Sechs von zehn Menschen sind eifersüchtig, und für die meisten gehört ein gewisses Maß Eifersucht zur Beziehung dazu. Aber darf man die Textnachrichten der Partnerin kontrollieren? Eine Expertin erklärt, ab wann es problematisch wird.
Babys können mit ein paar Monaten nicht viel. Sie können nicht laufen, nicht Papa sagen und selbst aufs Klo zu gehen ist auch noch in weiter Ferne. Aber sie können eifersüchtig sein. Bei Versuchen der US-Wissenschaftlerin Sybil Hart reichte es, wenn Mütter ihre Aufmerksamkeit einer Puppe oder einem Buch widmeten, um negative Reaktionen zu messen.
Und Wissenschaftler der York University in Kanada unterhielten sich 2008 mit Müttern, ihre drei bis neun Monate alten Babys wurden dabei zu Forschungszwecken gezielt nicht beachtet. „Die Babys taten alles, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie traten mit ihren Beinen, schrien, drehten sich in ihren Sitzen“, sagte die verantwortliche Forscherin Maria Legerstee damals. Waren die Mütter einfach nur beschäftigt, habe es dagegen keine gezielt negative Reaktion gegeben. „Ich hatte das so noch nie gesehen“, sagte die Forscherin.
Für viele Paare gehört Eifersucht dazu
Auch in Beziehungen unter Erwachsenen ist Eifersucht ein großes Thema. Sechs von zehn Männern und Frauen in Deutschland sind eifersüchtig, ergab eine Umfrage des Partnerportals Elite-Partner im Vorjahr. Jede und jeder Zehnte bezeichnete sich sogar als sehr eifersüchtig. Eine andere Umfrage, mit Parship ebenfalls von einem Partnerportal, sagten sieben von zehn Menschen, dass man Eifersucht in einer Beziehung auch zeigen dürfe. Für 14 Prozent der Männer und 19 Prozent der Frauen ist Eifersucht demnach ein No-Go, das die Beziehung früher oder später zerstöre. Aber prinzipiell sei Eifersucht nicht per se etwas Schlechtes für eine Partnerschaft, sagt die Stuttgarter Paartherapeutin Anousheh Reinecke.
„Ein gewisses Maß an Eifersucht kann etwas Positives für eine Beziehung mitbringen“, so Anousheh Reinecke. „Es bedeutet, dass wir jemanden nicht als selbstverständlich sehen. Häufig führt das dazu, dass Paare mit einer gewissen Eifersucht sich ein bisschen mehr Aufmerksamkeit und Zuneigung geben.“
Ein wenig Kontrolle gehört für manche dazu
Es gebe eine große Bandbreite, wie mit Eifersucht umgegangen werde, sagt Reinecke. Manche würden den Standort per Whatsapp miteinander teilen und es sei für beide in Ordnung, andere fühlten sich bei jeder Nachfrage sofort kontrolliert. „Wie viel teilen wir miteinander, und wie viel ist Individualität, das muss verhandelt werden.“ Dazu könne auch das Lesen von Nachrichten gehören – sofern es Einverständnis darüber gebe.
Es gebe aber Warnzeichen, dass Eifersucht eine zu große Rolle in einer Beziehung spiele, sagt Reinecke. Eines sei, wenn jemand das Gefühl bekomme, aufgrund häufig aufkommender Eifersucht des Partners nicht außerhalb der Beziehung existieren zu können – etwa kein Raum mehr für Freunde, für Individualität bleibe. Ein anderes Warnzeichen: Ein Partner suche immer Nähe, und der andere Partner suche in der Situation immer eher Abstand.
Eifersucht verrät auch etwas über einen selbst
Reinecke führt Eifersucht auf zwei Hauptursachen zurück. Der Klassiker sei, dass sie auf einem tatsächlichen Grund basiere, Reinecke nennt es die gerechtfertigte Eifersucht. Etwa wenn jemand in einer früheren oder der aktuellen Beziehung untreu war. Untreue bedeutet dabei nicht immer einen Seitensprung. In der Regel wird zwischen dieser sexuellen Untreue und emotionaler Untreue – Gefühle für jemand anderen – unterschieden.
Der andere Hauptgrund sei ein ängstlicher Bindungsstil, sagt Anousheh Reinecke. Oft seien das Menschen, die in der Kindheit selbst nicht viel Nähe und Liebe erfahren oder Verluste erlebt hätten. Das Resultat sei häufig, dass diese Menschen sich selbst nicht für liebenswert halten.
Fehlende Eifersucht muss nicht negativ sein
Und was bedeutet es, wenn gar keine Eifersucht da ist? Das sei nicht zwingend negativ, sagt Anousheh Reinecke. „Es kann auch einfach bedeuten, dass sehr viel Vertrauen da ist, dass sehr viel und offen kommuniziert wird und man sich sehr sicher fühlt.“ Es gebe aber auch eine Kehrseite, sagt Reinecke: „Komplettes Fehlen von Eifersucht kann ein gewisses Desinteresse oder eine Distanz bedeuten.“