Das Kulissenlager, das 2007 auf dem Zuckerfabrik-Gelände eröffnet wurde, soll erweitert werden. Foto: uli/Uli Nagel

In den kommenden Jahren soll auf dem Zuckerfabrik-Areal ein weiteres Gebäude auf einer Fläche von rund 12 000 Quadratmetern errichtet werden.

Dass das Thema Opernsanierung auch im Bezirksbeirat Bad Cannstatt im vergangenen Jahr aufschlug, liegt am Kulissenlager des Dreispartenhauses, das seit 2007 auf dem Zuckerfabrik-Gelände beheimatet ist. Denn der heute schon gewaltige Gebäudekomplex soll noch einmal erweitert werden. „Der Ausbau am Standort Zuckerfabrik ermöglicht eine deutliche Verringerung des Volumens für das Kulissenlager in der Innenstadt und somit mehr Platz für gestalterische Qualität am Schlossgarten“, sagte damals Peter Holzer, Chef des Hochbauamts, gegenüber dem Bezirksbeirat. Für die Erweiterung des Kulissenlagers gab es sogar bereits eine Zeitschiene. Ausschreibung und Wettbewerb 2022, wobei für die Planung und Bau das Hochbauamt jeweils rund zwei Jahre veranschlagte. „Bis zur IBA 2027 sollen die Interimsspielstätte bei den Wagenhallen sowie das erweiterte Kulissenlager fertig sein“, so Holzer. Erst dann könne die Opernsanierung beginnen.

Interimsoper wird nicht bis zur IBA 2027 fertig

Im Mai hat Peter Holzer gegenüber dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik den Zeitplan für den Beginn der Opernsanierung allerdings revidieren müssen. Corona- und Ukraine-Krise gehen, so der Hochbauamtschef, auch an Stuttgarter Großprojekten nicht spurlos vorüber. Der geplante Interimsbau für die Oper bei den Wagenhallen werde deshalb nicht zur IBA 2027 fertig, sondern nach derzeitigem Stand erst Ende 2028. Die damit verbundenen Preissteigerungen seien noch nicht fortgeschrieben worden, die Stadt wolle zunächst abwarten, bis sich der Kostentrend bei Baumaterialien, Energie und Personal verstetigt habe. Bisher war die Interimsoper mit einer Preissteigerung von vier Prozent bei einer Fertigstellung schon vor der IBA 2027 mit einer Bausumme von 224 Millionen Euro kalkuliert.

Wettbewerb in Vorbereitung

Auf den Zeitplan für die Erweiterung des Kulissenlagers hat die Verzögerung jedoch keinen Einfluss. „Die dauerhafte Auslagerung der Dekorationswerkstätten an die Zuckerfabrik ist Bestandteil der Sanierung und Erweiterung der Württembergischen Staatstheater Stuttgart“, sagt Oliver Hillinger von der Pressestelle der Stadt Stuttgart. Für dieses Teilprojekt wurde der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg mit der Planung beauftragt. Ein Wettbewerb werde zwar momentan vorbereitet, was die Kosten angehe, so können jedoch noch keine Zahlen genannt werden. Die Stadt bereite ihrerseits die Auslobung eines Realisierungswettbewerbs für den Interimsstandort an den Wagenhallen vor. „Die Fertigstellung dieser beiden Teilprojekte sind Voraussetzungen für eine Auslagerung des Spielbetriebes aus dem Littmann-Bau“, sagt Hillinger.

Begeisterung hält sich in Grenzen

Die Begeisterung über das Bauvorhaben hielt sich bei den Fraktionen angesichts dessen Dimensionen in Grenzen. Kein Wunder, immerhin soll ein Grundstück, das sich bereits in städtischem Besitz befindet, auf einer Fläche von fast 12 000 Quadratmetern bebaut werden. Der Neubau wäre bei einer maximalen Höhe von 15 Metern fast so groß wie das heutige Kulissenlager.

