Guy Parmelin und Ursula von der Leyen: keine Einigung Foto: dpa/Francois Walschaerts

Dass der geplante Rahmenvertrag zwischen EU und Schweiz geplatzt ist, bedauern Politik, Gewerkschaften und Wirtschaft im Südwesten unisono. Wer jedoch die Verantwortung für das Aus der Gespräche trägt, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Freiburg - Die Enttäuschung über das Aus des geplanten Rahmenvertrags zwischen EU und Schweiz ist groß in Baden-Württemberg. Einen Tag nach dem offiziellen Ende der jahrelangen Verhandlungen werden Schuldzuweisungen laut. Der Deutsche Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg macht die fehlende Kompromissbereitschaft der EU verantwortlich. Die europapolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Sabine Hartmann-Müller, bemängelt hingegen Starrsinn aufseiten der Schweiz.

Die Schweiz hatte am Mittwoch den geplanten Rahmenvertrag nach sieben Jahren Verhandlungen platzen lassen. Es habe keine Einigung über entscheidende Punkte gegeben, sagte dazu der Schweizer Präsident Guy Parmelin am Mittwoch in Bern. Die Schweiz bleibe aber zuverlässige Partnerin der EU, versicherte Außenminister Ignazio Cassis.

Die bilateralen Verträge zwischen der EU und der Schweiz bleiben bestehen. Für Grenzgänger soll sich durch den Abbruch nichts ändern. Aber die Europäische Union hatte die Schweiz zuletzt gewarnt, dass es keine weiteren Abkommen geben werde und ältere Abkommen möglicherweise nicht aktualisiert würden. Es drohen etwa Handelshemmnisse. Laut EU-Kommission wird die Europäische Union zum Beispiel ab sofort nicht mehr automatisch schweizerische Zertifizierungen für Medizinprodukte anerkennen.

Hoffnung auf Wiederaufnahme der Gespräche

Vonseiten der Europäischen Union habe es keine Bereitschaft gegeben, die Schweizer Maßnahmen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit als mit dem EU-Binnenmarkt vereinbar anzusehen, teilte der DGB am Donnerstag mit. Man könne „gut nachvollziehen, dass die Schweiz an ihrem sehr gut funktionierenden System zum Schutz der Mindestarbeitsbedingen festhalten will“.

CDU-Frau Hartmann-Müller sieht für das Scheitern hingegen die Schweiz verantwortlich. Das Land habe „bis zuletzt darauf beharrt, Streitfragen zu entsendeten Arbeitnehmern, Staatsbeihilfen sowie zur Personenfreizügigkeit in ihrem Sinne auszuklammern“. Mit Blick auf die Personenfreizügigkeit habe die Europäische Kommission zurecht immer wieder deutlich gemacht, dass dieser Grundsatz nicht verhandelbar sei.

Der Baden-Württembergische Handwerkstag hofft derweil, dass sich die Landesregierung bei der EU-Kommission für eine Wiederaufnahme der Gespräche einsetzt. „Vielleicht kann Baden-Württemberg als besonders naher Partner der Schweiz eine vermittelnde Rolle einnehmen“, erklärte Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold. Die Schweiz sei ein wichtiger Markt für die Handwerksbetriebe im Südwesten.

Schadensbegrenzung betreiben

Der Oberrheinrat teilte mit, nun müsse Schadensbegrenzung betrieben werden. Das Gremium versammelt Politiker aus dem Elsass, aus Baden, der Südpfalz und der Nordwestschweiz, die sich für die Belange der Region einsetzen. Langfristig werde durch das Aus des Vertrags sonst möglicherweise die Wirtschaft in der Grenzregion leiden, „etwa wenn Produktstandards nicht mehr gegenseitig anerkannt und Exporte somit erschwert würden“.

Der Oberbürgermeister der südbadischen Stadt Waldshut-Tiengen direkt an der schweizerischen Grenze, Philipp Frank, bedauerte das Scheitern des Abkommens - „nicht nur persönlich, sondern vor allem auch für unsere Grenzregion. Das sind keine guten Nachrichten“, erklärte er. „Ich würde mir wünschen, dass es doch noch einmal gelingt, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen.“