Für den Polizeihauptkommissar Stephan Raff ist es „keine Spaßveranstaltung“, er meine es wirklich ernst mit seiner Kandidatur für den OB-Posten. Foto: Caroline Holowiecki

Kurz vor knapp hat Stephan Raff aus Bonlanden sich für die OB-Wahl in Filderstadt beworben. Was treibt den Polizisten ohne politische Erfahrung an?

Wenn Stephan Raff mit dem Motorrad durch seine Heimatstadt Filderstadt fährt, wird er immer daran erinnert – an die schiere Übermacht von Christoph Traub. Der Oberbürgermeister will am 9. Juli von der Bürgerschaft in eine zweite Amtszeit gewählt werden, und das macht der CDU-Mann auf vielen Plakaten entlang der Straßen klar. Plakate von Stephan Raff werden sich aller Voraussicht nicht dazugesellen. Zu teuer, zu spät. Kurz vor knapp, eine Woche vor Ablauf der Bewerbungsfrist, hat der Mann aus Bonlanden sich dazu entschieden, selbst fürs höchste Amt in der Kommune zu kandidieren. Seinen Wahlkampf bestreitet er allein, aus eigener Tasche und ohne eine Partei an der Seite. Dennoch sagt er: „Es ist keine Spaßveranstaltung für mich. Ich meine es wirklich ernst.“

Politisch ist Stephan Raff unbeleckt, das bekennt er freimütig. Ein Parteibuch habe er nicht, einordnen würde er sich nach eigener Einschätzung als „konservativ liberal mit einem grünen Daumen“. Was ein Oberbürgermeister überhaupt macht, das musste er sich zunächst anlesen. „Es würde mir mit Sicherheit Spaß machen“, lautet sein Urteil. Der 52-jährige Single ist in Filderstadt verwurzelt, hat Zeit Lebens in Bernhausen oder Bonlanden gelebt, das Elisabeth-Selbert-Gymnasium besucht, in örtlichen Vereinen gesportelt und beim TSV Plattenhardt sogar zeitweise eine Fußball-Juniorinnen-Mannschaft trainiert. Etliche Angehörige leben in der Stadt.

Von Berufswegen ein Helfersyndrom

Was ihn dazu befähigt, eine Verwaltung zu führen? „Viel Empathie, da bin ich, glaube ich, ganz gut bestückt“, sagt er. Stephan Raff ist Polizeihauptkommissar, daher habe er von Berufs wegen ein Helfersyndrom. Viele Jahre hat er auf dem Revier in Esslingen gearbeitet und ist auch Streifendienste gefahren. Seine alte Polizeimütze auf einer Ablage im Esszimmer erinnert ihn daran. Später hat er innerhalb der Polizeiorganisation den Job gewechselt. Derzeit ist er bei einem IT-Dienstleister tätig als Projektleiter für Inpol Land, ein länderübergreifendes Informationssystem der Polizei. „Es geht in dieser Position ums Management“, erklärt er. Dass er sich trotz eines völlig anderen Berufsweges gut im Rathaus-Chefsessel machen würde, daran zweifelt Stephan Raff nicht. „Ich denke, es ist gar nicht so kompliziert, letztlich muss es eine Teamarbeit sein.“ Logisches Denken und gesunder Menschenverstand würden da weiterhelfen.

Für seine Bewerbung hat er nach eigenem Bekunden viel Lob und Ermunterung geerntet, aber auch Fragen à la „Warum tust du dir das an?“. Sein Antrieb sei, für die Heimatstadt etwas zu erreichen, und mit seiner Bewerbung hätten die Menschen im Ort nun eine echte Wahl. „Für mich als lebendiger Demokrat war zu wenig, was in Filderstadt passiert“, sagt er. So schlecht laufe es in Summe im Ort zwar nicht, das sehe er durchaus, dennoch sagt Stephan Raff, dass er manches anders machen würde. Den Flächenverbrauch und die Neubebauung würde er reduzieren oder ganz auf null herunterfahren, sagt er, „das ist mir absolut ein Anliegen“, auch den Ausbau der B27 lehnt er ab. Benötigte innerstädtische Flächen in Bernhausen könne man generieren, indem man mit einem ortsansässigen Unternehmen in Gespräche eintrete und eine Standortalternative anbiete. Bei der Kinderbetreuung sieht er ebenso Verbesserungsbedarf. Personal müsse gewonnen werden, auch sollte die Betreuung mehr mit frühkindlicher Bildung verknüpft werden, findet er.

Der Kandidat will auf Wochenmärkten präsent sein

Stephan Raff ist realistisch. „Es wird eng“, sagt er über den Wahlkampf, dennoch ist er entschlossen. Seine Homepage ist online. „Mit der Websiteerstellung hatte ich bis vor ein paar Tagen gar nichts am Hut“, sagt er lachend. Auf Wochenmärkten wolle er nun präsent sein. „Es ist noch viel zu tun, um zu sagen: Hallo, hier ist noch einer“, erklärt er. Ob die fehlende politische Erfahrung ihm zum Vor- oder zum Nachteil gereiche, das könne er nicht einschätzen. Weder noch, sagt er. „Ich glaube, die Politikverdrossenheit ist tatsächlich auch ernstzunehmen heutzutage.“

Kandidatenvorstellung am 29. Juni

Drei Kandidaten
Für die Wahl des Oberbürgermeisters in Filderstadt haben drei Männer ihren Hut in den Ring geworfen. Der Amtsinhaber Christoph Traub (53, CDU) strebt eine zweite Amtszeit an. Politische Neulinge sind der Hausverwalter Guido Schmucker (52, parteilos) aus Leinfelden-Echterdingen und eben Stephan Raff (52, parteilos) aus Bonlanden. Die drei Kandidaten stellen sich am Donnerstag, 29. Juni, bei einer Veranstaltung offiziell vor. Sie findet in der Filharmonie in Bernhausen statt. Der Start ist um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich, teilt die Verwaltung mit. Die OB-Wahl findet schließlich am Sonntag, 9. Juli, statt.

Internetseiten
Mehr Infos findet man online auf www.stephanraff.de, www.ob-schmucker.de sowie www.christoph-traub-filderstadt.de.