In Wittenberg begann, was die Welt verändern sollte: Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte Martin Luther seine berühmten 95 Thesen, mit denen er das abendländische Kirchengebäude aus den Angeln hob. Foto: AP/dpa

Jedes Jahr wird am 31. Oktober in Deutschland der Reformationstag begangen. Doch worum geht es bei diesem evangelischen Feiertag überhaupt? Und was haben Martin Luther und die katholische Kirche damit zu tun?

Evangelische Christen feiern am 31. Oktober den Beginn der Reformation, der kirchlichen Erneuerung durch Martin Luther (1483-1546). Am 31. Oktober 1517 soll der Reformator seine 95 Thesen zu Buße und Ablass an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg annagelt haben. Der darin kritisierte Sündenerlass gegen Geld sollte die Erneuerung des Petersdoms durch den Papst in Rom finanzieren.

Luther sah im Ablasshandel einen Missbrauch und rief zur Rückbesinnung auf die biblischen Grundlagen des Evangeliums auf. Der Wittenberger Theologieprofessor sah seine Thesen als Aufruf zu einem wissenschaftlichen Streitgespräch an und verschickte sie auch an kirchliche und weltliche Würdenträger.

Reformation – Luthers Bedeutung

"Wie bekomme ich einen gnädigen Gott? Wie werde ich vor Gott gerecht?“ Diese zentrale theologische Frage trieb den jungen Martin Luther um. Die Kirche schien sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts aufzulösen und zu zersetzen.

Luther, Sohn eines Bergmann aus Eisleben und Augustinereremit in Erfurt, wollte keine neue Kirche gründen. Doch angesichts von Ablasshandel, Vetternwirtschaft, geistlichem Machtmissbrauch  und der Jagd nach weltlichem Pfründen in der Kirche wollte der junge Theologe das religiöse Leben grundlegend erneuern.

Reformation – eine religiöse Erneuerungsbewegung

Aus dem Wunsch Luthers und vieler Christen nach einer Neubesinnung auf die Bibel und Wurzeln des Glaubens entstand die Reformation, eine religiöse Erneuerungsbewegung, welche die Einheit der westlichen Kirche zerbrechen ließ.

Zwischen 1517 und 1648 spaltete sich die lateinische Christenheit in verschiedene Konfessionen – katholisch, lutherisch, reformiert, anglikanisch. In Deutschland war es Luther, der die Reformation vorantrieb, in der Schweiz waren es Ulrich Zwingli (1484-1531) und Johannes Calvin (1509-1564).

Reformation – ein neues Glaubensbekenntnis

Es war Luthers tiefste Überzeugung, dass der Mensch angesichts seiner Sündhaftigkeit nur „sola fide“ (das heißt: allein durch den Glauben an Christi Heilswerk), „sola gratia“ (das bedeutet: allein durch Gottes Gnade) und „sola scriptura“ (was meint: auf der Grundlage der alleinigen Autorität der Bibel) gerettet werden kann.

Ein Christ kann sich sein Seelenheil nicht durch Werke der Barmherzigkeit, Demut, Nächstenliebe oder den Empfang der Sakramente verdienen und schon gar nicht durch Geld und Ablass erkaufen. Die Rückbesinnung auf die Quellen des Glaubens führte Luther zur Heiligen Schrift, die er ins Deutsche übersetzte – 1522 das Neue Testament und 1534 die gesamte Bibel.

Reformation – Luther aus katholischer Sicht

Heute sieht die römisch-katholische Kirche – mit mehr als 1,2 Milliarden Mitgliedern die größte christliche Glaubensgemeinschaft – den einst von ihr gebannten Reformator mit ganz anderen Augen. Papst Franziskus fordert gar, „eine aufmerksame und ehrliche Neubewertung der Absichten der Reformation und der Person Martin Luthers“.

Der Jesuitenorden, dem Jorge Mario Bergoglio angehört, hat sich in diese ökumenische Arbeit besonders hineingekniet. Dabei war es ausgerechnet die im Jahr 1534 vom Spanier Ignatius von Loyola (1491-1556) gegründete „Societas Jesu“ (SJ) – die Gesellschaft Jesu –, die ab dem späten 16. Jahrhundert zur Sperrspitze der katholischen Gegenreformation wurde.

Der Jesuit Giancarlo Pani, Theologieprofessor an der Università di Roma, lobt die „Aufrichtigkeit“ und „Rechtschaffenheit“ Luthers. Dieser habe in seinen 95 Thesen gegen den Ablasshandel berechtigte Fragen an die Kirche gestellt, eine Reflexion über den Glauben von Rom erbeten und nie eine Antwort bekommen. „Mir erscheint es schwerwiegend, dass die Kirche nicht mit ihm gesprochen und ihm ihre Position erläutert hat“, betont Pani.

Reformation – Bekenntnisse und Konfessionen

Wer Katholik ist, gehört zur römisch- katholischen Kirche. Als Protestant hat man es da schon schwerer. Die Zahl der evangelischen Konfessionen – also Glaubensgemeinschaften, im Englischen verwendet man den Begriff Denomination – ist nur für Eingeweihte überschaubar.

In dem 1948 gegründeten Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf sind 348 Mitgliedskirchen vertreten, die insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Christen vereinen: orthodoxe Kirchen, anglikanische, baptistische, lutherische, methodistische und reformierte Kirchen sowie viele unabhängige Kirchen. Doch es gibt sehr viel mehr Kirchen, die aus der Reformation Martin Luthers hervorgegangen sind.

Aufschluss über ihre Zahl gibt der „Status of Global Mission“, eine Statistik, die jedes Jahr vom „International Bulletin of Missionary Research“ veröffentlicht wird. Diese Zeitschrift wird von der christlich-missionarischen Organisation „Overseas Ministeries Study Center“ (OMSC) in New Haven (US-Bundesstaat Connecticut) herausgegeben.Text

Info: Wo sind Reformationstag und Allerheiligen Feiertage?

FeiertageDer 31. Oktober und der 1. November sind in weiten Teilen Deutschlands eigentlich christliche Feiertage, doch viele denken dabei nur noch an Halloween. Nur Hessen und Berlin haben Ende Oktober/Anfang November keinen Feiertag im Kalender.

Reformationstag
Der Reformationstag am 31. Oktober ist seit der Wiedervereinigung gesetzlicher Feiertag in den deutschen Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen - und seit 2018 auch in Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein. 

AllerheiligenDer 1. November als Allerheiligen ist dagegen in den katholisch geprägten Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland ein Feiertag - außerdem auch in vielen anderen Ländern wie Österreich, Belgien, Frankreich, Italien, Polen, Portugal und Spanien.