Die britischen Royals stehen vor großen Herausforderungen. Foto: dpa/Phil Harris

Weltweites Echo hat die Nachricht von Prinzessin Kates Krebsdiagnose ausgelöst. Auch König Charles unterzieht sich derzeit einer Krebsbehandldung. Wie geht es weiter im britischen Königshaus?

Gute Wünsche von überall her fluteten am Samstag ununterbrochen in Windsor ein. Das Interesse an jedem Aspekt des Lebens der 42-jährigen Frau des Thronfolgers William und der Mutter dreier Kinder war schon vorher massiv gewesen. Jetzt scheint man allerorten wissen zu wollen, was genau es mit „Kate“ auf sich hat, wie es ihr geht.

Für die Prinzessin und ihre Familie ist das zu einem echten Problem geworden. Wo öffentliche Präsenz bisher Voraussetzung war für die königliche Familie, verlangt es die Hauptdarsteller des royalen Dramas jetzt – begreiflicherweise – nach etwas Ruhe.

Kate bittet in der Video-Botschaft um Ruhe für sie und ihre Familie

Mit ihrer Video-Botschaft aus dem Windsor-Park versuchte Catherine denn auch aller Welt deutlich zu machen, welch „enormer Schock“ es für sie und die ihren war, von der schweren Erkrankung zu erfahren. Und dass es ihre und Williams Priorität nun sein muss, erst einmal mit der neuen Situation fertig zu werden. Dass man den zehn, acht und fünf Jahre alten Kindern helfen muss, das Ganze zu verarbeiten. Dass sich Catherine auf ihre Behandlung und die erhoffte Genesung konzentrieren will.

Für die Royals, und damit für die Institution der Krone, ergeben sich aber aus dem Ausfall der Prinzessin erhebliche Schwierigkeiten. Immerhin war Kate in den letzten Jahren, mit ihren fast täglichen Auftritten, zum unbestrittenen Liebling bei den Anhängern der Royals und bei einigen Medien geworden. Nach der Operation im Januar hieß es noch, die Prinzessin werde „nach Ostern“ bestimmt wieder im Einsatz sein. Daraus wird nichts. Und auch König Charles selbst, ebenfalls an Krebs erkrankt, kann derzeit die Krone nicht in gewohnter Weise repräsentieren.

Von Thronfolger William heißt es, er werde nach Ostern wieder öffentliche Auftritte übernehmen. Doch auch der Mann von Kate hatte bereits deutlich gemacht, dass seine erste Sorge seiner Frau und seinen Kindern gelte. Und Bruder Harry und Schwägerin Meghan haben sich ja bereits vor Jahren aus dem inneren Kreis der Windsors mit großem Getöse verabschiedet. Und Onkel Andrew, weil er allen Respekt verspielt hat, nicht mehr eingesetzt werden kann.

Nach Kräften helfen Charles übrige Geschwister, Prinzessin Anne und Prinz Edward, aus, sowie eine Reihe nachrangiger Familienmitglieder. Und Queen Camilla marschiert unermüdlich im Alleingang von Termin zu Termin. Aber sie ist immerhin auch schon 76. Und bestimmte Funktionen auf der großen Bühne, wie die Parlamentseröffnung nach den in Bälde erwarteten Neuwahlen zum Unterhaus, müsste eigentlich der König selbst übernehmen. Ganz abgesehen davon, dass größere Reisen der Royals erst einmal auf Eis gelegt sind.

Briten sind ratlos ob „ihrer“ Windsors

Etwas ratlos schauen so die Briten auf „ihre“ Windsors, die ganz unerwartet an die Grenzen des ihnen Möglichen gestoßen sind. Schon ist wieder die Rede von einem „annus horribilis“, einem Jahr des Schreckens für die Krone, wie es das Jahr 1992 einmal für Queen Elizabeth war. Eingeholt worden ist das Königshaus auch von sozialen Entwicklungen und technologischen Umbrüchen, wie man sie sich im vorigen Jahrhundert nicht hätte vorstellen können. Allein schon das Tempo der digitalen Gesellschaft und die pausenlosen Meinungswogen der sozialen Medien haben die Windsors schwer in Bedrängnis gebracht.

Alles nachrichtliche Vakuum provoziert unter solchen Umständen kollektive Ungeduld und oft auch wilde Spekulationen. Gegen das Unheil einer solchen elektronischen „Gerüchteküche“, und allen „üblen Druck“ auf die Royals, haben sich jetzt empört Politiker aller Parteien in London gewandt.

Mitgefühl der Bevölkerung ist ihnen sicher

Als verhängnisvoll für die Prinzessin von Wales erwies sich freilich, dass sie so lange schwieg über ihre wirkliche Situation – und mit einem retuschierten Bild von sich und ihren Kindern, das sie vor zwei Wochen an die Medien gab, den Druck abzuwehren suchte. Als die Londoner Times an diesem Samstag dieses Foto ihrem Windsor-Video auf einer Doppelseite gegenüberstellte, war leicht erkennbar, dass das Foto mit der strahlenden Kate nicht neueren Datums war.

Immer neue Fragen, die Glaubwürdigkeit und die Funktionsfähigkeit der Monarchie betreffend, müssen sich in dieser neuen, schwierigen Situation die Royals gefallen lassen. Zunächst einmal können sie sich ehrlichen Mitgefühls in der Bevölkerung sicher sein. Danach werden sie sich überlegen müssen, wie transparent sie sein wollen und wie sehr sich ihre Rollen ändern müssen. Wie sie fertig werden können mit all diesem Einbruch der Realität in eine sorgsam gefertigte Märchenwelt.