Alle vier Tina-Darsteller haben zur 40-Jahr-Feier des Albums „Private Dancer“ den Hit „Let‘s Stay Together“ im Stuttgarter Apollo-Theater gemeinsam performt. Foto: /Klaus Schnaidt

Mit Stars der 80er feiert die Stage einen Meilenstein der Musikgeschichte: Vor 40 Jahren erschien das Album „Private Dancer“ von Tina Turner. Beim Jubiläum im Apollo-Theater loben die Weggefährten: Die Sängerin zeige, dass man in jedem Alter neu starten kann.

Zwei Synthpopper von der britischen Band Heaven 17 waren es, die Tina Turner in den 1980ern als Solosängerin zum weltweiten Superstar machten: Einer davon, Martyn Ware, ist nach Stuttgart gereist, um ein besonderes Jubiläum zu feiern: Vor genau 40 Jahren erschien das Album „Private Dancer“, das mit über 20 Millionen verkauften Einheiten bis heute zu den erfolgreichsten Produktionen gehört und der Queen of Rock’n’Roll vier Grammy Awards brachte.

Jeder kennt Tina Turner, die vor knapp einem Jahr gestorben ist. Doch wer kennt noch Heaven 17? Die Band mit dem Hit „Temptation“ wollte den „weißen“ Synthpop mit dem „schwarzen“ Soul vermischen – fast zur selben Zeit versuchte dies Michael Jackson genau anders herum. „Hallo Jungs, wo ist die Band?“ Mit diesen Worten war die 1939 als Anna Mae Bullock in Tennessee geborene Ausnahmesängerin, die nach der Trennung des gewalttätigen Ike Turner dringend Geld verdienen musste, ins Studio von Heaven 17 geschneit. Martyn Ware und sein Kollege Glenn Gregory deutete auf seinen Fairlight Synthesizer. Das war eine andere Welt für die US-Amerikanerin – und diese Welt brachte sie ganz nach oben.

In Stuttgart, wo der einst schwarzhaarige und heute Käppi tragende Ware mit weiteren Weggefährten von Tina Turner an einem Round Table ohne Tisch teilnimmt, staunt der heute 67-Jährige noch immer: „Bei ihr reichte ein Take im Studio – und alles stimmte. Wenn ich sagte, wir machen es noch mal, war es beim zweiten Mal ebenso perfekt.“

Bei den Aufnahmen zu „Let’s Stay Together“ hätte man „nach einer Balance zwischen elektronischen Sounds und traditionellen Elementen gesucht“. Dem Ganzen habe das Gitarrenspiel die Krone aufgesetzt und den „warmen und intimen Sound erzeugt, der den Song so einzigartig macht“. Für Martyn Ware steht fest: „Sie hat mit dem Album bewiesen, dass sie eine der größten Sängerinnen aller Zeiten war.”

„Du kannst immer wieder was Neues anfangen“

Steve Blame, in den 80ern ein Star von MTV, erinnert sich im Apollo-Theater, wie ihn die Sängerin bei einem Interview tief berührte. „Ganz egal, wie alt du bist“, habe sie ihm klar gemacht, „du kannst immer wieder was Neues anfangen und deinem Leben eine Wendung geben.“ Ob man 50, 60 oder 70 sei – wer von etwas überzeugt sei, könne die Power aufbringen, seine Träume im fortgeschrittenen Alter zu erreichen. Devise: Nie aufgeben, immer an sich glauben!

Tina Turner war 45 Jahre alt, als „Private Dancer“ erschien – damals dachten nicht wenige, in diesem Alter könne man nicht mehr im kurzen Mini-Rock wie eine Raubkatze über die Bühne springen und Zehntausende elektrisieren.

Neu im Tina-Musical: ein Auftritt auf Schwäbisch

Stefan Tolnai, der seit dem 30. Januar die Rolle des Martyn Ware im Musical „Tina“ im Apollo-Theater spielt, trifft bei der 40-Jahr-Feier des Albums, den echten Heaven-17-Sänger und findet, dass dieser ein „cooler Typ“ ist. Der Ältere wiederum amüsiert sich, weil er in der Show so rein gar nichts versteht, da der Jüngere auf Schwäbisch loslegt.

„Bei den Proben sagte die Associate Regisseurin, Martyn Ware habe mit Akzent gesprochen“, erzählt der 1989 in Heidenheim geborene Musicaldarsteller Tolnai, „ich sagte, ich könne Schwäbisch schwätza.“ Gemeinsam habe man den Text in Dialekt erarbeitet, und alle hätten im Probenraum gelacht. Deshalb entschieden die Verantwortlichen, dass dieser schwäbische Text nun in die Show kommt, was seit drei Monaten der Fall ist.

Stefan Tolnai hat uns den Text in der Lautschrift geschickt, damit ihn erstmals eine Zeitung veröffentlichen kann. Er lautet so: „I krieg dr Rasa ed gmähd, Tina Turner dui oinzig wahre Queen! Osre Lillibet wird pikiert sei über dui Royale Nebabulerin. Sie sind sicher gschlaucht. Hat Roger dr alde Geizkraga sie mit dr Tube von Heathrow herzuckla lassa?! Oh, des isch koi Glotze! Des isch an Fairlight CMI 2X 8Bit Sequenzer mit Midi und Sempti! An Combjuder!“

Bei der Show zur Feier des Superalbum „Privat Dancer“ schauen die einen im Theater irritiert, andere lachen herzhaft.

Aisata Blackman, die Hauptdarstellerin der Tina Turner, mit Martyn Ware von Heaven 17. /Klaus Schnaidt

Tina Turner und die Schwaben – da gibt es sehr wohl eine Gemeinsamkeit: Unsere Redaktion hat im vergangenen Jahr exklusiv darüber berichtet, dass Tina Turner 1976 im Stuttgarter Dachswald bei dem Ehepaar Baeuerle lebte, als sie sich vor ihrem gewalttätigen Ex-Mann versteckte und mit ihrem alten Leben in den USA abschließen wollte. Nach einem Konzert von Ike und Tina Turner 1971 in der Liederhalle hatte Jochen Baeurle die Sängerin kennen gelernt.

Zum 40. Geburtstag des Albums hat Musical Supervisor Sebastian de Domenico und das Produktionsteam eine Songperformance kreiert, die es so noch nie gegeben hat und nur im Rahmen des Events auf der Bühne zu sehen war: Alle vier Tina-Darstellerinnen Aisata Blackman, Charlotte Looman, Elle Ma-Kinga N‘zuzi und Madina Frey präsentierten spektakulär den Hit „Let‘s Stay Together“, den Martyn Ware 1984 produzierte. Das Quartett trat in unterschiedlichen ikonischen Outfits auf und würdigte damit die verschiedene Karrierehöhepunkte der Queen of Rock’n’Roll, die auch viele junge Menschen begeistert, wie ein Blick in den euphorisch jubelnden Theatersaal beweist. Das Musical wird in Stuttgart noch bis September gespielt.