Hurra, wir streiten noch! Auch wenn es nur um Verkehrszeichen am Esslinger Hirschlandkopf geht. Foto: Roberto Bulgrin

Im Rückspiegel beobachtet Johannes M. Fischer, wie langsam aber sicher wieder alte Themen und Muster zurückkehren. Dazu gehört auch der Streit im Landkreis Esslingen, wenn es um Verkehr und Baustellen geht.

Esslingen - Wir erinnern uns: Es war, als ob mit einem Male eine große Welle über einen gekommen wäre. Jetzt ist es so, als würde sie allmählich wieder abfließen und eine Menge Treibgut hinterlassen. Für Momente ist es sogar schon ein bisschen wie einst: Schüler stürmen aus der Schule, feixen, quatschen, lachen – von Abstandsregeln ist kaum etwas übrig geblieben. Das herkömmliche soziale Verhalten steckt noch tief drin. Für eine Gehirnwäsche, wie es einige Verschwörungstheoretiker vermuten, war der Lockdown dann wohl doch zu kurz und die Maßnahmen nicht brutal genug. Zwar lassen sich Gefängnis- und Diktatur-Assoziationen nicht ganz vermeiden, aber eine Maskenpflicht im Kaufhaus ist dann doch noch Lichtjahre entfernt von einer mörderischen Diktatur ohne verlässliches Recht und ohne Wohlfahrt.

Sowieso kehrt das normale Leben ja zurück. Es gibt eine Menge Indizien, dass es schon bald wieder so sein wird wie es mal war: Der Streit um den Esslinger Hirschlandkopf – ein Verkehrsknotenpunkt – feiert in den sozialen und asozialen Medien bunte und bisweilen auch finstere Blüten. Und wenn in Esslingen Verkehrsweg, Baustellen, Busspuren und stinkende gelbe Säcke (in der Mittleren Beutau) diskutiert werden, heißt das nichts anderes als: Hurra, wir leben noch! Willkommen zurück, Normalität. Wir lieben und wir hassen dich.

Andere alte, dicke Themen wälzen sich ebenfalls wieder ins Rampenlicht, wo sie ja nach eigenem Selbstverständnis auch hingehören. Corona, du lieber Himmel, das ist doch nur ein Luftzug, denken sich der Dicke Turm oder die Pfleghof-Bibliothek in Esslingen. In dieser Woche meldeten sich beide ins Tagesgeschehen zurück: Der Dicke Turm mit dicken Spenden, die Bibliothek mit dem Vorschlag aus dem Verwaltungsausschuss, jetzt den Sieger des Architektenwettbewerbs mit den nächsten Planungsschritten zu beauftragen. Weitere „normale“ Nachrichten der Woche: Die Via – das ist die Superbrache hinter dem Esslinger Karstadt-Gelände – kommt mit einem neuen Konzept um die Ecke und das Gymnasium in Plochingen kaut weiterhin auf der so genannten G9-Ausrichtung herum.

DIE Schlagzeile der Woche kam aber für viele aus einer ganz anderen Ecke. Der Text beschäftigte sich mit einem Handwerk, dessen Shutdown der Bevölkerung mit die größten Schmerzen verursacht hatte. Der Titel der Friseur-Story: „Die Haare sitzen wieder“.