Feiern den Start des VVS-Riders in Renningen und Rutesheim: VVS-Chef Thomas Hackenberger, Landrat Roland Bernhard, Schlienz-Tours-Geschäftsführer Erhard Kiesel, Renningens Bürgermeister Wolfgang Faißt, aus Rutesheim Bürgermeisterin Susanne Widmaier und Erster Beigeordneter Martin Killinger und Victoria Ebert vom App-Entwickler Via. Foto: Jürgen Bach

Renningen und Rutesheim sind Pilotkommunen im Landkreis Böblingen: Am 10. Dezember startet hier ein neues On-Demand-Angebot des VVS. Besonders am Wochenende, wo hier keine Busse fahren, soll der Service Abhilfe schaffen.

Nach dem Pressetermin hüpft Landrat Roland Bernhard gleich selbst in den schwarz-orangefarbenen Kleinbus, der gerade noch vor dem Renninger Rathaus steht. Schnell ist der Zündschlüssel gedreht – und schon geht es los auf eine Spritztour durch die Stadt am Rankbach, bevor der Landrat zum nächsten Termin muss. Alle Sitzplätze des Mercedes Vito sind dabei nicht besetzt, sieben Menschen könnten aber eigentlich mitfahren – auch eine Person im Rollstuhl, die über eine ausklappbare Rampe an der Hinterseite des Fahrzeugs ins Innere gelangt.

Am Wochenende fährt der VVS-Rider auf Abruf

Wenn der Bus, ein neues Angebot vom Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS), ab Sonntag seine Runden durch Renningen und Rutesheim dreht, wird der Landrat zwar nicht mehr höchstpersönlich hinter dem Steuer sitzen. Für die Bürgerinnen und Bürger wird dieser „VVS-Rider“ dann aber als sogenanntes On-Demand-Angebot zur Verfügung stehen. Heißt: Auf Abruf kann der kleine Bus für Strecken in den beiden Kommunen und sogar bis zum Traumpalast in Leonberg bestellt werden, je nach Verfügbarkeit ist der Rider dann innerhalb weniger Minuten zur Stelle. Busfahren ohne Fahrplan und ohne Haltestelle, nennt das der Landrat.

Eingesetzt wird der Bus am Wochenende und an Feiertagen von 6 bis 21 Uhr, in den Nächten auf Samstage, Sonn- und Feiertage von 21 bis 0.30 Uhr. „Wir wollen, dass man sich besonders für den Freizeitverkehr nicht ins Auto setzen muss“, so Bernhard. Auch deshalb fährt der Rider zusätzlich bis zum Leonberger Kino. Gebucht werden können die Fahrten entweder telefonisch – um auch ältere Fahrgäste nicht auszuschließen – oder per VVS-Rider-App. Letztere wird von der Firma Via bereitgestellt, die auch die App für das Stuttgarter Ridesharing-Angebot „SSB Flex“ entwickelt hat.

An- und Abfahrt an virtuellen Haltestellen

Wer per App eine Fahrt bucht, wird zu einer nahen „virtuellen Haltestelle“ geleitet und dort vom VVS-Rider eingesammelt. Rund 1500 solcher virtueller Punkte gibt es in Renningen und Rutesheim. Das Angebot zum bestehenden ÖPNV soll der VVS-Rider explizit ergänzen, statt in Konkurrenz zu treten: Eine Fahrt, für die es innerhalb der nächsten 30 Minuten eine Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln gäbe, kann nicht gebucht werden.

Den Nutzern des VVS-Riders wird das zumindest auf den Busstrecken in den Stadtgebieten nicht so oft passieren – denn die innerstädtische Buslinie 637 fährt am Wochenende in Renningen überhaupt nicht, während die Linie 636 in Richtung Rutesheim nur im Zwei-Stunden-Takt verkehrt. Ein dünner Fahrplan, der besonders für Kleinstädte nicht ungewöhnlich ist. „Wir müssen dem Bevölkerungsteil im ländlichen Raum ein besseres Angebot machen“, weiß auch VVS-Geschäftsführer Thomas Hachenberger.

Das Ganze sei ein Pilotprojekt, betont der VVS-Chef. Die Nutzerzahlen sind einsehbar, nachvollziehbar ist dann zum Beispiel, wenn Nutzern mehrfach keine Fahrten verfügbar wären, weil der VVS-Rider bereits voll besetzt ist. Dann könne man sich Gedanken machen, zu gewissen Uhrzeiten nachzusteuern. Von einer „riesigen Transparenz“ spricht Hachenberger.

VVS-Rider funktioniert anderswo gut

Vielversprechend sind die Erfahrungswerte, die man bei ähnlichen Angeboten bereits sammeln konnte: So berichtet Erhard Kiesel von Schlienz-Tours, die den VVS-Rider in Renningen und Rutesheim betreiben wird, von einer positiven Zusammenarbeit mit dem App-Entwickler. Neben mehreren Linienbussen hat Schlienz-Tours außerdem bereits einen On-Demand-Service in Wernau im Portfolio. „Das hat sich hervorragend entwickelt“, so Kiesel. 90 Prozent der Fahrten werden dort per App gebucht. Und auch anderswo im VVS-Gebiet, etwa in Leinfelden-Echterdingen, ist der VVS-Rider inzwischen schon unterwegs. Dort habe man nach ein paar Monaten bereits 600 Anfragen erreicht, so Hachenberger. „Das wird inzwischen wirklich sehr gut aufgenommen.“

Ein schwäbischer Name muss noch her

Bezahlt wird das Angebot von Landkreis und Kommunen: Der Kreis zahlt mit rund 100 000 Euro die Hälfte, Rutesheim und Renningen teilen sich den Rest. Die Mischung aus Linienverkehr, öffentlichem und privatem Mobilitätsangebot wird laut Landrat Bernhard eine der spannenderen Herausforderungen der kommenden Jahre.

Das Konzept des VVS-Riders überzeugt ihn jetzt schon, ebenso wie die Rutesheimer Bürgermeisterin Susanne Widmaier und den Renninger Rathauschef Wolfgang Faißt. „Das riecht danach, das auszurollen“, so der Landrat. Auch, weil es angesichts eines teuren und komplizierten Führerscheins immer schwieriger wird, Fahrer für reguläre Linienbusse zu finden – einer der Gründe, warum es wegen Ausfällen und Verspätungen im Busverkehr in letzter Zeit immer wieder gerumpelt hat. Für das Fahren des VVS-Riders hingegen braucht es lediglich einen Personenbeförderungsschein.

Nur eine Kritik haben Landrat und Bürgermeister noch an dem Angebot – und zwar an der englischen Namensgebung. Da müsse man, so scherzt Bernhard, noch einen schwäbischen Begriff finden.