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Kenner der kommunalpolitischen Szene hatten es schon länger erwartet – nun hat die bisherige Grünen-Stadträtin Brigitte Häfele ihren Wechsel zur FDP-Fraktion offiziell gemacht.

EsslingenZehn Jahre lang saß Brigitte Häfele für die Grünen im Esslinger Gemeinderat – nun hat sie die Seiten gewechselt: Einstimmig hat die FDP-Ratsfraktion die parteilose Diplom-Chemie-Ingenieurin aufgenommen. Nachdem Häfele bei der Wahl zum Esslinger Bürgermeister für Ordnungswesen, Soziales, Schulen, Kultur und Sport gegen den Kandidaten der Grünen angetreten war, hatte vieles darauf hingedeutet, dass ihr Zerwürfnis mit den Grünen schwerlich zu kitten sein würde. Während Häfele erklärt, sie fühle sich ihren Wählerinnen und Wählern verpflichtet, sprechen ihre bisherigen Fraktionskollegen von „Betrug am Wähler“.

Seit Brigitte Häfele gegen den Bewerber der Grünen bei der Dezernentenwahl kandidiert hatte und unterlegen war, standen die Zeichen auf Sturm. Zunächst hatte Häfele noch erklärt: „Ich sehe mich als Grüne und als Teil der Fraktion. Ich bin nicht angetreten, um jemandem zu schaden, sondern um eine wirkliche Wahl für diesen Posten zu ermöglichen.“ Ihre bisherigen Fraktionskolleginnen und -kollegen sahen das anders und beriefen sie vom Amt der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden ab, auch in der Ausschussarbeit sollte sie die Partei, auf deren Ticket sie als Parteilose gereist war, nicht länger vertreten. Genau damit begründet Brigitte Häfele nun ihren Wechsel zur FDP: Nachdem die Grünen ihre Abberufung aus allen Ausschüssen angestrebt hätten, sei „eine Sacharbeit als Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht mehr möglich“. Und weiter: „Ich fühle mich meinen Wählerinnen und Wählern gegenüber aber zur Sacharbeit verpflichtet, die vor allem in den Ausschüssen erfolgt.“ Dass sie ihr Mandat zur FDP mitnimmt, sieht sie nicht als Problem: „Kommunalwahlen sind Persönlichkeitswahlen.“ Nach verschiedenen Gesprächen habe sich ein Wechsel zur FDP rasch herauskristallisiert: „Die Art, wie in dieser Fraktion gearbeitet wird, passt zu mir.“ Ob sie ein FDP-Parteibuch anstrebt, konnte Häfele noch nicht sagen.

Die FDP-Fraktion, die durch ihr neues Mitglied nun über vier Sitze im Esslinger Gemeinderat verfügt, hat Brigitte Häfele einstimmig in ihre Reihen aufgenommen. „Sie ist eine kompetente und erfahrene Stadträtin, die insbesondere in der Schul- und Sozialpolitik ein großer Gewinn für unsere Fraktion und für den Gemeinderat insgesamt ist“, sagt FDP-Fraktions-Chefin Rena Farquhar. „Diese Erfahrung soll der Stadt auch in den Ausschüssen erhalten bleiben.“ Künftig will Häfele die Freien Demokraten im Sozialausschuss, in den Betriebsausschüssen für Volkshochschule, Pflegeheime und Städtische Wirtschaftshilfe sowie im Arbeitskreis Öffentlicher Raum vertreten. Über die von den Grünen beantragte Neubesetzung der Gemeinderats-Ausschüsse wird der Verwaltungsausschuss am 9. Dezember zunächst nichtöffentlich vorberaten, eine Woche später hat der Gemeinderat das letzte Wort. Von veränderten Mehrheitsverhältnissen ist in den Ausschüssen nicht auszugehen.

Im Lager der Grünen sieht man Brigitte Häfeles Wechsel zur FDP kritisch. „Politik lebt vom Vertrauen, und das ist in einer Fraktion besonders wichtig“, sagt Fraktions-Chefin Carmen Tittel. Nachdem Brigitte Häfele gegen den ausdrücklichen Wunsch von Fraktion und Partei zur Dezernentenwahl angetreten war und dem Favoriten der Grünen Konkurrenz gemacht hatte, sei das gegenseitige Vertrauen zerstört gewesen. Deshalb hatten die Grünen ihre bisherige Vize-Fraktionsvorsitzende aufgefordert, ihr Mandat zurückzugeben, um den Weg für einen Nachrücker aus den Reihen der Grünen freizumachen. „Wir hätten allenfalls verstanden, wenn Brigitte Häfele als Fraktionslose weitergemacht hätte“, sagt Carmen Tittel. „Dass sie ihr Mandat, das sie als Kandidatin der Grünen geholt hat, nun zur FDP mitnimmt, halten wir für Betrug am Wähler.“

Es kommentiert: Alexander Maier