Um einen Verteilungskampf langfristig zu vermeiden, muss die ganze Halbleiter-Branche Lösungen finden, meint Felix Lill.
Es klingt wie der Plot eines dystopischen Films: Die Insel Taiwan wird vom viel größeren Festlandchina mit einer Invasion bedroht. Aber zu ihrem Schutz hat Taiwan diese einzigartigen Mikrochips, die die ganze Welt braucht, was Festlandchina, das dieses Produkt ebenso benötigt, vor einem Angriff zurückschrecken lässt. Denn ein Krieg würde die Produktion lahmlegen, und das will niemand. Die Insel Taiwan könnte sich also in Sicherheit wähnen – wenn nur diese allseits begehrten Chips das Leben auf der Insel nicht kannibalisierten.
In ihrer diffizilen Herstellung verbrauchen die extrem reinen und präzisen Mikrochips aus Taiwan Unmengen an Wasser. So viel, dass es inmitten des Klimawandels, wenn Niederschläge immer wieder ausbleiben, zum nationalen Problem wird. Und wohin das führt, deutet sich schon an: Verteilungskämpfe ums Wasser in absurdem Ausmaß. Denn gewonnen werden sie bisher einzig von der in Taiwan übermächtigen Chipindustrie, deren Güter 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen.
Wasser wird rationiert
Andere Betriebe und Haushalte müssen dagegen mit niedrigerem Wasserdruck klarkommen, teilweise sogar mit Rationierung. Der Extremfall, der dem Staat die Augen öffnen müsste: Reisbauern dürfen ihre Felder nicht mehr bewässern. Und hier zeigt sich, wie eine nationale Strategie, sich auf ein Produkt zu fokussieren, ad absurdum geführt wird. Denn wenn durch die bedingungslose Förderung der Chipindustrie die Nahrungsmittelversorgung kompromittiert wird, ist eigentlich niemandem geholfen.
So muss die taiwanische Halbleiterindustrie, die seit Jahren von der Regierung hofiert wird, dringend etwas an die Gesellschaft zurückgeben. Und dies könnte sie tun, indem sie der ganzen Welt einen Dienst erwiese: Mit Hochdruck daran forschen, wie die Halbleiter künftig deutlich stärker ressourcensparend hergestellt werden können. Der Staat muss diese weltweit führenden Betriebe dazu zwingen, hätte es immer schon tun müssen. Aber jetzt hat er die besten Argumente. Denn mittlerweile führt der Durst der Chips nach Wasser zu ausgetrockneten Reisfeldern.