Nach dem Auftreten des Nipah-Virus und zwei damit verbundenen Todesfällen hat Indien in den betroffenen Regionen das öffentliche Leben eingeschränkt. Was macht das Virus so gefährlich? Und gibt es schon Fälle in Deutschland?
Im indischen Bundesstaat Kerala sind nach einem Ausbruch des Nipah-Virus ein Versammlungsverbot und Schulschließungen verhängt worden. Das öffentliche Leben steht weitgehend still.
Zuvor waren laut lokalen Medienberichten (Donnerstag) zwei Menschen an der Infektion gestorben; mindestens vier wurden in Krankenhäuser gebracht. Mehr als 700 Personen, darunter 150 Mitarbeiter des Gesundheitswesens, seien nach Kontakt mit Infizierten isoliert worden, heißt es weiter.
Wie beim Nipah-Ausbruch 2018 in Kerala ist erneut der Distrikt Kozhikode besonders betroffen. Die benachbarten Bundesstaaten Karnataka und Tamil Nadu verlangen inzwischen Tests von Reisenden aus Kerala.
Schwerer Nipah-Ausbruch in Indien bereits 2018
Die indische Gesundheitsexpertin K. K. Shailaja erklärte, der neuerliche Ausbruch sei nicht so besorgniserregend wie der damalige. „Im Jahr 2018 war es für uns ein neues Virus, und wir hatten keine Erfahrung im Kampf gegen eine solche Infektion. Jetzt haben wir alles, was nötig ist, um es wirksam einzudämmen.“ Shailaja war seinerzeit Gesundheitsministerin von Kerala.
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Das Nipah-Virus kann sich von Mensch zu Mensch oder von Tier zu Mensch – vor allem von Flughunden, Fledermäusen und Schweinen – übertragen. Es wird durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten und -ausscheidungen infizierter Tiere und Menschen transportiert. Auch über kontaminierte Lebensmittel oder im direkten Kontakt von Mensch zu Mensch kann das Virus weitergegeben werden.
Wie äußert sich ein Infektion mir dem Nipah-Erreger?
Eine Infektion führt zu grippeähnlichen Symptomen, qualvollen Gehirnentzündungen und Koma. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist das Nipah-Virus ein Erreger, der eine weltweite Epidemie auslösen könnte. Einen Impfstoff oder ein Medikament gibt es nicht, die Sterberate liegt laut WHO bei 40 bis 75 Prozent.
Das Nipah-Virus ist eine Virus-Spezies aus der Familie der Paramyxoviridae und bildet zusammen mit Hendra-Virus die Gattung Henipavirus. Es wurde erstmals 1999 im Zuge der Untersuchungen des Ausbruchs in Malaysia und Singapur genauer untersucht. Das isolierte Virus war morphologisch dem kurz zuvor in Australien entdeckten Hendra-Virus sehr ähnlich, jedoch im Krankheitsverlauf doch von diesem verschieden.
Verwandtes Henipavirus 2022 in China nachgewiesen
Im August 2022 waren in China 35 Menschen an einem neu nachgewiesenen Henipavirus erkrankt, das wahrscheinlich von einem Tier stammt. Die Infektionen mit dem Langya-Henipavirus (LayV) benannten Erreger traten in den Provinzen Shangdong und Henan vor allem bei Farmern auf, die zuvor in engem Kontakt mit Tieren standen. Die Infektionen wurden zwischen Ende 2018 und Anfang 2021 entdeckt.
Die Patienten litten unter Symptomen wie Fieber, Müdigkeit, Husten und Muskelschmerzen. Bei einem Teil der Patienten gab es Hinweise auf Leber- und Nierenschäden. Bei Tests in Tieren wurde das Virus vorwiegend in Spitzmäusen entdeckt, wie die Forscher um Wei Liu vom Institute of Microbiology and Epidemiology in Peking in einer Studie im „The New England Journal of Medicine“ im August 2022 berichten.
In den 1990er Jahren erstmals nachgewiesen
Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommrn) wurden Infektionen mit den Henipaviren wie LayV und Nipah erstmals in den 1990er Jahren als Ursachen für Erkrankungen der Atemwege und der Nerven bei Mensch und Tier erkannt. Zu den Henipaviren gehören demnach Hendra- und Nipahviren.
Hendraviren verursachten dem FLI zufolge 1994 erstmals nachweislich schwere Atemwegserkrankungen bei Pferden in Australien. Die natürlichen Wirte des Hendravirus seien jedoch Flughunde. Bisher seien sieben Trainer und Tierärzte durch Kontakt zu betroffenen Pferden infiziert worden, vier dieser Infektionen verliefen tödlich.
Mehr als 100 Tote Ende der 1990er Jahre in Malaysia
Das Nipah-Virus war Ende der 1990er Jahre bei Schweinen in Malaysia und Singapur aufgetreten. Mehrere Menschen infizierten sich bei Schweinen, obwohl auch hier die natürlichen Wirte Flughunde seien. Mehr als 100 der Infizierten waren an Gehirnentzündung gestorben. Über eine Million Schweine wurden damals in Malaysia gekeult worden.
Auch in Bangladesch und Indien kommt es immer wieder zu Nipah-Infektionen von Menschen und auch zu Todesfällen. In Deutschland sind noch keine Fälle aufgetreten.