Ein beängstigendes Bauvolumen, so die Kritik der Grünen. Auch die SPD sorgte sich um die Frischluftschneise zwischen Münster und dem Hallschlag. Und nicht nur Roland Schmid (CDU) fragte sich damals, was aus dem einstmals als Gewerbegebiet geplanten Gelände geworden ist. „Für die dort ansässigen Firmen gab es damals baurechtlich keine Erleichterungen“, so Schmid. Das habe zu dessen Weiterentwicklung sicher nicht beigetragen. Worte, die Gehard Veyhl (Freie Wähler) nur bestätigen kann. Immerhin ist der Cannstatter Handwerksmeister, dessen Firma 2022 mit 150 Jahren ein stolzes Jubiläum feiert, einer der Ersten gewesen, die sich auf der Zuckerfabrik angesiedelt hatte. Doch nur wenige Handwerkerbetriebe sind gefolgt. Heute wird die ehemalige Zuckerfabrik von der 2005 eröffneten Lessingschule und eben dem Kulissenlager dominiert.

Mehrverkehr wird befürchtet

Veyhl sieht Probleme, was die verkehrliche Anbindung des Kulissenlagers angeht. Denn mit Fertigstellung des Neubaus werden sicher sehr viel mehr Laster und Sattelschlepper zu- und abfahren. Fraglos wird im Rahmen der nötigen Bebauungsplanänderung auch das Thema Verkehr eine tragende Rolle spielen müssen. „Im Zuge des Bebauungsplanverfahrens wird ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben, das die verkehrlichen Mehrbelastungen aufzeigt“, sagt Oliver Hillinger. Fest steht zudem, dass auch die Belange des benachbarten Recyclingparks berücksichtig werden sollen. Dieser plant einen Gleisanschluss und benötigt darüber hinaus eine Logistikfläche, um das Schüttgut im Bereich der Gleise lagern zu können. Dieses wiederum würde sich auf besagtem städtischem Grundstück befinden. „Die Flächenaufteilung für beide Vorhaben wurde bereits abgestimmt“, so der Stadtsprecher.

Gespräche mit der Deutschen Bahn

Was die Bezirksbeiratsfraktion als sehr positiv bewerteten: Wegen des Neubaus wird der Steg, der Münster und den Hallschlag einmal verbinden soll und seit Jahrzehnten gefordert wird, jetzt zwischen der Lessing-Schule und dem Bahnhof Münster gebaut werden. „Derzeit befindet sich die Verwaltung in Gesprächen mit der Deutschen Bahn zum Kauf der Bahnflächen auf Münster Gemarkung“, sagt Oliver Hillinger. Zum jetzigen Zeitpunkt könne noch kein zeitlicher Horizont für die Umsetzung des Stegs aufgezeigt werden.

Kulissenlager: Zahlen und Fakten

Geschichte
Vor dem Jahr 2006 waren die Kulissen und Kostüme der Staatstheater auf sieben Standorte im Stadtgebiet verteilt. Dann ließen Stadt und Land für 16 Millionen Euro ein riesiges Zentrallager auf dem Areal der ehemaligen Zuckerfabrik errichten.

Dimension
Das Gebäude wurde auf einer Grundfläche von etwa 17 000 Quadratmetern errichtet, ist etwa 180 Meter lang, gut 15 Meter hoch und hat ein Gesamtvolumen von 135 000 Kubikmetern. Dazu gehören auch Werkstätten und eine große Montagehalle, in der die Bühnenbilder komplett aufgebaut werden.

Lagerung In 20 Zeilen von fast 60 Meter Länge und etwa 12 Meter Höhe können 560 rollbare Kulissenwagen gelagert werden. Bei einer Kulissenwagengröße von 8 Meter Länge, 2,30 Meter Breite und 2,80 Meter Höhe und einer Tragkraft von 3000 Kilogramm finden selbst Autos auf ihnen Platz. Die acht Doppelregale sind 60 Meter lang und tragen jeweils 180 Tonnen.

Kostüme Zudem gibt es eine dreigeschossige Halle für Requisiten wie Möbel, Lampen und Dekorationsgegenstände. Eine ganze Etage ist für die Kostüme, Schuhe und Accessoires reserviert. Kein Wunder, denn allein die Kostüme hängen dicht an dicht auf rund 2400 Meter langen Kleiderregalen. Dazu kommen noch die Regale für Schuhe, Hüte und sonstige Ausstattungsteile.