Das Klinikum Esslingen ist mit Abstand die größte Abteilung im Dezernat III von Bürgermeister Ingo Rust. Foto: Roberto Bulgrin

Große Veränderungen stehen an. Wie bewältigt das eine Stadt mit fast 100 000 Einwohnern? Wie verwaltet sie sich, wer treibt die Projekte voran? Eine Serie in vier Teilen zeigt, wie Esslingen funktioniert.

Esslingen - Seine Bezeichnung als Finanzbürgermeister ist ein wenig irreführend. Denn Ingo Rust ist als Leiter des Dezernats III im Esslinger Rathaus für weit mehr verantwortlich als nur für die Finanzen der Stadt. Wobei „nur“ hier untertrieben ist: Allein die Aufstellung des Haushaltsplans für sich genommen ist eine Mammutaufgabe. Schließlich ist der Etat das Herz des Verwaltungshandelns. Doch neben dem Kernhaushalt muss Rust sich auch um die Finanzen der Eigenbetriebe kümmern, außerdem um Busverkehr und Digitalisierung, um die städtische Veranstaltungsgesellschaft und das Esslinger Klinikum. Zusätzlich betreut er den kaufmännischen Teil der Städtischen Gebäude Esslingen (SGE).

Stellvertreter des Obwerbürgermeisters

Dabei kommt eine breite Palette unterschiedlichster Aufgaben zusammen. Als Dezernent muss sich Rust deshalb in ganz verschiedenen Bereichen auskennen – zumal er seit diesem Sommer auch der Erste Bürgermeister Esslingens ist und damit erster Stellvertreter des Oberbürgermeisters. Ganz zuvorderst muss Rust natürlich mit Zahlen und Bilanzen umgehen können und zusammen mit den 43 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtkämmerei im Blick haben, was sich die Stadt leisten kann. Aber auch die fünfköpfige Stabsstelle Digitalisierung und damit die Digitalisierung der Verwaltung zählen zu seinem Verantwortungsbereich – mit allen dazu gehörenden Fragestellungen, von der IT-Sicherheit über generationengerechte Angebote bis hin zu effizienteren Prozessen. Zudem ist Rust für den Nahverkehr und damit für die 194 Mitarbeitenden des Städtischen Verkehrsbetriebs Esslingen (SVE) zuständig und muss sich etwa mit der Führung von Buslinien und der Auslastung der Fahrzeuge beschäftigen. Derzeit kommt hier noch der Ausbau der Oberleitungen samt Elektrifizierung des gesamten Busverkehrs hinzu. Auch die Veranstaltungsgesellschaft der Stadt wird unter dem Dach seines Dezernats betrieben – pro Jahr organisieren die 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rund 800 Veranstaltungen mit insgesamt etwa 140 000 Gästen. Mit rund 1700 Beschäftigten die größte Einheit in Rusts Dezernat ist das Esslinger Klinikum. Hier geht es darum, die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Auch die Vernetzung von stationären mit ambulanten Angeboten sowie die Aus- und Weiterbildung des Personals gilt es, im Blick zu haben. Die Verantwortung für die SGE mit ihren 120 Mitarbeitenden teilt sich Rust mit seinem Kollegen, dem Baubürgermeister Hans-Georg Sigel. Dabei ist Rust unter anderem für Buchhaltung, Vermietungen und Reinigung zuständig.

Die medizinische Versorgung der Stadt

Mit seinen rund 1700 Beschäftigten ist das Esslinger Klinikum mit Abstand die größte Abteilung im Dezernat von Bürgermeister Ingo Rust. Hier geht es um nicht weniger als die bedarfsgerechte medizinische Versorgung der Bevölkerung. Dabei muss das Krankenhaus leistungsfähig und wirtschaftlich abgesichert sein. Neben der Sicherstellung der medizinischen Versorgung ist die Stadt aber auch dafür zuständig, dass Strukturen zur Vernetzung von stationären und ambulanten Angeboten aufgebaut werden. Auch die Ausbildung sowie die Fort- und Weiterbildung der medizinischen und der Pflegeberufe muss vorangetrieben werden. Darüber hinaus gehört der Betrieb eines akademischen Lehrkrankenhauses zum Dezernat III. Neben der Bewältigung der Coronapandemie steht mit einem großen Bauprojekt jetzt die nächste Herausforderung ins Haus.

Kultur und Kongresse in Häusern der Stadt

Die Esslingen live – Kultur und Kongress GmbH ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt Esslingen. Die 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Gesellschaft verwalten die städtischen Veranstaltungshäuser Neckar Forum, Altes Rathaus, Osterfeldhalle und Dicker Turm. Jedes Jahr organisiert Esslingen live rund 800 Veranstaltungen, zu denen insgesamt etwa 140 000 Besucher kommen. Ein großer Meilenstein war jüngst die Wiederinbetriebnahme des Dicken Turms nach der Sanierung. Allerdings hat der Veranstaltungsbereich laut Bürgermeister Ingo Rust enorm unter der Coronapandemie gelitten. Weil der Bereich lange Zeit komplett brach lag, habe man fast alle Rücklagen aufgebraucht. Inzwischen habe die Nachfrage aber wieder angezogen: In diesem Herbst befinde man sich fast wieder auf Normalniveau.

