Aus Muschelkalk ist ein „Kunstwerk mit Ereignischarakter“ entstanden. Foto: Gottfried / Stoppel

Das Gemeinschaftskunstwerk im Hof des Technikforums ist am Donnerstag der Öffentlichkeit vorgestellt und an die Stadt übergeben worden. Vermutlich würde auch der Dichter Goethe Augen machen.

Es wurde gemeißelt, gesägt, geschliffen und poliert. „Wir haben auch gegessen, getrunken und viel diskutiert – so, wie es sich für ein echtes Symposium gehört“, erklärt der Backnanger Bildhauer Norbert Kempf und lacht. Gemeinsam mit den drei Bildhauern Tim Maertens aus Lübeck, Andreas Rohrbach aus Frankfurt und Gregor Oehmann aus Backnang hat Kempf in den vergangenen zehn Tagen ein tonnenschweres Monument erschaffen. Es trägt den Titel „Brockengespenst“ und wurde am Donnerstag in einer Feier der Öffentlichkeit vorgestellt und an die Stadt Backnang übergeben.

Symposium im Rahmen des IBA-Festivals

Entstanden ist das Werk aus Muschelkalk im Zusammenhang mit dem IBA-Festival. Kempf hatte sich im Steinbruch der Firma Lukas Gläser geeignete Steine aussuchen dürfen. Geliefert wurden mehr als 30 Tonnen Material in zwei großen Lastwagen.

„Wir wollten eine Art Insel schaffen, aus der etwas herauswächst“, erklärt Kempf. Die ersten zwei Tage wurden mit dem Gabelstapler erst mal nur Steine sortiert und gepuzzelt. Danach wurden die unterschiedlich großen Brocken zu einem Konglomerat aufgeschichtet und von den Künstlern an verschiedenen Stellen bearbeitet. Es finden sich etliche Interventionen: etwa Wellen, Rundungen, eine Hand und ein Sitzkissen.

Andreas Rohrbach brachte eine „geniale Idee mit dem Wasser“ ein: Zusätzlich zu den Steinen wurde ein System aus Rohren montiert, über das Wasser aus zehn Düsen gesprüht wird, wodurch eine voluminöse Dunstwolke entsteht, die das Kunstwerk umhüllt. Besonders beeindruckend ist der Effekt bei Sonnenschein: „Wenn man dann in der Mitte steht, sieht man ringsum einen Regenbogen“, sagt Bildhauer Tim Maertens. Das Kunstwerk solle nicht nur betrachtet, sondern auch „begangen und besessen“ werden.

Goethe als Namensgeber

Der Backnanger Maler und Philosoph Ernst Hövelborn freute sich über das „Kunstwerk mit Ereignischarakter“. In seiner Ansprache erinnerte er daran, dass das Wort „Symposium“ ursprünglich ein geselliges Treffen beschrieb. Zudem erklärte er, dass der Begriff „Brockengespenst“ seinen Namen dem Geheimrat Goethe verdankt. Dieser hatte 1777 auf dem Brocken im Harz die Sonne im Rücken und eine Nebelwand vor sich, woraufhin er dort seinen vergrößerten Schatten sah und erschrak. Seit dieser Beobachtung und Beschreibung in seiner Farbenlehre trägt dieses Phänomen den Namen „Brockengespenst“.

Stadt sucht künftigen Standort

Bei den zahlreichen Gästen kam das Kunstwerk sehr gut an: „Wahnsinn, das ist großartig geworden, Glückwunsch!“, sagte Johannes Ellrott, der Leiter des Kulturamts. Er dankte auch dem Gemeinderat, der das Projekt finanziell unterstützt hat. Erst mal bleibe das Kunstwerk an Ort und Stelle „zum Entdecken und Erkunden“. Dann müsse ein geeigneter Standort dafür in Backnang gefunden werden, voraussichtlich im Murrtal. Auch der Erste Bürgermeister Stefan Setzer zeigte sich erfreut über das Kunstwerk und die Initiative der Künstler: „Ich wünsche mir mehr Menschen wie Sie, die vorangehen und sagen: Wir machen was!“

Wer möchte, dass das Wasser läuft, kann sich vorab an den Künstler Norbert Kempf unter Telefon 0 15  20 / 4 93 46 75 wenden.