Boris Rhein, CDU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Hessen, wird weiterregieren können. Foto: dpa/Arne Dedert

Seit fast 25 Jahren ist Hessen in CDU-Hand - nach heftigen Verlusten bei der Wahl vor fünf Jahren fangen sich die Christdemokraten wieder. Die Grünen als Koalitionspartner büßen ein. Die SPD erleidet eine Schlappe.

Bei der Landtagswahl in Hessen ist die CDU stärkste Kraft geworden. Laut Prognosen von ARD und ZDF vom Sonntagabend liegen die Christdemokraten von Ministerpräsident Boris Rhein deutlich vor dem Koalitionspartner Grüne, der SPD und der AfD, die sich ein knappes Rennen um den zweiten Platz liefern. Der Wiedereinzug der FDP in den Landtag steht auf der Kippe. Die Linke wird ihn voraussichtlich nicht schaffen.

Den Prognosen zufolge steigert sich die CDU auf 34,5 bis 35,5 Prozent (Wahl 2018: 27,0). Die SPD mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin steuert mit 15,0 bis 16,0 Prozent (19,8) auf ein historisch schlechtes Ergebnis zu. Die mitregierenden Grünen verlieren ebenfalls und landen bei 15,5 Prozent (19,8). Die AfD gewinnt deutlich hinzu und kommt auf 16,0 bis 17,0 Prozent (13,1). Die FDP nimmt nach diesen ersten Zahlen mit 5,0 Prozent (7,5) nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde, ihr Einzug in den Landtag ist unsicher. Die Linke rutscht ab auf 3,5 Prozent (6,3). Sie muss das Parlament in Wiesbaden voraussichtlich verlassen. Die Freien Wähler kommen auf 3,5 Prozent (3,0). Die Wahlbeteiligung wird mit 64,5 bis 65,5 angegeben - weniger als 2018 mit 67,3 Prozent.

Drei Spitzenkandidaten mit Führungsanspruch

Die CDU erhält laut den Prognosen 45 bis 52 Sitze im Landtag. Die SPD kommt auf 20 bis 23, die Grünen erreichen 19 bis 23 Mandate. Die AfD bekommt 20 bis 26 Sitze, die FDP 6 bis 8. Damit wäre eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition möglich. Aber auch eine große Koalition aus CDU und SPD hätte eine Mehrheit.

Seit knapp 25 Jahren wird Hessen von der CDU regiert, seit fast zehn Jahren gemeinsam mit den Grünen - meist recht harmonisch. Derzeit hat die Koalition eine Mehrheit von nur einem Mandat. Während CDU-Ministerpräsident Rhein (51) sein Amt verteidigen wollte, strebte Rheins Stellvertreter und Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir (52) an, zweiter Ministerpräsident seiner Partei zu werden - nach Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg. Ziel von SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin Faeser (53) war es, die erste Frau an der Spitze der hessischen Landesregierung zu werden.

Fast zehn Jahre Schwarz-Grün - Wie geht es jetzt weiter?

Vor der Wahl hatte Faeser klargestellt, nur dann aus Berlin zurück in die Landespolitik zu wechseln, wenn sie Ministerpräsidentin wird. Die Schlappe der Sozialdemokraten macht das nun höchst unwahrscheinlich. Auch als Bundesinnenministerin könnte Faeser jetzt angezählt sein.

Umfragen vor der Wahl deuteten nicht auf eine echte Wechselstimmung im Land hin, zeugten aber auch nicht von großer Zufriedenheit mit der amtierenden schwarz-grünen Regierung. Ministerpräsident Rhein zeigte sich kürzlich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur offen für verschiedene Koalitionen. Das Bündnis mit den Grünen sei „sehr konstruktiv, sehr vertrauensvoll“. Er habe aber immer auch den Kontakt zur SPD gepflegt, es gebe „durchaus die eine oder andere Gemeinsamkeit“.

Kein klares landespolitisches Spitzenthema

Ein klares landespolitisches Spitzenthema fehlte im Wahlkampf. Wichtig war aber auch in Hessen die Debatte um die Versorgung von Geflüchteten durch die Kommunen, die über Belastungen klagen. Bundesinnenministerin Faeser hatte jüngst verstärkte flexible Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen angekündigt. Ähnliche Forderungen kommen aus CDU und CSU seit längerem. CDU-Ministerpräsident Rhein etwa fordert - anders als sein grüner Stellvertreter Al-Wazir - bundesweite Grenzkontrollen gegen illegale Migration.

Rund 4,3 Millionen Wahlberechtigte waren in Hessen aufgerufen, ihre Kreuzchen zu machen, davon mehr als 107 000 Erstwählerinnen und -wähler. Insgesamt hat das Bundesland in der Mitte Deutschlands mehr als sechs Millionen Einwohner.