Jérôme Boateng hat vor Gericht einen Erfolg erzielt. Foto: dpa/Sven Hoppe

Das Verfahren gegen Fußball-Weltmeister Jérôme Boateng wegen gewalttätiger Attacken auf seine Ex-Freundin entwickelt sich zu einer unendlichen Geschichte. Am Donnerstag urteilte das dritte Gericht - und das war’s immer noch nicht.

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Verurteilung von Jérôme Boateng wegen Körperverletzung und Beleidigung aufgehoben. Es gab der Revision des Ex-Fußballnationalspielers und auch der von Staatsanwaltschaft und Nebenklage am Donnerstag statt und verwies das Verfahren an das Landgericht München I zurück. Dort muss der Prozess nun neu aufgerollt werden.

Boatengs Anwalt Leonard Walischewski hatte zuvor die Aufhebung des Urteils aus dem vergangenen Oktober gefordert. „Das Verfahren war erschütternd unfair“, sagte er. „Der Angeklagte Boateng war schon endgültig verurteilt, bevor das Berufungsverfahren überhaupt begonnen hatte.“

„Der Vorsitzende Richter war nicht neutral“

Damals war der heute 35 Jahre alte Boateng wegen Angriffen auf seine Ex-Freundin in einem Karibik-Urlaub in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10 000 Euro verurteilt worden - insgesamt 1,2 Millionen Euro.

Boateng sei damals „in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt“ worden, kritisierte Walischewski. „Der Vorsitzende Richter war nicht neutral, er war nicht distanziert“, sagte der Anwalt.

Dabei bemängelte er vor allem, dass der Richter selbst daran beteiligt gewesen sei, einen Befangenheitsantrag gegen sich selbst abzulehnen. Dies sah auch das Gericht am Donnerstag als entscheidenden Grund, das Urteil „in vollem Umfang“ aufzuheben.

Boatengs Anwalt wirft Richter „willkürliches Verhalten“ vor

Der Vorsitzende hatte damals vor dem Befangenheitsantrag betont, dass weitere Beweisanträge von Boateng und seinen Verteidigern sich negativ auf eine Strafe auswirken könnten. Boatengs Anwalt warf dem Richter in seinem Plädoyer am Donnerstag „prozesswidriges und willkürliche Verhalten“ vor. „Der Vorsitzende wollte nicht aufklären.“

Auch die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage hatten Revision gegen das Urteil eingelegt, weil sie eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und damit eine härtere Strafe gefordert hatten. Auch ihrer Revision gab das Bayerische Oberste Landesgericht statt.

Mit der Entscheidung des Gerichts wird ein ohnehin schon äußerst langwieriger Rechtsstreit noch länger. Das Amtsgericht München hatte bereits im Jahr 2021 eine höhere Geldstrafe gegen Boateng verhängt, jedoch war die Zahl der Tagessätze nur halb so hoch - 60 Tagessätze zu je 30 000 Euro, also insgesamt 1,8 Millionen Euro. Ab mehr als 90 Tagessätzen gelten Verurteilte als vorbestraft.

Boateng, der lange für die deutsche Nationalmannschaft und den FC Bayern München gespielt hat, wurde im Juni von seinem jüngsten Verein, dem französischen Fußball-Erstligisten Olympique Lyon, verabschiedet und ist derzeit vereinslos.