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EZ-Volontärin Miriam Steinrücken hält den Antrag der Linken auf Milieuschutz für unausgereift. Trotzdem sollte die Stadtverwaltung versuchen, Vonovia in die Schranken zu weisen.

Esslingen Der Kommunalwahlkampf nimmt Fahrt auf und verleitet manche Partei zu Schnellschüssen, um ihre Klientel zu beeindrucken. Das trifft leider auch auf den halbgaren Antrag auf Milieuschutz zu, dessen praktische Umsetzbarkeit die Linken zu wenig durchdacht haben. Gut gemeint, schlecht gemacht. Denn Schutzgebiete lassen sich weder willkürlich noch ad hoc abstecken. Darauf verweist das Stadtplanungsamt zu Recht. Richtig ist auch, dass der Milieuschutz klassischerweise auf attraktive Wohngebiete in Großstädten angewendet wird. In die Cannstatter Straße gleich neben den Bahngleisen wird indes kein Hipster ziehen wollen. Ergo: Der Milieuschutz ist das falsche Rechtsmittel, um den profitorientierten Vermieter Vonovia in seine Schranken zu weisen.

Gleichzeitig muten die Alternativvorschläge der Verwaltung merkwürdig hilflos an. Der Hinweis, neue Wohnungen zu bauen, ist ein schwacher Trost. Weil Esslingen nicht so viel Raum für Nachverdichtungen und die Ausweisung neuer Baugebiete bietet, werden davon nur wenige Menschen profitieren – und auch das erst in einigen Jahren. Die akute Wohnungsnot gerade für Gering- und Normalverdiener lässt sich jedoch nicht bekämpfen ohne die Sicherung des Bestands. Mit dem Verweis auf das Mietrechtanpassungsgesetz zieht sich die Kommune aus der Verantwortung und schiebt den Schwarzen Peter dem Bund zu. Natürlich ist eine deutschlandweit einheitliche Lösung einem kommunalen Flickenteppich vorzuziehen. Aber es bleibt der bittere Beigeschmack, dass die Stadt einem einzelnen Vermieter wie Vonovia wehrlos ausgeliefert ist.

Die Aktiengesellschaft hält sich zwar an geltendes Recht, verletzt aber das moralische Rechtsempfinden vieler Mieter, indem sie Wohnen als Wirtschaftsgut behandelt, ohne soziale Verantwortung zu übernehmen. Dagegen mobil zu machen, lohnt sich. Das zeigen die Mieterproteste, die Vonovia zum Einlenken gezwungen haben: Der Bochumer Wohnungskonzern modernisiert künftig weniger den Bestand und setzt stattdessen auf Neubauten und altersgerechte Umbauten. Da sollte auch die Esslinger Stadtverwaltung nach schlagkräftigen Rechtsmitteln in kommunaler Hand suchen, anstatt auf Hilfe vom Bund zu hoffen. Schließlich unterhält Vonovia 450 Wohnungen in der Stadt.

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