Prozent der Gesamterlöse gewesen. „Das steht in keinem Verhältnis“, sagt Mahling.

Ohne Anpfiff kein Sieg

Warum die finanzielle Stütze aus den TV-Einnahmen kommen soll, argumentiert der 69-Jährige so: „Alle Amateurvereine leiden darunter, dass ihre Zuschauer teilweise nicht zu den Spielen kommen, weil im Fernsehen zum Beispiel ein Bundesliga-Spiel übertragen wird.“ Dabei will Mahling gar nicht schlechtreden, dass die DFL satte Gewinne macht. Das sei alles recht so. Der „Profi-Soli“ soll die Verantwortlichen der DFL nur daran erinnern, dass sie eine soziale Verantwortung gegenüber der Basis haben.

„Im Verein diskutieren wir das Thema schon seit zwei Jahren“, blickt der Vorsitzende des VfB-Freundeskreises zurück. Nun hat er sich mit seinen Mitstreitern aus Reichenbach und aus dem Bezirk Neckar/Fils ein Herz gefasst und einen Antrag ausgearbeitet. „Jedes Spiel muss man anfangen, sonst kann man es nicht gewinnen“, sagt Mahling.

Niederlage oder Kräfte bündeln?

Nach dem Bezirkstag hatte er sich mit Vertretern des WFV abgesprochen und eine entschärfte Version ausgearbeitet. Nun sollen es nicht mehr zehn Prozent sein, sondern eine „deutlich verbesserte finanzielle Förderung“, heißt es in dem Antrag. „Wir Amateure haben den Ball kurz vor das Tor der Profis gebracht. Dann mussten wir uns entscheiden: Wollen wir losstürmen und vielleicht verlieren, oder wollen wir unsere Kräfte bündeln?“ Mahling und seine Mitstreiter haben sich für Letzteres entschieden.