Bedingt durch die rückläufige Nachfrage nach handwerklichen Erzeugnissen oder Dienstleistungen erwäge beinahe jeder vierte Betrieb die Schließung von Betriebsstätten oder die Aufgabe einzelner Geschäftsfelder. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Weniger Aufträge, sinkende Umsätze und Beschäftigung sowie weniger Investitionen: Von Optimismus im Handwerk kann kaum die Rede sein. Eine Firmenbefragung zeigt auch, welche Bremsen wegfallen sollten.

Berlin - Im deutschen Handwerk macht sich angesichts des schwierigen konjunkturellen Umfelds einer Umfrage zufolge zunehmend Pessimismus breit. Knapp die Hälfte der Handwerksbetriebe rechnet in den nächsten Monaten mit Umsatzrückgängen, etwa jeder fünfte Betrieb geht von einer sinkenden Beschäftigtenzahl aus, wie aus einer Umfrage des Handwerksverbandes ZDH hervorgeht. Die große Unsicherheit über die konjunkturelle Entwicklung führe vor allem zu einer starken Zurückhaltung bei Investitionen.

Bedingt durch die rückläufige Nachfrage nach handwerklichen Erzeugnissen oder Dienstleistungen erwäge beinahe jeder vierte Betrieb die Schließung von Betriebsstätten oder die Aufgabe einzelner Geschäftsfelder. Ohne Standortimpulse und Lockerung der Konjunkturbremsen drohe im Handwerk eine Rezession, warnte der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in der Umfrage.

ZDH: Erwartete Umsatzrückgänge "alarmierend"

"Die – zumindest für das Gesamthandwerk – stabile Konjunkturlage des Jahres 2023 scheint sich zum Jahresbeginn 2024 nicht zu bestätigen", heißt es. "Die Handwerksbetriebe haben für die ersten beiden Quartale des laufenden Jahres in der Summe deutlich rückläufige Umsatzerwartungen."

Für das 1. Quartal gingen 47 Prozent von einem Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahresquartal aus, während nur 7 Prozent einen Umsatzanstieg erwarteten. Auch vor dem Hintergrund der hohen Preissteigerungsraten der vergangenen zwölf Monate ist das aus Sicht des ZDH ein alarmierendes Ergebnis. Für das 2. Quartal fielen die Umsatzerwartungen kaum besser aus. An der Umfrage zwischen 05. und 14. Februar haben sich laut ZDH 4448 Handwerksbetriebe beteiligt. 

Ursächlich für die schwachen Umsatzerwartungen dürfte vor allem die Entwicklung der Auftragsbestände sein. Aktuell berichten die Betriebe den Angaben zufolge noch von Auftragspolstern, die im Schnitt für 10,1 Wochen reichten. Bis zum Ende des 2. Quartals seien die Erwartungen aber deutlich negativ. 38 Prozent der Betriebe erwarten demnach abnehmende Auftragspolster, noch 16 Prozent zunehmende.

Auch hier überwiegen laut ZDH in allen Gewerbegruppen die Pessimisten. Das betreffe auch die Beschäftigungserwartungen: 22 Prozent der Betriebe gingen von einer rückläufigen Beschäftigtenzahl bis zum Ende des 2. Quartals aus, nur 6 Prozent von einer Zunahme.

Vor allem kleine Firmen ziehen Schließungen in Betracht

Die schwache wirtschaftliche Entwicklung bremst nach Darstellung des Handwerksverbandes die Transformation. Denn 42 Prozent der Betriebe berichteten davon, Investitionsvorhaben verschieben zu wollen. Neben der Schließung von Betriebsstätten oder der Aufgabe von Geschäftsfeldern werden geringere Öffnungszeiten von 18 Prozent in Betracht gezogen oder bereits vollzogen.

"Wenn die wirtschaftlichen Schwierigkeiten anhalten, können sich 13 Prozent als Ultima Ratio sogar die Schließung oder Übergabe des eigenen Betriebs vorstellen", schreibt der ZDH. Vor allem die kleinen Handwerksbetriebe zögen Betriebsschließungen oder Übergaben in Betracht.

Zusätzlich zu den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen wird den Angaben zufolge auch die Altersstruktur an den Betriebsspitzen zu zahlreichen Betriebsübergaben oder -schließungen führen. Ein Drittel der Handwerksbetriebe berichte von solchen Planungen innerhalb der kommenden fünf Jahre. 53 Prozent dieser Betriebe strebten eine Nachfolgeregelung an, 46 Prozent planten eine Schließung. 

"Ergebnisse sind klare Handlungsaufforderung"

Befragt nach Hemmnissen wurden laut der Umfrage die hohe Steuer- und Abgabenlast (68 Prozent) sowie die zu erfüllenden Dokumentations- und Nachweispflichten (52 Prozent) als besonders belastend genannt. Der Fachkräftemangel werde von 44 Prozent der Betriebe als Problem angegeben.

Als großer Belastungsfaktor würden zudem die hohen Energiekosten angesehen (43 Prozent), die auch ein Grund für den Auftragsrückgang seien, den 41 Prozent der Betriebe als großen Belastungsfaktor ausmachten. Für den ZDH ist klar: "Die Ergebnisse sind eine klare Handlungsaufforderung an die Bundesregierung und im Grunde ein Hilferuf der Betriebe, endlich die Standortbremsen zu lösen."