Peter Väterlein (2. von rechts) Foto: pwo - pwo

An der Hochschule steht eine Führungswechsel bevor: Christian Maercker wird nicht mehr antreten. Dafür wird sich der ehemalige Prorektor Peter Väterlein bewerben.

Esslingen Alle sechs Jahre wird an der Hochschule Esslingen ein neuer Rektor gewählt. Das schreibt das Landeshochschulgesetz so vor. Wenn am kommenden Dienstag der Hochschulrat und der Senat zusammenkommen, um einen neuen Chef oder eine neue Chefin zu küren, steht der Name von Christian Maercker aber nicht auf dem Wahlzettel. Nachdem er Signale aus der Findungskommission (siehe Anhang) erhalten habe, hat der amtierende Rektor seine Kandidatur zurückgezogen. „Wie jeder andere Interessent musste auch ich mich ganz normal bewerben“, erklärt Christian Maercker. In den Gesprächen mit der Findungskommission sei aber deutlich geworden, „dass es Vorbehalte gegen die Fortführung meines Amtes gibt, und so habe ich beschlossen, meine Kandidatur zurückzuziehen“. Worin sich die Vorbehalte der Findungskommission genau begründen, kann der 54-jährige Professor nicht sagen. „In den Begründungen hört man eher Floskeln.“

Der Biologe hatte das Amt vor sechs Jahren in einer turbulenten Zeit übernommen. Sein Vorgänger Bernhard Schwarz war wegen seines autoritären Führungsstils öffentlich in die Kritik geraten. Zwar hatte sich Schwarz im Januar 2013 erneut zur Wahl gestellt. Doch sprachen sich sowohl der Hochschulrat, als auch der Senat klar für Christian Maercker aus und verbanden ihr Votum mit dem Wunsch, dass an der Hochschule wieder „der innere Friede“ einkehrt. „Dass mir das gelungen ist, wird allgemein anerkannt“, sagt Maercker, der sich natürlich so seine Gedanken gemacht hat, warum seine erneute Kandidatur wenig Unterstützung findet. „Ich kann mir vorstellen, dass die von mir angestoßenen organisatorischen Veränderungen in der Hochschule Esslingen nicht immer auf Gegenliebe gestoßen sind.“

Da die Hochschule eher zu den kleinen im Land zählt, wollte der Rektor die Zahl der Fakultäten reduzieren und somit die Strukturen verschlanken. Eine Idee, die übrigens auch vom Hochschulrat unterstützt wurde. „Von dort gab es Stimmen, dass eine Reduzierung der Fakultäten sehr gut wäre.“ Statt bisher elf sollte es nach den Plänen der Hochschulleitung künftig nur noch vier oder fünf Fakultäten geben. „Wenn wir weniger Fakultäten haben, brauchen wir aber auch weniger Dekane und Prodekane“, beschreibt Christian Maercker die Konsequenzen. So habe er für seinen Vorschlag vor allem von Funktionsträgern „starke Kritik“ geerntet. Dass derartige Fusionen vor allem in den kleinen Fakultäten Ängste auslösen, kann der Rektor durchaus nachvollziehen. „Jetzt haben die kleinen Fakultäten die gleichen Möglichkeiten, sich zu äußern wie die großen. In einer großen Fakultät wird das sicher schwieriger.“ Im Zuge der Diskussion über die Reduzierung der Fakultäten sei auch die Standortdiskussion wieder aufgeflammt. Obwohl sich der Rektor als „klarer Verfechter des Standorts Göppingen“ zu erkennen gibt, „bestehen dort Ängste, dass der Standort irgendwann ganz aufgelöst werden könnte“.

Nach der Wahl am kommenden Dienstag bleibt Christian Maercker bis zum 31. August im Amt. Danach wird er aller Voraussicht nach an die Hochschule Mannheim zurückkehren. „Im Gesetz ist es geregelt, dass die Stamm-Hochschule eine Leerstelle bereithalten muss.“ So rechnet er damit, dass er im Herbst wieder als Professor im Studiengang Biotechnologie forscht und lehrt.

Zur Wahl in Esslingen „stehen jetzt vier Kandidatinnen und Kandidaten, die alle Erfahrung in Leitungspositionen im Hochschulbereich mitbringen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Hochschule. Namen werden nicht genannt. „Das dürfen wir aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht“, sagt Christiane Rathmann, Pressesprecherin der Hochschule. Wie viele Frauen und Männer sich für den Rektorenposten bewerben, auch davor steht der Datenschutz: „Dazu dürfen wir ebenfalls keine Auskunft geben.“ Sicher ist, dass sich mindestens ein Mann zur Wahl stellen wird. Er ist in Esslingen kein Unbekannter. Mit Peter Väterlein bewirbt sich ein ehemaliger Prorektor der Hochschule für die Nachfolge von Christian Maercker. „Ja, ich habe mich beworben und stehe somit zur Wahl“, bestätigt der Physiker, der von 2010 bis 2016 das Amt des Prorektors bekleidet hat, auf Anfrage der EZ.

