Macht mittlerweile Witze über sein Alter: US-Präsident Joe Biden Foto: AFP/JIM WATSON

Stolperer und Aussetzer: Drei Vorfälle aus der jüngsten Zeit haben in den USA eine Debatte darüber ausgelöst, wann man zu alt ist, um in der Politik zu arbeiten.

Neuerdings macht der Präsident Witze über sein Alter. „Ich weiß, ich bin 198 Jahre alt“, konfrontierte Joe Biden offensiv Fragen nach seiner Fitness für das Amt im Weißen Haus. Mit 80 Jahren ist er schon heute der älteste Präsident in der Geschichte der USA. Nach einer Wiederwahl wäre er nach einer zweiten Amtszeit 86 Jahre.

Fast zwei von drei Amerikanern zweifeln laut einer Erhebung von NBC aus dem Juni daran, ob Biden mental und körperlich fit genug für den anstrengenden Job ist. Der Sturz nach einer Rede bei der Abschlussfeier für Kadetten an der Air Force Academy vor laufenden Kameras verstärkte die Sorgen. Das Weiße Haus beeilte sich, einen unachtsam platzierten Sandsack dafür verantwortlich zu machen. Eine Erklärung, die der 81-jährige Führer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, nur zu gerne dankend aufgriff, als dessen Gesundheitszustand in den Blick der Öffentlichkeit geriet. Während seiner wöchentlichen Pressekonferenz waren McConnell mitten im Satz die Worte eingefroren. Es folgten fast 20 Sekunden Schweigen, bevor ihn Senator John Barrasso, ein Arzt, in sein Büro führte.

Ans Aufhören denken manche über 80-Jährige nicht

Als der fast gleichaltrige Biden seinen Freund aus gemeinsamen Senatstagen anrief, scherzte McConnell, er sei mit einem Sandsack sabotiert worden. Tatsächlich war der längstgediente Fraktionsführer im Senat selbst wiederholt gefallen. Im März erlitt er eine schwere Gehirnerschütterung, musste ins Krankenhaus und fiel über Wochen aus. Ans Aufhören denkt der Republikaner nicht. Im Gegenteil kehrte er bereits kurz nach seinem Aussetzer zurück und erklärte: „Mir geht es gut.“ Das behauptet die mit 90 Jahren älteste Senatorin, die Demokratin Diane Feinstein aus Kalifornien, zwar nicht. Aber auch sie macht keine Anstalten, ihr Amt freiwillig aufzugeben. Sie war Anfang des Jahres über Monate wegen einer Gürtelrose ausgefallen. Nach ihrer Rückkehr in den Senat wirkte Feinstein noch verwirrter als zuvor. Sie sei eigentlich nicht weg gewesen, behauptete die einstmals mächtige Vorsitzende des Justizausschusses. Vergangene Woche setzte sie zu einer Rede an, als sie eigentlich nur abstimmen musste. „Sag einfach, ‚Aye‘“, raunte ihr Senatorin Patty Murray zu.

Auch der Spitzenreiter im Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber, Donald Trump, ist mit 77 Jahren in der Altersgruppe, in der das Risiko für einen Ausfall durch eine schwere Erkrankung, Stürze, mentalen Abbau oder Tod zunimmt. Trump verkündete auf seinem Netzwerk „Truth Social“ kürzlich, Alter sei bei dem kommenden Rennen um das Weiße Haus kein Faktor. „Tatsächlich fängt das Leben erst mit 80 Jahren an.“

Fitnesstests für Bewerber ab 75?

Die Kolumnistin Kathleen Parker meint, es sei außer Mode gekommen, „den Stab an eine jüngere Generation weiterzugeben“. Das sieht auch der kalifornische Abgeordnete Ro Khanna (46) so, der über Bidens Alter hinwegsieht, weil Trump verhindert werden müsse. Danach sei die Zeit gekommen, „Politiker loszuwerden, die über Jahrzehnte an ihren Jobs hängen“. Das möchten andere, wie Nikki Haley und Ron DeSantis, die mit Trump konkurrieren, schon jetzt. Haley forderte einen mentalen Fitnesstest für Bewerber ab 75, DeSantis erinnert daran, dass Biden schon Senator war, bevor er 1973 auf die Welt kam. Die demokratische Senatorin Kirsten Gillibrand (56) hat eine augenzwinkernde Erklärung für die Sturheit der alten Garde. „Unsere ‚großartigste Generation‘ liebt es zu dienen“, scherzt sie über die Beharrlichkeit von Biden, Trump & Co. „Und wir sind dankbar für ihren Dienst.“