Von Dienstag an können auch Apotheker impfen – wenn sie die notwendige Schulung gemacht haben. Foto: dpa/David Inderlied

Von Dienstag an können auch Apotheken ins Impfen gegen das Coronavirus einsteigen. Ein Teil hat auch bereits die notwendige Schulung absolviert. Dennoch warten die meisten noch ab, bis sie überhaupt gebraucht werden.

Stuttgart - Von Dienstag an dürfen auch Apothekerinnen und Apotheker gegen das Coronavirus impfen. Es haben auch schon viele die dafür notwendige Schulung absolviert. Die meisten aber warten noch ab und wollen erst ins Impfen einsteigen, wenn sie das Gefühl haben, auch wirklich gebraucht zu werden.

„Ich warte noch auf mein Zertifikat“, sagt Matthias Oechsner. Den Kurs, dass er auch als Apotheker gegen das Coronavirus impfen darf, hat er gemacht, einen Tag praktische Schulung, dazu vier weitere Lernmodule, die teils online, teils im Selbststudium zu erarbeiten waren. „Ein bisschen wie an der Uni“, schmunzelt Oechsner, der zwei Apotheken in Vaihingen und in Botnang betreibt.

Keiner will es sich mit den Ärzten verscherzen

Doch selbst wenn das Schulungs-Zertifikat noch rechtzeitig käme: gleich am Dienstag würde Matthias Oechsner dennoch nicht mit dem Impfen beginnen. „Ich werde mich zuerst noch mit den umliegenden Ärzten absprechen“, sagt der Apotheker. Schließlich befinde man sich derzeit auch in Stuttgart wieder „in einem Impfloch“. Und dies, obwohl man eine ausgezeichnete Impfinfrastruktur habe, mit Impfstationen in der ehemaligen Sportarena in der City und einem Angebot in der Schleyerhalle, natürlich die vielen niedergelassenen Ärzte, dazu mobile Teams und einen Impfbus.

Stand jetzt will Matthias Oechsner mit dem Impfen „schon noch im Februar anfangen“. Für ihn ist aber entscheidend, „was der Benefit ist für die Impfkampagne“. Der Apotheker kann sich vorstellen, dass er und seine Kollegen noch weitere Menschen beim Impfen erreichen, für die es „einen ganz niederschwelligen Ansatz“ brauche.

Im Apotheken-Alltag ist das Impfen schwierig

Und Oechsner hat auch noch nicht entschieden, wann er das Impfangebot überhaupt machen will. Ins „normale Tagesgeschäft“ lasse sich das nicht integrieren, ist er überzeugt. Drum überlegt er, ob er den Piks am Samstag anbieten soll, wenn die Apotheke am 13 Uhr schließt etwa von 14 bis 18 Uhr. Grundsätzlich findet er zwar, sei „das Impfen eine ärztliche Sache“, stellt der Apotheker fest, aber besondere Lagen wie die Coronapandemie erforderten auch besondere Lösungen. Sollte es zum Beispiel eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission für eine vierte Impfung für alle geben, „dann könnte es wieder zu Engpässen kommen“, findet Matthias Oechsner, „dann müssen wir in den Startlöchern stehen“.

900 Apotheker in der Schulung oder schon fertig

Rund 2500 Apotheken gibt es laut der Landesapothekerkammer in Baden-Württemberg, mit rund 13 000 Apothekerinnen und Apothekern. „Bis jetzt mehr als 900 durchlaufen den Schulungsprozess von der Anmeldung bis zum Abschluss“, sagt Katina Lindmayer, die Pressesprecherin der Kammer. „Mehr als 380 haben die Schulung schon abgeschlossen.“ Wie viele aber bereits am Dienstag die Nadel setzen, war am Montag noch nicht zu sagen. Gegebenenfalls aber kann man am ersten Tag dann immerhin schon Impftermine buchen (https://www.lak-bw.de/index.php?id=1674).

Nach den Rückmeldungen, die von Mitgliedern bei der Kammer eingehen, halten es viele wie Matthias Oechsner. „Sie wollen bei dem hohen Impfangebot nicht mit anderen in Konkurrenz treten“, sagt Katina Lindmayer. „Keiner will es sich mit den umliegenden Ärzten verscherzen.“ Man mache deshalb die Schulung, warte ab, ob man gebraucht werde, und wenn das eintrete, sei man da.

Warten auf die Empfehlung für die vierte Impfung

So sieht das auch Ulrike Stehl. „Wir sind geschult, wir stehen bereit, wir haben uns auf der Plattform für die Terminvergabe angemeldet“, sagt die Eigentümerin der Westendapotheke im Stuttgarter Westen. „Aber wir sind nicht ganz vorne dabei.“ Ulrike Stehl hat sich für dieses Vorgehen entschieden, obwohl sie, seit die Debatte läuft, jede Woche eine Handvoll Anfragen von Kunden fürs Impfen hat. Aber auch Ulrike Stehl verweist auf die sehr gute Impfinfrastruktur in Stuttgart. „Im ländlichen Raum ist das etwas anderes“, schätzt sie, „wo nicht so viele Ärzte im Umfeld sind“. Von heute aus betrachtet, schätzt die Apothekerin: „Wir beginnen erst im März.“ Für sie ist entscheidend, dass eine Situation eintritt, in der „es die Ärzte nicht mehr stemmen können – dann sind wir gerne dabei“. Auch Stehl kann sich vorstellen, dass diese Lage eintreten könnte, wenn eine vierte Impfung, der zweite Booster, von der Stiko empfohlen wird.

Viel zu wenig Personal

Manche aber sind zumindest derzeit noch zurückhaltender. So hat sich Vanessa Hammel, die Eigentümerin der Alten Apotheke in Untertürkheim zwar schon für die Schulung angemeldet. Sie will auch nicht ausschließen, sich irgendwann an der Impfkampagne zu beteiligen. Von heute aus betrachtet aber „schaffen wir das personell nicht“. Vanessa Hammel ist schon intensiv beim Testen engagiert, bis heute machen sie und ihr Team rund 200 Schnell- und PCR-Tests am Tag. Aber impfen dürfen nur Apothekerinnen oder Apotheker. Und angesichts der vielen Impfangebote in der Stadt sagt sich Vanessa Hammel: „Ich muss nicht auf allen Hochzeiten tanzen.“ Und überdies: „Ich will auch nicht meine Mitarbeiter verheizen.“ Approbierte Apotheker zu finden, ist derzeit nur sehr schwer möglich.