Richard David Prechts umstrittene Aussagen über das orthodoxe Judentum haben für einen Sturm der Entrüstung gesorgt. Jetzt haben sich Precht und Lanz in einer vorgezogenen Podcast-Folge erklärt.
In einer vorgezogenen Folge ihres ZDF-Podcasts „Lanz und Precht“ haben Markus Lanz und Richard David Precht auf die Kritik reagiert, die Prechts umstrittene Aussagen über das orthodoxe Judentum ausgelöst haben. „Da sind ein paar Sätze gefallen, die mindestens missverständlich waren“, sagte Moderator Lanz zum Einstieg der 25-minütigen Folge, die am Mittwochvormittag veröffentlicht wurde.
In der am vergangenen Freitag bereitgestellten Episode hatte Precht gesagt, ihre Religion verbiete es ultraorthodoxen Juden zu arbeiten. „Ein paar Sachen, wie Diamanthandel und ein paar Finanzgeschäfte ausgenommen.“ Nach der heftigen Kritik an diesem Satz hatte das ZDF die entsprechende Passage aus dem Podcast entfernt.
„Überrascht über die Heftigkeit dieser Anwürfe“
Lanz sagte nun, er sei „sehr überrascht über die Heftigkeit dieser Anwürfe“ gewesen. „Das hat mich an einem bestimmten Punkt getroffen, auch wenn es vor allen Dingen dich erwischt hat“, sagte er zu seinem Gesprächspartner Precht. „Es hat mich getroffen, dass du so in Windeseile – und ich nebenbei gleich mit – zum Antisemiten umetikettiert worden bist“, so Lanz weiter.
Precht stellte klar, dass seine Aussage über das orthodoxe Judentum falsch gewesen sei: „Das war so salopp dahergeredet und entspricht einfach nicht den Fakten.“ Der Autor und Philosoph entschuldigte sich „bei allen, die darin etwas Antisemitisches gesehen haben. Antisemitismus ist mir so fern wie kaum irgendetwas anderes.“ Selbstkritisch gestand der 58-Jährige ein, sein Satz sei „Quatsch“ gewesen.
„Das ist hochgradig vermintes Terrain“
Precht und Lanz betonten auch, sie könnten die Kritik nachvollziehen: „Das ist hochgradig vermintes Terrain“, sagte Precht. Auch die Nationalsozialisten hätten Antisemitismus in Deutschland geschürt, indem sie immer wieder das Judentum mit angeblich dubiosen Finanzgeschäften in Verbindung gebracht hätten. „All die Menschen, deren religiöse Gefühle ich damit verletzt habe oder die sich verzerrt dargestellt gesehen haben oder die das an antisemitische Klischees erinnert hat, bei denen entschuldige ich mich ganz und gar, denn nichts liegt mir ferner“, so Precht.
Precht kritisierte in der Folge aber auch die Berichterstattung über seine Aussagen: „Wir haben das große Problem in unserer Medienlandschaft, Dinge zu dekontextualisieren, um sie an den Pranger zu stellen. Also etwas aus dem Zusammenhang zu reißen, um dann eine Gesinnung oder so etwas daran festmachen zu wollen.“ Lanz pflichtete dem Philosophen bei: „In zehn Jahren werden wir dasitzen und die Gräben beklagen, die durch diese Art des Diskurses entstanden sind.“
„Schlag ins Gesicht der jüdischen Gemeinde“
Prechts Aussage hatte in den vergangenen Tagen für viele empörte Reaktionen gesorgt. Der Vorstand der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) nannte die Aussagen einen „Schlag ins Gesicht der jüdischen Gemeinde in Deutschland“. Auch die israelische Botschaft in Deutschland hatte Precht auf X, vormals Twitter, Antisemitismus vorgeworfen: „Schuster bleib bei deinen Leisten: Lieber Richard David Precht, wenn man keine Ahnung vom Judentum hat, sollte man besser nichts darüber sagen, als uralte antisemitische Verschwörungstheorien aufzuwärmen.“ Der baden-württembergischen Antisemitismusbeauftragte Michael Blume (CDU) hatte in seinem Blog sechs Punkte aus dem „Lanz und Precht“-Podcast widerlegt. Er sagte, er habe sich den Podcast „unter fast körperlichen Schmerzen“ angehört. Mit Bezug auf die jetzige Klarstellung sagte der Antisemitismusbeauftragte im Interview mit unserer Zeitung: "Ihre jetzt gesendete Klarstellung hat gezeigt, dass sie auch sachliche Kritik noch gar nicht annehmen und sich nicht damit auseinandersetzen. Hier ist das ZDF gefordert."
Nach der Kritik von vielen Seiten hatte das ZDF die Passage aus dem Podcast geschnitten. „Wir bedauern, dass eine Passage in der aktuellen Ausgabe von „Lanz & Precht“ Kritik ausgelöst hat. An einer Stelle wurden komplexe Zusammenhänge verkürzt dargestellt, was missverständlich interpretiert werden konnte. Deshalb haben wir diesen Satz entfernt“, hieß es am Sonntag im Begleittext der Folge.