Alexander Gutbrod, Model, Schauspieler, TV-Trash-Teilnehmer und Autor, mit Moderatorin Dorothée Frei-Stahl. Foto: /Andreas Engelhard

Nach seinem Outing flog er bei den Zeugen Jehovas raus: Alexander Gutbrod kämpft nun für das „Recht auf Liebe“. Im Cinema feiert er am Freitagabend schrille Premiere seines Dating-Formats „Mister Gay Right“ mit Influencern und Helden aus TV-Trash-Shows.

Seine Freunde, seine Frau, mit der er vier Jahre lang verheiratet war, seine Familie – alle Menschen, die ihm nahestanden, hat Alexander Gutbrod von einem Tag auf den anderen verloren. Es war der Tag, als er sich mit 28 Jahren eingestand, dass seine Ehe eine Notlüge und er in Wahrheit schwul ist.

Die Zeugen Jehovas, bei denen der heute 42-Jährige aufgewachsen ist, verurteilen Homosexualität, was er beklagt, und dulden keine queeren Personen in ihren Reihen. Sie haben ihn deshalb verstoßen und ihm gedroht, Gott werde ihn dafür bestrafen. „Ich hatte Albträume“, berichtet er, „war immer in Angst, dass ich deshalb sterben muss.“ Fast scheint es, als gebe der heute meist permanent strahlende Mann, der beim Erwachsenwerden tiefe Schläge kassiert hat, deshalb so viel Gas in der Öffentlichkeit, damit seine Familie doch noch ein bisschen stolz auf ihn ist – in der Hoffnung, dass sie es mitbekommt.

Die Rückseite des Jackets ist aufgeschnitten

„Geld ist mir nicht wichtig, auch der Ruhm nicht“, sagt Gutbrod, da er am Freitagabend im Stuttgarter Cinema im Marquardt-Gebäude vor der Leinwand im weißen Dinner-Jackett steht. Die Knöpfe des edlen Stoffs aus dem Brautmodengeschäft unterhalb des Kinos sind vorne weit geöffnet, damit seine Tattoos, die von der Brust bis zum Hals reichen, gut zu sehen sind. Kaum dreht sich der Protagonist der Premiere um, ist der Jubel im Saal groß. Denn der hintere Teil des Jacketts ist aufgeschnitten – der Rücken präsentiert sich nackt und blank.

Da agiert also einer, der gern Blicke auf sich zieht – als Model, Schauspieler und Teilnehmer von TV-Show wie „Prince Charming“ und „Undressed“ wundert dies nicht.

Auf Geld kommt es dem gebürtigen Leonberger nach seinen Worten nicht an. Im Sommer hat Alexander Gutbrod, der heute eine Partnerschaftsvermittlung an der Königstraße betreibt, als Autor, Regisseur und Finanzier mit sieben Männern im Alter von 22 bis 45 Jahren – dem gewohnten Kuppelshow-Prinzip folgend – in einer Villa auf Mallorca acht Folgen von „Mister Gay Right“ gedreht. Alles hat er selber bezahlt. Der SWR, erzählt er, hätte das Format möglicherweise „gekauft“, hätte er ihm einen regionalen Bezug gegeben, hätte man etwa im Schwarzwald gedreht.

Der Dschungelcamp-Dritte Manuel Flickinger feiert mit

Am Freitagabend wird Premiere der ersten Folge der neuen Streaming-Serie gefeiert – mit Influencern, der queeren Community, dem Filmteam, der „Schwulen-Mutti“ Laura Halding-Hoppenheit und Manuel Flickinger, der 2022 im „Dschungelcamp“ den dritten Platz belegte. Gecastet hat Alexander Gutbrod für sein Format bundesweit Schwule mit Kinderwunsch. Denn sein Ziel ist es, eine Regenbogenfamilie mit Hilfe einer Leihmutter zu gründen.

„Die Kosten für die Dreharbeiten haben sich verdoppelt“, berichtet er. Der Etat sei am Ende sechsstellig geworden, auch wenn alle Teilnehmer auf eine Gage verzichtet haben. Über Streaminggebühren – wer eine Folge schaut, zahlt etwa 2,50 Euro – soll das Geld wieder reinkommen. Das Geld konnte er ohne Bankkredite vorstrecken, sagt er. Wenn schon alles teuer wird als geplant, kommt’s auf die Kosten für eine rauschende Premiere auch nicht mehr an. In derselben Nacht wird die erste Folge im Netz freigeschaltet.

In dieser Nacht sieht man im Cinema, einem der schönsten Kinos von Stuttgart, Glitzer, Glanz, nackte Haut, bunte Roben oder auch mal einen Samtsmoking. Im Foyer ist allein schon der Blick durch die großen Fenster auf den Weihnachtsmarkt und das Riesenrad ein Genuss. Im ersten Teil der neuen Serie, die auf der großen Leinwand gezeigt wird, deutet sich an, dass es turbulent wird in den Folgen, die nun in den nächsten acht Wochen bis zum Finale gestreamt werden können.

Seine Dating-Show, versichert der 42-Jährige, soll nicht nur Spaß bereiten, also gutes Entertainment sein, sondern auch eine wichtige Botschaft transportieren, die da lautet: „Alle haben ein Recht auf Liebe.“ Bei den Zeugen Jehovas sei dies leider immer noch nicht möglich. Auch Bluttransfusionen seien in dieser Glaubensgemeinschaft verboten. Ein Freund habe deshalb seine Frau bei der Geburt verloren, weil sie kein fremdes Blut zum Überleben bekommen durfte.

„Wir müssen Lauras Vermächtnis fortsetzen“

Ausdrücklich bedankt sich Alexander Gutbrod bei Clublegende Laura Halding-Hoppenheit unter lautem Beifall für ihr Engagement für die Rechte queerer Menschen und schenkt ihr einen großen Blumenstrauß. In ihrem Kings Club (KC) habe er gelernt, zu seinem Schwulsein zu stehen und sein Leben zu leben. Jetzt gehe es darum, ihr Vermächtnis fortzusetzen. „Ich freue mich sehr, wenn aus meinen Kindern was wird“, erwidert Halding-Hoppenheit. Ja, es müsse weitergehen. Und fast klingt es so, als wolle sie Gutbrod an Ort und Stelle zu ihrem KC-Nachfolger ernennen. Denn auch im Cinema wird sie mehrfach von den Gästen gefragt: „Wann öffnet das KC wieder?“ Ihre Antwort lautet: „Bald!“