Luiz Inácio Lula da Silva hält Israels Reaktion auf den Hamas-Angriff vom Oktober für einen Völkermord. (Archivbild) Foto: IMAGO/Fotoarena/IMAGO/Allan Calisto

Der brasilianische Präsident erhebt nicht den Vorwurf des Völkermords im Gazastreifen gegen Israel, sondern zieht auch eine Parallele zur Judenvernichtung durch das NS-Regime.

Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva hat Israel einen „Genozid“ an den Palästinensern im Gazastreifen vorgeworfen und Israels Vorgehen mit der Judenvernichtung durch das NS-Regime verglichen. „Was sich im Gazastreifen abspielt, ist kein Krieg, das ist ein Genozid“, sagte Lula am Sonntag in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba, wo er an einem Gipfel der Afrikanischen Union teilnahm. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verurteilte seine Äußerungen als „schändlich“.

„Das ist kein Krieg von Soldaten gegen Soldaten“, sagte der linksgerichtete brasilianische Staatschef über den Kampf der israelischen Armee gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas. „Das ist ein Krieg zwischen einer hochgerüsteten Armee und Frauen und Kindern.“ 

Vergleich zu Adolf Hitler

Dann fügte der 78-jährige Lula hinzu: „Was im Gazastreifen mit dem palästinensischen Volk passiert, hat sich noch nie in der Geschichte abgespielt. Doch, das ist schon passiert: Als Hitler entschieden hat, die Juden zu töten.“

Netanjahu sagte, seine Regierung habe aus Protest gegen Lulas „schändliche und schwerwiegende“ Äußerungen den brasilianischen Botschafter einbestellt. Er bezeichnete Lulas Aussagen als „Verharmlosung des Holocaust“ und als Versuch, „dem jüdischen Volk und Israels Recht auf Selbstverteidigung“ zu schaden.

„Der Vergleich zwischen Israel und dem Holocaust der Nazis und Hitlers überschreitet eine rote Linie“, erklärte Netanjahu. Er habe daher zusammen mit Außenminister Israel Katz entschieden, den brasilianischen Botschafter einzubestellen. Katz schrieb im Onlinedienst X, vormals Twitter, die Unterredung werde am Montag stattfinden.

Scharfe Kritik aus Israel

Der israelische Präsident Isaac Herzog kritisierte ohne Lula beim Namen zu nennen, wer Israel „grausam der Übeltaten Hitlers“ bezichtige, begehe damit eine „unmoralische Verzerrung der Geschichte“. Israels Verteidigungsminister Joav Gallant bezeichnete Lulas Äußerungen als „empörend und abscheulich“.

Begrüßt wurden Lulas Äußerungen dagegen von der im Gazastreifen herrschenden Hamas. Sie bezeichnete seine Worte als „genaue Beschreibung“ dessen, was den Menschen in dem Palästinensergebiet passiere.

Seit Beginn des Gazakrieges hat der 78-jährige Lula immer wieder Kritik an Israel geübt, jedoch noch nie so heftig wie nun in Addis Abeba. Im Holocaust sind während des Zweiten Weltkrieges in Europa sechs Millionen jüdische Menschen ermordet worden.

Brasilien erhöht seine Zahlungen an die UNRWA

Lula rief zur Beilegung des Nahost-Konflikts auf Grundlage einer Zweistaatenlösung auf. Die Palästinenser müssten „endgültig als ein vollständig souveräner Staat anerkannt“ werden.

Der brasilianische Präsident kritisierte überdies die Entscheidung mehrerer westlicher Staaten, ihre Finanzhilfen für das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) auszusetzen, von dem nach israelischen Angaben zwölf Mitarbeiter an dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen sein sollen. 

Brasilien will laut Lula zum Ausgleich seine Zahlungen an das UN-Hilfswerk erhöhen. „Wir müssen aufhören, klein zu sein, wo wir groß sein müssten“, sagte er.

Hamas griff Israel am 7. Oktober an

Am 7. Oktober waren Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas nach Israel eingedrungen und hatten dort Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden dabei etwa 1160 Menschen getötet und rund 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Israel hat als Reaktion auf den Angriff der Hamas deren Vernichtung als Ziel ausgegeben. Bei dem massiven Militäreinsatz im Gazastreifen wurden nach neuen Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bereits 28.985 Menschen getötet. Zahlreiche Menschen in dem Palästinensergebiet wurden zu Flüchtlingen.