Dass P Christian MaerckerBulgrin eter Väterlein während der Amtszeit von Bernhard Schwarz Prorektor war, wird von einigen wenigen an der Hochschule Esslingen kritisch gesehen. Hört man sich dort um, gibt es Stimmen, die zur Vorsicht mahnen. „Es gibt aber keine Stimmung gegen ihn, zumal er ja auch drei Jahre unter Rektor Maercker Prorektor war“, sagt ein Mitglied der Hochschule. Auch Peter Väterleins Nähe zum Ministerium schmeckt manchen nicht. Nach Ablauf seiner Amtszeit in Esslingen hatte sich Peter Väterlein ans Wissenschaftsministerium abordnen lassen. „Ich wollte die andere Seite und die Sicht des Ministeriums auf die Hochschulen kennenlernen“, erklärt er. „Vor allem wollte ich etwas Neues lernen. Und das hat auch prima geklappt“, sagt der Professor. So habe er sich als Referent im Ministerium unter anderem mit der Akademisierung der Gesundheits- und Pflegeberufe beschäftigt. Statt im September vergangenen Der ehemalige Prorektor Peter Väterlein kandidiert als Rektor.Weber-Obrock Jahres als Professor an die Hochschule Esslingen zurückzukehren, wollte Peter Väterlein eigentlich Vizepräsident der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Stuttgart werden. Doch die Wahl im März 2017 wurde zum Desaster – vor allem für Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Nachdem Peter Väterlein zwei Mal die Mehrheit verfehlt hatte, gab es in den nächsten beiden Wahlgängen Unregelmäßigkeiten. So wurde er dann erst im fünften Anlauf zum DHBW-Vize gewählt. Doch die Wahl hatte ein Nachspiel – im Landtag, wie vor Gericht. „Es gab Einsprüche gegen das Wahlverfahren und eine Klage gegen das Land Baden-Württemberg. Und zwei Professoren, die den Job gerne selbst gemacht hätten, haben ebenfalls geklagt“, berichtet Väterlein. „Ich bin aber in keinem der Fälle Verfahrensbeteiligter.“ Da beide Verfahren jedoch „noch in den Instanzen hängen und überhaupt nicht klar ist, wann da etwas entschieden wird“, hat er sich entschieden, in Esslingen seinen Hut in den Ring zu werfen.

So wird an der Hochschule gewählt

Findungskommission: Gemäß den Vorgaben durch das Landeshochschulgesetz hat eine Findungskommission unter Leitung von Bosch-Managerin Heidi Stock, die Vorsitzende des Hochschulrats ist, die Rektorenstelle öffentlich ausgeschrieben, die Bewerbungen gesichtet und Vorstellungsgespräche geführt. Der Findungskommission gehören jeweils drei Mitglieder des Hochschulrats und des Senats an. Zudem sind ein Vertreter des Wissenschaftsministeriums, die Gleichstellungsbeauftragte und kraft Amtes der Schwerbehindertenbeauftragte in der Findungskommission vertreten.

Wahlgremien: Der Hochschulrat setzt sich aus sechs externen Mitgliedern und fünf internen Vertretern der Hochschule zusammen. Die externen Mitglieder stammen sowohl aus Industrieunternehmen als auch aus der Verwaltung und Verbänden. Zu den internen Mitgliedern des Hochschulrats gehören unter anderem Professorinnen und Professoren aus dem technischen und dem sozialwissenschaftlichen Bereich. Im Senat sind der Rektor, die Prorektoren, die Kanzlerin, Dekane der Fakultäten sowie gewählte Professoren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, wissenschaftliche Mitarbeiter und Studierende vertreten.

Die Wahl: Der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Christian Maercker wird in einer gemeinsamen Sitzung des Hochschulrats und des Senats gewählt. Der Hochschulrat hat elf, der Senat 32 Stimmen. Bekommt im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten die Mehrheit, sind zwei weitere Wahlgänge möglich. „Im zweiten Wahlgang reicht die Mehrheit der Stimmen der Anwesenden“, erklärt Christiane Rathmann, Pressesprecherin der Hochschule Esslingen. Ist ein dritter Wahlgang nötig, „reicht die Mehrheit der abgegebenen Stimmen“. Ist auch dann noch nichts entschieden, gibt es zwei Optionen: Die Stelle wird entweder neu ausgeschrieben „oder ein Wahlpersonengremium aus sechs externen Mitgliedern des Hochschulrats und sechs Mitgliedern des Senats wählt die neue Leitung der Hochschule.“ Dies sei in Esslingen aber noch nie vorgekommen.

Es kommentiert: Dagmar Weinberg