Von der Landespolitik ins Esslinger Rathaus

Bevor er im Jahr 2015 als Finanzbürgermeister nach Esslingen kam, war Ingo Rust Staatssekretär im Ministerium für Finanzen und Wirtschaft in Stuttgart und Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg. Angesichts dieses eher ungewöhnlichen Wechsels von der Landespolitik in die Stadtverwaltung wurden dem studierten Maschinenbau-Ingenieur früh Ambitionen auf den Posten des Esslinger Oberbürgermeisters nachgesagt. Doch als der Job in diesem Jahr frei wurde, stellte Rust klar, dass er lieber Dezernent bleiben wolle. Als solcher ist der 43-Jährige neben zahlreichen weiteren Themen vor allem für die städtischen Finanzen zuständig. Dass er sich in diesem Bereich auskennt, verdankt Rust eigenen Worten zufolge eher dem Zufall: Als er im Jahr 2003 in den Landtag nachrückte, war ein Platz im Finanzausschuss frei. 2005 wurde Rust dann Vorsitzender des Finanzausschusses. Der gebürtige Heilbronner lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Esslingen.

Kontrollinstanz für Eigenbetriebe

Im Referat für Beteiligungen finden das Controlling und die Steuerung der städtischen Eigenbetriebe statt. Die fünf Mitarbeitenden dieser Abteilung beobachten und begleiten die Eigenbetriebe und Tochtergesellschaften und erstellen den Konzernabschluss. Dieser fungiert als finanzielles Gesamtbild für den Konzern Stadt. Der Kernhaushalt der Kommune, der vom Gemeinderat beraten und verabschiedet wird, fließt in den Konzernabschluss ein. 2012 hat die Stadt Esslingen als erste Kommune in Baden- Württemberg einen solchen Gesamtabschluss erstellt. Zudem wird regelmäßig ein Bericht über die städtischen Beteiligungen an Unternehmen und Einrichtungen erstellt, der unter anderem über die Erfüllung des öffentlichen Zwecks, die Beteiligungsverhältnisse sowie Bilanz und Zusammensetzung der Gesellschaftsorgane informiert.

Blick auf Ausgaben und Einnahmen

In der Stadtkämmerei schaut man ganz genau aufs Geld. Hier werden die städtischen Finanzen koordiniert und verwaltet. Hauptaufgabe der Stadtkämmerei ist die Aufstellung des Haushaltsplans. Darin wird festgehalten, welche Ausgaben und Einnahmen im kommenden Jahr – beziehungsweise beim Doppelhaushalt in den kommenden zwei Jahren – auf die Stadt zukommen. Erst vor wenigen Wochen wurde in Esslingen der Doppelhaushalt für die Jahre 2022 und 2023 im Gemeinderat eingebracht. Nach der Einbringung sind die Stadträte am Zug: Bei den Haushaltsplanberatungen wird darüber diskutiert, welche Vorhaben aus Sicht des Gremiums tatsächlich finanziert werden sollen und welche nicht. Erst dann wird der Etat endgültig verabschiedet. Die Stadtkämmerei mit ihren 43 Mitarbeitenden befindet sich in der Abt-Fulrad-Straße.

Digitalisierung soll Alltag erleichtern

Die fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stabsstelle Digitalisierung haben alle Hände voll zu tun. Im Rahmen der Digitalisierungsstrategie „Esslingen 4.0“ müssen kontinuierlich Dienstleistungen der Stadt für die Bürgerinnen und Bürger digitalisiert werden – etwa im Bürger- oder Ausländeramt. Dabei geht es der Stadtverwaltung darum, einen orts- und zeitunabhängigen sowie generationengerechten Bürgerservice zu etablieren. Die Digitalisierung solle kein Selbstzweck sein, sondern einer tatsächlichen Verbesserung und Erleichterung des Lebens dienen. Das will man erreichen, indem durch digitale Technologien Prozesse optimiert werden. Eine große Herausforderung dabei ist laut Bürgermeister Ingo Rust der Mangel an IT-Fachkräften. Zudem habe man aktuell teilweise mit Lieferschwierigkeiten bei der Hardware zu kämpfen.

Alle Buslinien in städtischer Hand

Der Städtische Verkehrsbetrieb Esslingen (SVE) ist ein Eigenbetrieb der Stadt. Hier wird der örtliche Busverkehr organisiert. Der SVE betreibt insgesamt 17 Linien, davon aktuell drei Oberleitungsbuslinien sowie zwei Nachtbuslinien. Erst seit Jahresbeginn bedient der SVE alle innerstädtischen Linien, zuvor hatten private Busfirmen ein Drittel davon übernommen. Um die rund 8,9 Millionen Fahrgäste pro Jahr zu befördern, setzt der SVE derzeit insgesamt 68 Fahrzeuge ein. Das aktuell größte Projekt beim Esslinger Nahverkehr ist der Ausbau der Elektromobilität. Der städtische Busverkehr soll bis 2024 komplett elektrisch fahren – dafür müssen das Oberleitungsnetz ausgebaut und die Busflotte erneuert werden. Der SVE mit seinen insgesamt 194 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat seinen Sitz in der Heilbronner Straße.

Service für die städtischen Gebäude

Bei der Städtische Gebäude Esslingen (SGE) kümmern sich 120 Beschäftigte um alles, was rund um die Gebäude der Stadt anfällt. Das reicht von der Erstellung, Sanierung und Instandhaltung der Bauten über das Energiemanagement bis hin zur Versorgung mit Kommunikationstechnik. Allerdings befindet sich die SGE unter den Dächern von zwei Dezernaten: Während Baubürgermeister Hans Georg Sigel für den technischen Bereich verantwortlich zeichnet, ist Finanzdezernent Ingo Rust für den kaufmännischen Bereich zuständig. Letzterer umfasst unter anderem die Buchhaltung, das Mieten und Vermieten, die Gebäudereinigung und den Hausmeisterservice. Außerdem ist man im Dezernat III für die komplette städtische IT und die Telefonie zuständig. Die SGE befindet sich im Technischen Rathaus in der Ritterstraße und der Küferstraße.