Schleichweg adé. Ein Poller wie ein Ausrufezeichen. Foto: Ines Rudel

Im Rückspiegel lässt Johannes M. Fischer die Woche im Landkreis Esslingen Revue passieren. Er entdeckt Dramen, aber auch Lichtblicke. Und verliert eine Wette.

Esslingen - Kann man einen Wochenrückblick schreiben, ohne das Wort mit C zu erwähnen? Ich sage Ja, eine Kollegin hält dagegen.

Es war die Woche, in der es noch Veranstaltungen gab. Zunächst tröpfelten die Absagen langsam ins Postfach. Gegen Ende schwoll es an zu einem Orkan. Es hagelte Absagen, bis dann am Freitagabend wirklich nichts mehr übrig blieb. Und so glitt die Gesellschaft im Landkreis Esslingen (und anderswo) in die Ruhe nach dem Sturm. Das ist bei aller Dramatik, die etwa in Kliniken, Familien oder in Unternehmen gerade herrscht, der kleine Lichtstrahl: Das Leben erscheint plötzlich weniger durchgeplant und durchgetaktet.

Passend zum Entschleunigungsthema eine Nachricht aus Oberesslingen, wo Archäologen mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl mittelalterliche Häuser frei legen und dabei das Skelett eines Jungen finden, der vor vielleicht einem halben Jahrtausend starb. Eine erdverbundene Arbeit, Lichtjahre entfernt von der Schnelllebigkeit dieser Zeit, aus deren Umlaufbahn wir gerade von etwas Unsichtbarem herausgeworfen werden.

Minimalisierung gehört jetzt mehr denn je zum Zeitgeist. Vielleicht hat der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Kreises das falsch verstanden, als er beschloss, die Sammelstellen für schadstoffhaltige Abfälle zu reduzieren. Denn diese Form der Reduktion ist nicht wirklich eine: Zwar fallen dadurch weniger Kosten an für den AWB. Die Menschen, die den Müll loswerden wollen, müssen aber künftig mehr Strecke machen. Das bedeutet, dass die Kosten auf die Verbraucher verlagert werden. Durchgerechnet hat das vermutlich niemand, aber es liegt auf der Hand, dass auch die Umweltbilanz schlechter aussieht als zuvor. Mehr Kilometer, mehr Abgase.

Sozialpolitisch ist auch etwas passiert in diesen Tagen – oder besser gesagt, etwas ist nicht passiert. Die Linken wurden Verlierer der Herzen, als sie im Esslinger Sozialausschuss ein Sozialticket vorschlugen. Menschen mit kleinem Geldbeutel sollten günstiger mit dem Bus fahren dürfen. Die Sympathie der anderen war den Antragstellern sicher, allein sie unterstützten den Plan nicht. Zu teuer, hieß das Argument.

Eine richtige Woche im Landkreis darf ohne verkehrspolitisches Thema nicht zu Ende gehen. Voilà: Es ist der Poller zwischen Rüdern und Uhlbach. Er macht einen Schleichweg dicht, der vermutlich zur Hauptverkehrsader mutiert wäre ohne eben diesen Poller, sobald die Esslinger Geiselbachstraße gesperrt wird. Dieses schmerzhafte Ereignis steht unmittelbar vor der Tür: Übernächste Woche ist es soweit.

Für mich persönlich geht die Woche übrigens mit einer verlorenen Wette zu Ende. Corona nochmal!