Mit einem Ordner vor dem Gesicht wird der Angeklagte in Saal 153 geführt. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Ein 40 Jahre alter Mann muss sich seit Montag am Landgericht Stuttgart verantworten. Er soll seine Ex-Freundin aus Habgier mit 22 Messerstichen getötet haben. Der Angeklagte räumt die Tat teilweise ein, nennt aber andere Beweggründe.

Als am Montag im Landgericht Stuttgart die Anklage verlesen wird, geht ein Raunen durch die gut gefüllten Zuschauerreihen. Einem 40 Jahre alten Mann wird vorgeworfen, seine 32-jährige Ex-Freundin am frühen Morgen des 21. August 2023 getötet zu haben – mit mindestens 22 Messerstichen, 19 davon in die Brust und in den Bauch.

Beim Prozessauftakt räumt der Angeklagte die Tat ein. Allerdings sagt er aus, dass er in seiner Erinnerung „nur“ zweimal zugestochen habe. Auch bei der Frage nach dem Motiv unterscheiden sich seine Angaben, die aus einem psychiatrischen Gutachten verlesen werden, von denen der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Sie ist der Ansicht, dass der damals 39-Jährige, der nach einem Hauskauf in finanzielle Probleme geraten sei, seine Ex-Freundin getötet hat, um Unterhaltszahlungen zu vermeiden. Daher lautet der Tatvorwurf auf Mord aus Habgier.

Laut der Anklage hatte die Frau vorgegeben, in der vierten Woche schwanger zu sein. Dass die Krankenpflegeschülerin, die der Mann über eine Dating-Plattform kennenlernte, längst abgetrieben hatte, wusste er offenbar nicht. Denn in seinen Schilderungen geht es ebenfalls um das gemeinsame ungeborene Kind. Er sei in der Nacht vor der Tat bei der Frau im Wohnheim des Klinikums Stuttgart aufgetaucht, um mit ihr über das Sorgerecht zu sprechen. Als er der 32-Jährigen klar gemacht habe, dass er zwar für den Unterhalt aufkommen und sich um das Kind kümmern werde, sich aber keine gemeinsame Zukunft, nicht einmal mehr einen schönen Tag mit ihr vorstellen könne, sei sie ausgetickt. Sie habe ihn geohrfeigt und angeschrien.

Ex-Freundin verschweigt Schwangerschaft

Im Gutachten von Professor Hermann Ebel spricht der Angeklagte von einem Stimmungswechsel, den er nicht verstanden habe. Sie habe angekündigt, dass er das Kind nie sehen dürfe, weil sie Deutschland verlassen werde. Der Streit sei eskaliert, schließlich habe sie zum Messer gegriffen. Er habe es ihr jedoch wegnehmen können und sich dabei an der rechten Hand verletzt. Anschließend habe er als Reaktion auf ihre Drohungen zugestochen. Er sei verzweifelt gewesen, weil er wieder an eine Frau geraten sei, die ihm das Kind wegnehmen wolle. Bereits mit seiner Ex-Frau habe es einen langen Sorgerechtsstreit um die gemeinsame Tochter gegeben.

Beschuldigter soll Spuren verwischt haben

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben einen anderen Tathergang: Der Angeklagte sei gegen 3 Uhr mit dem Aufzug in den elften Stock des Wohnheims gefahren. Allerdings nicht, um das Gespräch zu suchen. Mit einem Klappmesser bewaffnet habe er die Frau in ihr Einzimmerappartement gedrängt und sie gezwungen, sich bei ihrem Arbeitgeber krankzumelden. Gegen 4.30 Uhr habe er seinen Tötungsplan umgesetzt und zum Küchenmesser gegriffen. Sie sei noch am Tatort verstorben. Im Anschluss habe der Beschuldigte Spuren verwischen wollen. Er soll teilweise das Blut in der Wohnung entfernt, das Handy des Opfers entsorgt und den Whatsapp-Chat mit ihr gelöscht haben.

Der Prozess wird am 14. März fortgesetzt.