Ist knapp 40 zu alt, um einer neuen Leidenschaft nachzugehen? Der Künstler Manuel Lächner hat den Schritt gewagt und fertigt nun Skulpturen – wofür er viel Gegenwind bekommen hat.
Auf dem Esszimmertisch steht der Laptop für den 40-Stunden-Job, im Wohnungsflur sind Kinderschuhe aufgereiht. Manuel Lächners Zuhause ist offensichtlich genau das: Der Ort, an dem eine fünfköpfige Familie lebt, an dem auch mal von zu Hause gearbeitet wird und immer viel los ist. Bei genauerem Hinsehen entpuppt die Wohnung sich jedoch auch als Schaffungsort eines Kreativen, der dann aktiv wird, wenn die Anforderungen des Alltags es erlauben. Auf den Regalen im Wohnzimmer stehen zahlreiche Skulpturen in verschiedenen Größen, in einer Kommode verstecken sich auf zwei Regalbrettern Pinsel, Farben, Klebeband.
Kreatives Hobby als Ausgleich
Manuel Lächner ist Künstler – seit Kurzem. „Ich habe im Herbst 2021 während einer dreiwöchigen Kur mit unseren Kindern begonnen, Skulpturen zu bauen“, berichtet der 40-jährige Familienvater. Ohne Vorkenntnisse oder Anleitungen bastelt er Figuren aus Gips und Draht und bemalt diese anschließend. Inzwischen hat er mehr als 80 solcher Skulpturen angefertigt.
Eine künstlerische Ausbildung hat der Vater von drei kleinen Kindern nicht, das Basteln und Bemalen der Skulpturen hat er sich selbst beigebracht. „Ich habe einfach angefangen“, beschreibt der Nellmersbacher den Beginn des Prozesses. Grund dafür war das Bedürfnis, kreativ zu werden, nachdem der Schritt ins Elterndasein frühere Hobbys an den Rand gedrängt hatte.
Große Konkurrenz im Onlinehandel
„Früher habe ich Flaggen für den VfB gemalt und war fast jedes Wochenende im Stadion“, erzählt der begeisterte Sport-Fan, der bis vor einigen Jahren noch fünfmal in der Woche joggte. Als er dann Vater wurde, blieb für diese Vorlieben nur noch wenig Zeit. Da ihm komplett ohne Ausgleich aber etwas fehlt, verbringt der Vertriebsinnendienstmitarbeiter nun seine Freizeit – wenn nicht mit der Familie – mit der Arbeit an seinen „KreativSkulpturen“.
Diese stießen zu Beginn auf reges Interesse. Manuel Lächner verkauft seine Werke hauptsächlich im Internet, sowohl auf Ebay als auch auf der Plattform Etsy. Im vergangenen Jahr gingen die Verkaufszahlen allerdings zurück. So richtig erklären kann der Künstler sich das nicht. „Klar, manche sagen, dass die Menschen bei der aktuellen Weltlage andere Prioritäten haben, aber ich denke, es gibt immer Leute, die bereit sind, für Kunst Geld auszugeben.“ Für wahrscheinlicher hält Manuel Lächner die inzwischen große Konkurrenz im Onlinehandel.
Viel administrativer Aufwand
Die meisten seiner Skulpturen haben eine handliche Größe, passen gut auf ein Regal oder eine Kommode. Das hat nicht nur ästhetische, sondern auch logistische Gründe. Ist das Format zu groß, wird es mit dem Versand schwierig. Die verschiedenen Verpackungslizenzen für einzelne Länder sind komplex, weshalb Manuel Lächners Skulpturen auch nicht in Österreich oder der Schweiz erhältlich sind. „Den administrativen Aufwand fand ich anfangs ziemlich frustrierend, mittlerweile habe ich mich dran gewöhnt“, sagt Manuel Lächner und zuckt mit den Schultern.
„Ich stemme das hier nun mal alles ganz allein, hinter mir steht keine Marketingabteilung“, sagt der Künstler über die organisatorischen Aufgaben, die mit der eigenen Vermarktung und dem Verkauf einhergehen. „Ich mache das ja, weil es mir Spaß macht, und nicht, um reich zu werden.“ Trotzdem sei Anerkennung natürlich schön.
Außenseiter weil Anfänger?
Genau diese habe er aber bislang von anderen Künstlern oder Ausstellern nicht erfahren. „Ich habe durchaus Vorbehalte erlebt, weil ich das nur nebenher und auch erst seit zwei Jahren mache.“ So manche Aussteller hätten ihm außerdem zu Verstehen gegeben, sein Stil passe nicht ins Konzept. Das erste Argument kann Manuel Lächner nicht nachvollziehen: „Jeder hat ja irgendwann einmal angefangen.“ Dass seine Skulpturen den Mainstream-Geschmack vielleicht nicht treffen, sieht er ein: „Meine Werke sind sehr bunt, und das gefällt natürlich nicht so vielen, aber ich mag das so.“
Auch die Vernetzung mit anderen Künstlern läuft eher schleppend. Laut Lächner gibt es nicht viele, die etwas Ähnliches wie er machen – trotz der großen Beliebtheit, derer sich Pop-Art seit Jahrzehnten erfreut. „Zumindest die Verbindung von Pop-Art und Skulpturen ist selten.“ Nun sind ähnliche künstlerische Vorlieben keine Notwendigkeit für gegenseitigen Austausch unter Kreativen. Trotzdem hatte Manuel Lächner bislang wenig Erfolg, in die etablierten Künstlerkreise in der Region aufgenommen zu werden, geschweige denn, seine Skulpturen ausstellen zu können.
Ein Ausstellungs- oder Verkaufsort wäre für den Künstler auch deshalb von großer Bedeutung, da seine Skulpturen eben nicht flach an der Wand hängen. „Im echten Raum wirken die Figuren ganz anders als auf einem Foto, das sich jemand online ansieht“, erklärt Manuel Lächner. Um dem entgegenzuwirken, können Kunden sich ein Video, in denen der Künstler den jeweiligen Artikel dreht und von allen Seiten zeigt, ansehen.
Trotz der Schwierigkeiten erlebt er aber auch immer wieder positive Momente: „Das Schönste für mich ist, wenn ich etwas verkaufe, und der Käufer einfach nur glücklich damit ist.“